Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1045: Multitalent Adrien Broner wagt einen großen Sprung (SB)




23jähriger tritt zwei Gewichtsklassen höher gegen Malignaggi an

Da die Abstände zwischen den niedrigen Gewichtsklassen relativ gering sind, kommt es dort besonders häufig vor, daß Boxer im Laufe ihrer Karriere in höhere Limits aufsteigen. Das gilt auch für Adrien Broner, der früher WBO-Weltmeister im Superfedergewicht war. Da er im Juli 2012 vor dem Kampf gegen Vicente Escobedo das vorgeschriebene Gewicht überschritt, wurde ihm der Titel aberkannt. Beim offiziellen Wiegen brachte Broner dreieinhalb amerikanische Pfund zuviel auf die Waage und beim zweiten Wiegen am nächsten Tag hatte er noch einmal zehn Pfund zugelegt. Escobedos Team wollte daraufhin den Kampf absagen, ließ sich jedoch unter Vermittlung des Senders HBO umstimmen. Um den Abend zu retten, wurde Escobars Börse dem Vernehmen nach auf 400.000 Dollar verdoppelt, und Broner bezahlte 60.000 Dollar Strafe, die je zur Hälfte an die Boxkommission von Ohio und an seinen Gegner ging.

Der Kampf selber dauerte dann nur fünf Runden, was weniger am Gewichtsunterschied, als vielmehr an der technischen Überlegenheit Broners lag. Vicente Escobedo kam weder mit der ausgezeichneten Deckung, noch den gefährlichen Kombinationen seines Gegners zurecht, so daß seine Ecke nach zahlreichen Treffern schließlich das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe warf. Wie Adrien Broner im anschließenden Interview mit HBO erklärte, sei er aus seiner früheren Gewichtsklasse herausgewachsen und wechsle nun dauerhaft ins Leichtgewicht. Dort wolle er fortan namhafte Rivalen jagen, wobei ihm jeder erstklassige Gegner recht sei.

Schon im nächsten Kampf traf der erst 23 Jahre alte US-Amerikaner im November 2012 auf WBC-Weltmeister Antonio DeMarco, dem er mit einer Lehrstunde auf höchstem Niveau eine Lektion erteilte. Leider hatten wegen der Folgen des verheerenden Hurrikans Sandy nicht allzu viele Zuschauer den Weg in die Boardwalk Hall von Atlantic City gefunden, wo sie für ihr gutes Geld an diesem Abend etwas Außergewöhnliches geboten bekamen. Broners Schläge waren so schnell und präzise, daß der Titelverteidiger wenig Abwehrmöglichkeiten fand. Zugleich deckte sich der Herausforderer so solide, daß er selbst nur selten getroffen wurde. Vielseitig und kampfeslustig stellte sich Broner in der vierten Runde dem Infight und machte auch dabei eine wesentlich bessere Figur als sein Gegner.

Dann verlegte sich der junge Amerikaner zunehmend auf Kombinationen und deckte den Kontrahenten mit Serien schwerer Treffer ein. Damit nicht genug, schlug Broner in der nächsten Runde immer wieder zum Körper, als wolle er sein gesamtes umfassendes Repertoire demonstrieren. Wohl bäumte sich der Mexikaner noch einmal gegen die drohende Niederlage auf, doch zwang ihn ein Aufwärtshaken in der achten Runde erstmals in seiner Karriere auf die Bretter, worauf seine Ecke den Kampf aufgab.

Adrien Broner sei für ihn Mayweather, Hopkins und De la Hoya - alles in einer Person. Er könne sehr variabel boxen, den Gegner stellen und vor allen Dingen liebe er es zu kämpfen, schwärmte Broners Promoter Oscar de la Hoya von seinem Schützling. Wenngleich bei diesen Superlativen natürlich auch eine gehörige Portion Werbung mitserviert wurde, waren sie doch nicht aus der Luft gegriffen. Der ambitionierte US-Amerikaner zählt zweifellos zu den größten Talenten, die sich derzeit ihren Weg in die Weltklasse bahnen.

Im Zuge der Frage, gegen wen der frischgebackene WBC-Weltmeister im Leichtgewicht als nächstes antreten werde, fiel des öfteren der Name Ricky Burns. Der Schotte ist Champion der WBO in dieser Gewichtsklasse, so daß ein Vereinigungskampf in Aussicht stand. Da sich die Verhandlungen jedoch als schwierig erwiesen, entschied man sich seitens der Golden Boy Promotions für ein internes Duell Adrien Broners mit Paulie Malignaggi. Diese Option ist nun wirklich sehr ungewöhnlich, da Broner dabei gleich zwei Gewichtsklassen aufsteigt und im Weltergewicht antritt. Dort ist sein kommender Gegner aus New York Weltmeister der WBA und hat nach anfänglichem Erstaunen über die Kühnheit des Herausforderers seiner Bereitschaft Ausdruck verliehen, dem neun Jahre jüngeren Broner die Leviten zu lesen.

Wie bereits offiziell bestätigt wurde, findet der Kampf am 22. Juni statt. Der ungeschlagene Adrien Broner tritt mit einer Bilanz von 26 Siegen an, wobei er 22 Gegner vorzeitig bezwungen hat. Paulie Malignaggi, der zwischen 2007 und 2008 bereits Weltmeister im Halbweltergewicht gewesen war, kämpft seit 2010 im Weltergewicht und hat in diesem Limit im letzten Jahr den langjährigen Champion Viatscheslaw Senschenko entthront. Für den Italo-Amerikaner stehen 32 gewonnene und vier verlorene Auftritte im Ring zu Buche.

Malignaggi würdigt Broner als talentierten und versierten Gegner, den er gewiß nicht schlechtreden wolle. Auch sei es zweifellos ein mutiges Vorhaben, gleich zwei Gewichtsklassen aufzusteigen. Er sei jedoch überzeugt, daß dieser "gute kleine Kämpfer" nicht die angemessene Körpergröße mitbringe und sich etwas zuviel zugemutet habe. Wie sich bestätigen werde, seien die verschiedenen Gewichtsklassen nicht ohne Grund eingerichtet worden. Wenn Broners Trainer Mike Stafford geltend mache, daß sich sein Schützling im Sparring mit Mittelgewichtlern vorbereite und daher seine physischen Nachteile problemlos kompensieren werde, sei das seine Sache. Man habe Broner jedoch noch nie im Kampf mit einem Gegner gesehen, der ihm weh tun konnte, so Malignaggi. Er selbst sei schnell und technisch gewappnet genug, um Adrien Broner zu stellen, und dann werde man ja sehen, was passiert.

13. März 2013