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MELDUNG/1215: Mehr als ein Haudrauf - Stevenson entzaubert Cloud (SB)




Weltmeister glänzt mit ungeahnten Fähigkeiten

Adonis Stevenson hat den WBC-Titel im Halbschwergewicht erfolgreich gegen Tavoris Cloud verteidigt und dabei ungeahnte boxerische Fähigkeiten an den Tag gelegt. Galt der Kanadier bislang als Haudrauf mit limitiertem technischen Können, so glänzte er bei seinem Abbruchsieg gegen den früheren Weltmeister nach der siebten Runde mit einem variablen Repertoire, das er taktisch geschickt einzusetzen verstand. Stevenson stellte unter Beweis, daß sein Titelgewinn gegen Chad Dawson keine Eintagsfliege war und verbesserte seine Bilanz auf 22 Siege und eine Niederlage, während Cloud nun 24 Auftritte gewonnen sowie zwei verloren hat.

Der Lokalmatador setzte bereits in der ersten Runde mit einer guten Linken ein richtungsweisendes Signal, da sein Gegner danach über ein Problem mit dem linken Auge klagte. Dies nahm der Kanadier keineswegs zum Anlaß, sich ungestüm auf Cloud zu stürzen. Er umkreiste vielmehr den Herausforderer in der zweiten Runde, punktete aus der Distanz und verwickelte ihn erst am Ende des Durchgangs in einen Schlagabtausch. Auch in der dritten Runde kam Stevenson mit seiner linken Schlaghand mehrfach zum Zuge, doch steckte der US-Amerikaner zunächst alle Treffer weg.

Vom vierten Durchgang an ging der Weltmeister aggressiver zu Werke, woraufhin Cloud am linken Auge blutete und etliche schwere Körpertreffer einstecken mußte. Der Herausforderer versuchte in der nächsten Runde, das Blatt mit einer Offensive zu wenden, die sich jedoch als Strohfeuer erwies. In der Folge war wieder Stevenson Herr des Geschehens im Ring und setzte seinem Gegner mit wuchtigen Schlägen zu. Als Cloud nach der siebten Runde auch noch aus einer Wunde über dem rechten Auge blutete, wurde der Kampf in der Pause abgebrochen.

Wie Adonis Stevenson im Interview mit dem Sender HBO erklärte, habe ihm sein im vergangenen Herbst verstorbener früherer Trainer Emanuel Steward einst geraten, Kämpfe gegen Chad Dawson und Tavoris Cloud anzunehmen, sofern sich ihm die Gelegenheit dazu biete. Nun habe er unter Beweis gestellt, daß er tatsächlich beide besiegen kann. Dank einer ausgezeichneten Vorbereitung sei es ihm gelungen, binnen vier Monaten zwei Champions zu schlagen. Da Cloud über eine gute Deckung verfüge, habe er häufig zum Körper gezielt, mit seinem Jab gearbeitet und sehr beweglich geboxt. Das habe sich ausgezahlt. Als sein gefährlichster Rivale werde Sergei Kovalew gehandelt, und sollte es zum Kampf gegen den Russen kommen, habe er kein Problem damit.[1]

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Mühsame Rückkehr des Mexikaners Julio Cesar Chavez

Bei seiner Rückkehr nach einer neunmonatigen Sperre hatte Julio Cesar Chavez jun. große Mühe, sich in Carson gegen den zähen Texaner Brian Vera nach Punkten durchzusetzen. Daß der ehemalige WBC-Weltmeister im Mittelgewicht nicht in bester Verfassung angetreten war, hatte sich bereits im Vorfeld gezeigt. Ursprünglich sollte der Kampf vier Pfund über dem Mittelgewicht ausgetragen werden. Als sich abzeichnete, daß Chavez auch dieses Limit nicht bringen würde, beschloß man, das Duell knapp unter dem Halbschwergewicht anzusiedeln. Vera wurde angeblich eine sechsstellige Summe bezahlt, damit er den überdies auf zehn Runden gekürzten Kampf nicht platzen ließ.

Daß Chavez mit körperlichen Problemen zu kämpfen hatte, ließ sich auch daran ablesen, daß er nicht wie üblich im Vorwärtsgang und mit hoher Schlagfrequenz zu Werke ging. Statt dessen agierte der Mexikaner häufig in der Defensive und schlug viel zu selten, so daß Vera in den ersten fünf Runden der deutlich aktivere Boxer war, während sein Gegner auf einzelne Schläge setzte. In der sechsten Runde geriet Vera erstmals in Schwierigkeiten, fing sich aber wieder und meldete sich mit einer starken siebten Runde zurück. Kurz vor der Pause steckte er jedoch einen linken Haken ein, der ihn erneut fast zu Boden schickte. Dann gewann der Texaner wieder die Oberhand, während Chavez frustriert wirkte und beim Ringrichter Tiefschläge monierte. Vera punktete weiterhin mit seinen Kombinationen, und erst in der letzten Runde bearbeite ihn Chavez mit Körpertreffern, wie man es von ihm gewohnt ist.

Der Mehrzahl der Beobachter ging von einem Vorsprung des US-Amerikaners aus, weshalb der einstimmige Punktsieg des Mexikaners Überraschung und Unmut hervorrief (96:94, 97:93, 98:92). Insbesondere der unerklärlich hohe Vorsprung im Falle der Punktrichterin Gwen Adair dürfte ein Nachspiel haben. Chavez verbesserte sich auf 47 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden, für Vera werden nun 23 gewonnene und sieben verlorene Kämpfe notiert.

Wie der Texaner geltend machte, habe er genug getan, um zu gewinnen. Er habe Chavez zurückgedrängt und insgesamt mehr gearbeitet. Der Mexikaner habe ihn einige Male durchgerüttelt, aber nie ernsthaft angeschlagen. Nun hoffe er, daß Chavez mit dem Gewicht herunterkommt und ihm eine Revanche gewährt. Julio Cesar Chavez erklärte seine wenig überzeugende Leistung mit einer Verletzung an der rechten Hand, die er sich in der fünften Runde zugezogen habe. Zudem habe Vera oft mit dem Kopf gestoßen und zu tief geschlagen, ohne daß dies geahndet worden sei. Sein Sieg sei gerechtfertigt, da er die härteren Treffer gelandet habe und Vera früher oder später niedergeschlagen hätte. Er wolle nun ins Supermittelgewicht hinuntergehen und sich dort auf die Jagd nach einem Titel machen.[2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/stevenson-stoppt-cloud-in-sieben-runden-29204

[2] http://www.boxen.de/news/chavez-mit-umstrittenen-sieg-gegen-tapferen-vera-29206

30. September 2013