Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1400: Kampf um Klitschkos Erbe ist kein Quotenrenner (SB)




Duell zwischen Arreola und Stiverne mutet recht altbacken an

Am 10. Mai wird in Los Angeles der neue WBC-Weltmeister im Schwergewicht gekürt. Dabei trifft der Lokalmatador Chris Arreola auf den Kanadier Bermane Stiverne, der ihn bei ihrem ersten Aufeinandertreffen im April 2013 deutlich nach Punkten besiegt hat. Der US-Amerikaner zog sich damals frühzeitig einen Nasenbeinbruch zu, der ihn sichtlich einschränkte und den Kampfverlauf erheblich beeinflußte. Daher rechnet man bei der Revanche mit einem Duell auf gleicher Augenhöhe. Während der in Haiti geborene Stiverne seither nicht mehr im Ring gestanden hat, machte Arreola im September kurzen Prozeß mit Seth Mitchell, den er durch K.o. in der ersten Runde besiegte. Stiverne, der 23 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden mitbringt, sollte also gewarnt sein. Sein Gegner aus Los Angeles, dessen Bilanz bei 36 gewonnenen und drei verlorenen Kämpfen steht, dürfte diesmal in besserer Verfassung als vor Jahresfrist antreten, zumal er im Galen Center den Heimvorteil auf seiner Seite hat.

Der Kalifornier führt zu seinen Gunsten ins Feld, daß er in ihrem ersten Duell trotz seiner Verletzung bis zum Ende durchgehalten habe. Diesmal sei er wesentlich besser in Form und werde dem Kanadier einen heißen Kampf liefern. Da der Gürtel des Weltmeisters sein Lebensziel sei, könne ihn auch Stiverne nicht mehr aufhalten. Er werde den Titel gewinnen und sich dann Deontay Wilder vorknöpfen.

Dieser bestritt am 15. März einen Ausscheidungskampf gegen seinen Freund und Rivalen Malik Scott, den er in Bayamon, Puerto Rico, bereits in der ersten Runde auf die Bretter schickte. Damit ist Wilder in 31 Profikämpfen ungeschlagen, die er ausnahmslos innerhalb der ersten vier Runden gewonnen hat. Diese beeindruckende Serie führte man bis dahin nicht zuletzt auf mehr oder minder handverlesene Gegner zurück. Daß auch der erfahrene und technisch versierte Scott sang- und klanglos unter die Räder kam, war jedoch ein Warnsignal an die Konkurrenz, daß mit dem 2,01 m großen Riesen auch an der Spitze des Schwergewichts zu rechnen ist.

Da Vitali Klitschko dank der Rückendeckung des Ende letzten Jahres verstorbenen früheren WBC-Präsidenten Jose Sulaiman den Titel seit September 2012 nicht mehr verteidigt hatte, zeigt sich der Sohn und Nachfolger des Patriarchen, Mauricio Sulaiman, bemüht, diese Stagnation zügig zu beseitigen. Zu diesem Zweck hat er bereits eine weitere Pflichtverteidigung anberaumt. Gegner des Weltmeisters wird dann der Sieger eines zweiten Ausscheidungskampfs sein, den Bryant Jennings und Mike Perez austragen.

Chris Arreola greift nicht zum ersten Mal nach dem Gürtel des WBC-Weltmeisters. Am 26. September 2009 forderte er in Los Angeles Vitali Klitschko heraus, wobei er diese Chance David Haye zu verdanken hatte, der einen bereits vereinbarten Kampf mit dem Ukrainer kurzfristig platzen ließ. Arreola boxte jedoch viel zu statisch, um Klitschko gefährlich zu werden, der durch Abbruch nach der zehnten Runde die Oberhand behielt.

Der erste Kampf zwischen Bermane Stiverne und Chris Arreola wurde noch von HBO übertragen. Da diesmal ein bedeutender Titel auf dem Spiel steht, rechnete man damit, daß sich dieser Sender erneut die Rechte sichern würde. HBO wurde jedoch von ESPN überboten, dessen Boxexperte Dan Rafael eine Summe von knapp unter 500.000 Dollar nannte. Das war eine enorme Investition des Senders, dessen übliches Budget für die Veranstaltung "Friday Night Fights" zwischen 50.000 und 60.000 Dollar liegt.

Wenige Tage vor der Revanche gibt sich Bermane Stiverne zuversichtlich, diesmal sogar vorzeitig zu gewinnen. So wie er sich vorbereitet habe, werde der Kampf nicht über die volle Distanz gehen. Er habe das Sparring ohne Verletzung überstanden und fühle sich so gut wie nie zuvor in seiner Karriere. Daß man ihn ungeachtet des klaren Sieges bei ihrer ersten Begegnung als Außenseiter einstufe, erstaune ihn sehr. Selbst wenn Arreola damals nicht an seiner Nase gescheitert wäre, hätte er ihn eben ausgeboxt.

Chris kämpfe zwar mit dem Herzen, aber nicht mit dem Kopf. Daher werde er ihm eine Lektion erteilen, wie er sie lange nicht mehr erlebt habe. Sollte es aber zum Schlagabtausch kommen, habe der Amerikaner auch da keine Chance, weil er auf einen stärkeren und schnelleren Gegner treffe. Arreola werde ihn zu Höchstleistungen anspornen und auf den Brettern landen. Wenngleich die Runde ungewiß sei, werde das vorzeitige Ende mit Sicherheit kommen. [1]

Daß ESPN die Rechte ersteigern konnte, läßt darauf schließen, daß die großen Sender Showtime und HBO nicht wirklich erpicht auf die Vermarktung dieses Titelkampfs waren. Stiverne und Arreola um den Gürtel kämpfen zu lassen, war eine Entscheidung des WBC, die beim Boxpublikum nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Wer immer sich dabei durchsetzen kann, wird es gegen Deontay Wilder nicht einfach haben.

Der wesentlich kleinere Kanadier bewegt den Kopf nicht allzu viel, so daß er angesichts der Größe und Reichweite Wilders Gefahr liefe, dessen wuchtige linke Haken und rechte Geraden abzubekommen, die bislang sämtliche Gegner gefällt haben. Arreola stürzt sich gern ins Gewühl, was ihm jedoch im Schlagabtausch mit dem Riesen nicht gut bekäme. Deontay Wilder ist jünger, größer und schneller als die beiden, verfügt über eine ordentliche Deckung und kann gewaltig zuschlagen. Da bleibt außer einer langjährigen Erfahrung in der Tat nicht viel übrig, was man für Stiverne oder Arreola ins Feld führen könnte. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/5936-stiverne-zuversichtlich-fuer-arreola-rematchich-werde-durch-ko-gewinnen.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/05/deontay-wilders-next-opponent-to-be-decided-this-saturday/

8. Mai 2014