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MELDUNG/1052: Machtkampf der Sender und Promoter - Schisma im US-Boxgeschäft (SB)




HBO stellt Zusammenarbeit mit Golden Boy Promotions ein

Unter den vom Boxgeschäft generierten Umsätzen und den daraus resultierenden Einkünften der beteiligten Akteure machen die Fernsehgelder den Löwenanteil aus. So ist der Aufstieg der ehemals zwei großen deutschen Boxställe untrennbar mit hochdotierten Verträgen verbunden, die sie mit den öffentlich-rechtlichen Sendern schlossen. Das Ende der Zusammenarbeit zwischen der Hamburger Universum Box-Promotion und dem ZDF im Sommer 2010 besiegelte letztendlich das Schicksal des vordem größten Boxstalls Europas. Daß die Zukunft lukrativer Fernsehverträge deutscher Boxunternehmen mit den Öffentlich-rechtlichen ungewiß ist, zeichnete sich auch für die weiterhin bestehende Zusammenarbeit zwischen der ARD und dem Berliner Promoter Sauerland Event ab. Zwar schlossen die Partner im Jahr 2010 einen Dreijahresvertrag ab, der angeblich mit insgesamt 54 Millionen Euro dotiert war. Dagegen regte sich jedoch bei den Rundfunkräten mehrerer Anstalten Widerstand, an dessen Spitze das Gremium des WDR stand. Neben grundsätzlichen Bedenken gegen die Präsentation des Boxsports war es vor allem die Höhe der Summe, die Einwände auf den Plan rief. Da die ARD bei Vertragsschluß nicht die Zustimmung der Rundfunkräte der einzelnen Anstalten abgewartet hatte, erwies sich die mit dem Berliner Promoter getroffene Vereinbarung als anfechtbar.

In der Kontroverse über die Fernsehrechte für "Boxen im Ersten" zwischen den ARD-Sendeanstalten und ihren Rundfunkräten war im Juni 2011 von einem Kompromiß die Rede. Offenbar wurde damals in Nachverhandlungen die Vereinbarung getroffen, die Laufzeit zu verkürzen und die Gesamtkosten zu reduzieren. Soweit bekannt, hatte man sich auf 26 Millionen Euro für zwei Jahre Boxen geeinigt. Wenngleich die Zusammenarbeit damit vorerst gesichert war, konnte Sauerland Event nicht umhin, die künftige Fernsehvermarktung zu diversifizieren. Im Herbst 2011 schloß der Berliner Promoter mit dem neuen britischen Kanal BoxNation, der über die Sky-Plattform ausgestrahlt wird, einen Dreijahresvertrag ab. Auf diesem Wege konnte man mit den Veranstaltungen auch das britische Boxpublikum erreichen.

Vitali und Wladimir Klitschko, die ihre Vermarktung schon vor Jahren in die eigenen Hände genommen haben, arbeiten bekanntlich mit dem Kölner Privatsender RTL zusammen. Im Oktober 2012 verlängerten die ukrainischen Schwergewichtsweltmeister diese Kooperation um fünf weitere Kämpfe, für die sie dem Vernehmen nach jeweils drei Millionen Euro erhalten. Die vertragliche Vereinbarung legt nicht fest, wer von beiden in den Ring steigt. Nachdem zunächst der 41jährige WBC-Weltmeister mit seinen erfolgreichen Titelverteidigungen gegen Tomasz Adamek, Dereck Chisora und Manuel Charr der aktivere der beiden Brüder war, wird Wladimir aller Voraussicht nach den überwiegenden Teil der fünf neu vereinbarten Kämpfe absolvieren. Den Anfang machte der 36 Jahre alte Superchampion der WBA und WBO sowie Weltmeister der Verbände IBF und IBO am 10. November 2012 in Hamburg, wo er den Polen Mariusz Wach besiegte.

Während sich in Deutschland das Bezahlfernsehen im Boxsport nicht durchsetzen konnte, werden die Umsätze in den USA zum überwiegenden Teil im Pay-per-view-Verfahren erzielt. Zwischen den beiden führenden Sendern HBO und Showtime herrscht ein erbitterter Konkurrenzkampf um Marktanteile, der wiederum mit der Rivalität der einflußreichsten Promoter korrespondiert. Derzeit zeichnet sich im US-amerikanischen Boxgeschäft eine regelrechte Umwälzung ab, da mit dem Bezahlsender HBO die bisherige Nummer eins der Branche künftig vollständig auf Kämpfe der Golden Boy Promotions verzichtet. Wie es in einer aktuellen Stellungnahme des HBO-Präsidenten Ken Hershman dazu heißt, verfolge man das Ziel, die besten Boxer in den bestmöglichen Ansetzungen zu präsentieren. Daher habe man sich dazu entschlossen, Arbeit und Ressourcen auf jene strategischen Beziehungen zu fokussieren, mit denen man mehr gemeinsame Ziele in der Geschäftsphilosophie habe. [1]

Hintergrund dieser für sich genommen wenig aufschlußreichen Erklärung ist der Umstand, daß sich die Beziehungen des Senders zu Golden Boy merklich abgekühlt haben, seitdem der ehemalige Golden-Boy-Anwalt Stephen Espinoza zum Konkurrenzsender Showtime gewechselt ist und dort an einem Monopol des Promoters aus Los Angeles arbeitet. Dies hatte zur Folge, daß von den prominenten Akteuren, die bei Golden Boy unter Vertrag stehen, in jüngerer Zeit nur noch Bernard Hopkins und Adrien Broner bei HBO zu sehen waren. Da Floyd Mayweather, dessen Auftritte die mit Abstand größten Erlöse erzielen, ebenfalls zu Showtime gewechselt ist, wird HBO künftig wohl fast ausschließlich Kämpfe des Promoters Top Rank zeigen. Top Rank wiederum ist der Erzrivale von Golden Boy, weshalb das Verhältnis der beiden Unternehmen schon in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit zunehmend ausschloß. Mithin dürften hochklassige Kämpfe zwischen Boxern der beiden einflußreichsten Promoter künftig nahezu unmöglich sein, was auf eine tiefgreifende Spaltung der gesamten Branche in den USA hinauszulaufen droht.

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[1] http://www.boxen.de/news/hbo-beendet-zusammenarbeit-mit-golden-boy-kuenftig-keine-kaempfe-von-hopkins-und-broner-25400

21. März 2013