Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1158: Phlegmatisch bequemt sich Odlanier Solis zum Sieg (SB)




Yakup Saglam in der siebten Runde aus dem Kampf genommen

Der Kubaner Odlanier Solis galt als ernsthafter Anwärter auf einen Titel im Schwergewicht, bis er am 19. März 2011 in Köln auf WBC-Weltmeister Vitali Klitschko traf. Solis zog sich bereits in der ersten Runde bei einem Sturz eine schwere Knieverletzung zu, die drei Operationen und eine mehr als einjährige Zwangspause erforderlich machte. Seither ist es ihm nicht mehr gelungen, sich in einer so überzeugenden Verfassung zu präsentieren, daß eine baldige Rückkehr an die Weltspitze zu erwarten wäre. Er hat mehrfach Kämpfe abgesagt, steht selten im Ring und wirkt bei seinen Auftritten nicht gerade entschlossen, sich mit aller Macht wieder nach oben zu boxen. Wenngleich der Olympiasieger von 2004 zweifellos talentiert und technisch hervorragend ausgebildet ist, steht doch zu befürchten, daß ihm sein einstiges Potential nicht zuletzt in Folge einer Überantwortung an den konsumistischen Lebensstil seiner US-amerikanischen Wahlheimat unter den Fingern zerronnen ist.

Nach langer Zwangspause kehrte Solis im Mai 2012 im texanischen Pharr erfolgreich in den Ring zurück. Er setzte sich über zwölf Runden einstimmig gegen den ebenfalls bei Arena unter Vertrag stehenden Konstantin Airich durch und wurde damit neuer Interkontinentalmeister der IBF. Am 12. Oktober sollte der Kubaner in Madrid einen Kampf gegen Leif Larsen bestreiten. Wenngleich Promoter Ahmet Öner im Vorfeld erklärt hatte, Solis befinde sich in ausgezeichneter körperlicher Verfassung, wurde dieser Auftritt kurzfristig abgesagt. Dies gab zwangsläufig zu Spekulationen Anlaß, der Kubaner sei noch nicht in der angemessenen Form oder schätze den Norweger als zu gefährlich ein.

Für den 22. Dezember 2012 wurde ein Duell mit dem Polen Tomasz Adamek angekündigt, der seit seiner Niederlage gegen Vitali Klitschko mehrere Kämpfe gewonnen, dabei jedoch nicht immer einen überzeugenden Eindruck hinterlassen hatte. Dennoch schien er gegenüber Solis, der seit seiner Verletzung nur einmal im Ring gestanden hatte, klar im Vorteil zu sein. Auch dieser geplante Auftritt des Kubaners wurde abgesagt, da sich die Promoter Main Events und Ahmet Öner nicht einigen konnten. Wie Adameks damalige Promoterin Kathy Duva erklärte, habe der Kubaner einen neuen Berater und sei nicht mehr bereit gewesen, unter den zuvor vereinbarten Bedingungen anzutreten.

Nun mußte Solis, der aufgrund seiner langen Inaktivität aus den Ranglisten gefallen war, endlich wieder in den Ring zurückkehren. Da ihm aber nicht damit gedient war, gegen schwache Kontrahenten anzutreten, holte man Ende März den Kampf gegen Larsen nach. In der Berliner Universal Hall kostete es den Kubaner beträchtliche Mühe, den körperlich massiven, aber boxerisch nicht gerade versierten früheren Footballspieler nach Punkten zu besiegen. Solis hatte sich mit recht sparsamen Mitteln durchgesetzt. Ob diese Kampfesweise Ausdruck langjähriger Erfahrung und effektiver Taktik oder im Gegenteil konditionellen Problemen und mangelnder Durchsetzungsfähigkeit geschuldet war, blieb offen. Promoter Ahmet Öner räumte anschließend ein, daß er den Norweger unterschätzt habe. Der Kampf sei jedenfalls ein wichtiger Test für Solis gewesen, der einfach mehr Auftritte brauche, um seinen Rhythmus wiederzufinden.

Nun hat Odlanier Solis den Interkontinentaltitel der IBF in Cuxhaven erneut erfolgreich verteidigt, doch wirkte er auf dem Weg zu einem vorzeitigen Sieg gegen den international unbekannten Yakup Saglam wiederum phasenweise schwerfällig und unmotiviert. Saglam startete aktiver in den Kampf, doch erwies sich Solis von Beginn an als der bessere Techniker. Allerdings zeichnete sich bereits in der Anfangsphase ab, daß der Kubaner von seinen Möglichkeiten nur sporadisch Gebrauch machte und aus der Distanz doch beträchtliche Probleme mit dem beweglicheren Gegner hatte. Saglam wurde in der vierten Runde von einer Rechten getroffen, steckte diesen Schlag aber gut weg.

Als Solis in der fünften Runde geradezu phlegmatisch zu Werke ging, breitete sich Unmut im Publikum aus, das sich offenbar mehr von dem Auftritt des prominenten Gastes versprochen hatte. Im sechsten Durchgang ermahnte der Ringrichter beide Boxer wegen ihrer Passivität, worauf Solis in der nächsten Runde endlich energischer zu Werke ging und mit einem rechten Cross erstmals Schlagwirkung erzielte. Der Kubaner setzte mit einer weiteren Rechten nach, die seinen Gegner auf die Bretter schickte. Zwar kam Saglam rechtzeitig wieder auf die Beine, doch gab der Ringrichter den Kampf nicht mehr frei. [1]

Dank dieses Erfolgs verbesserte Odlanier Solis seine Profibilanz auf 20 Siege und eine Niederlage, während für Yakup Saglam nunmehr 29 gewonnene und drei verlorene Auftritte zu Buche stehen. Ungeachtet des vorzeitigen Erfolgs bleibt doch anzumerken, daß der Kubaner sein Können auch diesmal zu selten aufblitzen ließ, um wirklich zu überzeugen. Sein Dilemma, daß er gegen hochklassige Kontrahenten antreten muß, um sich wieder in den Ranglisten zu plazieren, aber noch immer nicht wie ein Titelaspirant wirkt, der in bester konditioneller Verfassung und mit Entschiedenheit kämpft, steht nach wie vor im Raum.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/arena-kampfnacht-in-cuxhaven-solis-stoppt-saglam-in-der-7-runde-27970

28. Juli 2013