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MELDUNG/1002: Duell der Trainer ist Ulli Wegners geringste Sorge (SB)




Kampf Gutknechts gegen Brähmer wirft seinen Schatten voraus

Am 2. Februar geht in der Berliner Max-Schmeling-Halle ein Kampf im Halbschwergewicht über die Bühne, der aus deutscher Sicht seinen eigenen Reiz besitzt. Der frühere Weltmeister Jürgen Brähmer aus Schwerin, für den 38 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche stehen, trifft auf den amtierenden Europameister Eduard Gutknecht aus Gifhorn, der mit 24 Siegen und einer Niederlage aufwarten kann. Beide Akteure stehen bei dem in der Hauptstadt ansässigen Promoter Sauerland unter Vertrag, der damit eine Weichenstellung in den Karrieren seiner beiden Boxer vornimmt. Während dem Sieger in naher Zukunft ein Kampf um die Weltmeisterschaft in Aussicht stehen dürfte, muß sich der Verlierer weit hinten anstellen.

Gutknecht steigt zwar als Titelverteidiger in den Ring, verfügt jedoch längst nicht über die Erfahrung Brähmers, der lange auf höchstem Niveau gekämpft hat. Allerdings steht mit Ulli Wegner ein Trainer in der Ecke des Europameisters, der mit Fug und Recht als Meister seines Fachs gilt. Der Schweriner wird von Karsten Röwer betreut und will den Beweis antreten, daß er nach langer Pause und dem vermeintlichen Ende seiner sportlichen Laufbahn wieder Tritt gefaßt und nichts von seinen früheren Qualitäten eingebüßt hat.

Da der Kampftermin näherrückt, sehen sich beide Teams veranlaßt, schon vorab ihre Chancen auszuloten und dabei natürlich auch Werbung für die Veranstaltung zu machen. Karsten Röwer kennt seinen Schützling aus Amateurzeiten, wo der Gewinn der Junioren-Weltmeisterschaft im Jahr 1996 den Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit markierte. Obgleich es sich daher bei dem bevorstehenden Auftritt um den ersten gemeinsamen Profikampf handelt, dürften keine Unwuchten dem erhofften Erfolg im Wege stehen. Der 50jährige Trainer macht sich offenbar keine Sorgen, was den Trainingsfleiß seines Schützlings betrifft, der damit in der Vergangenheit einige Probleme hatte. Die konditionellen Grundlagen seien geschaffen, nun nehme man in der Sparringsphase den technischen und taktischen Feinschliff vor. Noch blieben ja einige Tage Zeit, sich voll und ganz auf die kommende Aufgabe einzustimmen.

Röwer hat eigenen Angaben zufolge gar nicht erst versucht, die Kampfesweise des erfahrenen Konterboxers komplett umzustellen. Man habe an den Stärken Brähmers gearbeitet, dem niemand mehr erklären müsse, wie man sich im Ring behauptet. Sein Schützling lebe für den Boxsport und habe in der Trainingshalle vorbildlich gearbeitet. Was die Qualitäten Gutknechts betrifft, dürfe man sich von dessen geringerer Erfahrung nicht täuschen lassen. Der Titelverteidiger kompensiere mit seinem kämpferischen Einsatz, was immer ihm an technischen Fertigkeiten nicht zu Gebote stehen mag.

Da die Frage nicht ausbleiben kann, ob es sich nicht zugleich um ein Trainerduell handle, spricht Röwer von einer großen Herausforderung, gegen einen der besten Trainer der Welt zu bestehen und am Ende vielleicht sogar die Oberhand zu behalten. Keiner von beiden wolle verlieren, und so setze auch er alles daran, mit seinem Schützling am Ende die Nase vorn zu haben. Allerdings solle man die Konkurrenz der Trainer als solche nicht überbewerten, da es unter dem Strich darauf ankomme, wozu die beiden Boxer imstande sind.

Unterdessen signalisiert Ulli Wegner, daß er von den aktuellen Qualitäten Brähmers nicht beeindruckt sei. Man habe zwar einige frühere Kämpfe des Schweriners studiert, doch lägen diese geraume Zeit zurück und seien heute nicht mehr aussagekräftig. Der Herausforderer sei gewiß kein schlechter Boxer, doch gehöre Brähmer seines Erachtens nicht mehr zur Weltspitze. Hingegen befinde sich Eduard Gutknecht im Aufstieg und verfüge über das Potential, sich weiter zu verbessern. Sein Schützling trainiere hart, bringe bei jedem Leistungstest ausgezeichnete Ergebnisse und überzeuge in der Sparringsphase. Wenngleich man das Training niemals mit dem Kampf verwechseln dürfe, in dem es in hohem Maße auf die Psyche des Boxers ankomme, sehe er dem bevorstehenden Auftritt sehr gelassen entgegen.

Auf die Frage, wie es um den Vergleich der Trainerkollegen bestellt sei, poltert Wegner, wie man es von ihm nicht anders erwarten würde. Davor müsse er nun wirklich keine Angst haben, so der 70jährige. Er habe in seiner Karriere jede Menge Boxer an die Weltspitze geführt, die keine erfolgreiche Amateurlaufbahn hinter sich und reichlich Probleme mit Technik, Taktik und nicht zuletzt Disziplin hatten. Dennoch habe er sie geformt und zu Weltmeistern gemacht. Karsten Röwer habe viele erstklassige Amateure betreut, aber von Sebastian Sylvester abgesehen bei den Profis noch keine bedeutenden Titel errungen. Er wolle erst einmal ein paar Champions in den Reihen seines Kollegen sehen, bevor man von einem Duell der Trainer sprechen könne, um dessen Ausgang er sich Sorgen machen müsse.

24. Januar 2013