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MELDUNG/841: Im Alter von 43 Jahren zieht Glen Johnson einen Schlußstrich (SB)




Klare Punktniederlage gegen jungen Polen Andrzej Fonfara

Ein Altersunterschied von 19 Jahren gab letztlich den Ausschlag beim deutlichen Punktsieg des jungen polnischen Halbschwergewichtlers Andrzej Fonfara gegen den früheren Weltmeister Glen Johnson. Der 24jährige Pole bekam es bei ESPN Friday Night Fights in Chicago mit seinem bislang namhaftesten Gegner zu tun und wahrte die Chance, sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Wie seine Bilanz von 22 Siegen und zwei Niederlagen zeigt, wäre ein Scheitern gegen den Veteranen vermutlich verhängnisvoll für seinen weiteren Karriereweg gewesen. Hingegen ist Johnson, der 51 Auftritte gewonnen, 17 verloren und zwei unentschieden beendet hat, am Ende seines sportlichen Weges angelangt.

Von Beginn an zeigte sich Fonfara bemüht, häufiger als sein Gegner zu schlagen und diesen damit ins Hintertreffen zu bringen. Johnson ließ sich jedoch nicht ins Bockshorn jagen und brachte mehrfach seinen Jab ins Ziel. Der wesentlich größere Pole hatte im zweiten Durchgang sichtlich Probleme mit der Distanz und mußte mehrmals die Rechte des Jamaikaners einstecken, den er viel zu dicht heranrücken ließ. In der dritten Runde kam Fonfara dann besser zur Geltung und machte unter frenetischem Jubel des größtenteils polnischen Publikums mit schnellen Kombinationen Eindruck. Lange hielt diese Offensive aber nicht vor, den nach einer mehr oder weniger ausgeglichenen vierten Runde setzte sich Johnson in der Folge wieder besser in Szene und brachte manchen Treffer ins Ziel.

Indessen steckte der Pole alles weg, was da bei ihm einschlug, und war stets bemüht, anschließend seinerseits Treffer zu landen. Zu Beginn des siebten Durchgangs ging Johnson in die Offensive, doch gehörte das Ende wieder Fonfara. Danach ließ die Kondition des Jamaikaners zusehends nach, der seinem Gegner mehr und mehr das Feld überlassen mußte, was der Pole für seine Kombinationen weidlich ausnutzte. Nur gelegentlich kam Johnson noch mit einem Treffer durch, doch gingen die letzten Runden klar an Fonfara, der schließlich sogar den offenen Schlagabtausch nicht länger meiden mußte.

Beeinflußt von der Feierstimmung der zahlreichen polnischen Schlachtenbummler wertete ein Punktrichter den Kampf mit 99:91 zugunsten Andrzej Fonfaras, was zweifellos zu hoch gegriffen war. Mit jeweils 97:93 wurden seine beiden Kollegen dem Kampfverlauf eher gerecht, wobei am Sieg des Polen grundsätzlich nicht zu rütteln war, der einen engagierten Auftritt geboten und häufiger als sein Gegner getroffen hatte. Fonfara hat damit eine Bewährungsprobe bestanden und kann nun darangehen, sich in den Ranglisten weiter nach oben zu arbeiten. Ob seine Qualitäten für einen Titelkampf ausreichen, muß sich jedoch erst noch erweisen.

Für den inzwischen 43 Jahre alten Johnson, der vier seiner letzten fünf Kämpfe verloren hat, ist mit dieser neuerlichen Niederlage das Ende der Laufbahn gekommen. Nachdem er dem Polen zunächst Paroli geboten hatte, ließ er doch im letzten Drittel des Kampfs deutlich nach. Dieser Einbruch dürfte letztendlich den Ausschlag gegeben haben, daß er seine Karriere inzwischen für beendet erklärt hat. Im Interview mit ESPN zog der in Florida lebende Jamaikaner die Bilanz, er habe 100 Prozent gegeben, doch sei das einfach nicht genug gewesen. Er habe sich gut gefühlt und durchaus gewußt, was er tat. Dabei habe er vieles gesehen, was geboten gewesen wäre, doch sei er nicht mehr in der Lage gewesen, es auch tatsächlich umzusetzen. Deshalb sei er der Auffassung, daß das Ende des Weges erreicht ist. Niemand könne die Zeit schlagen, sie hole einen immer ein. Könne er einen Kampf wie diesen gegen den jungen Andrzej Fonfara nicht mehr gewinnen, sei es ausgeschlossen, noch einmal Weltmeister zu werden. "Wenn ich nicht Weltmeister sein kann, wozu dann das Ganze?", zog der Jamaikaner einen Schlußstrich.

Glen Johnson war nach drei gescheiterten Anläufen mit einem Sieg über Clinton Woods im Jahr 2004 zum ersten Mal Weltmeister geworden. Den eigentlichen Durchbruch an die Weltspitze markierte jedoch erst sein nächster Kampf, in dem er den zuvor als besten Boxer aller Gewichtsklassen gehandelten US-Amerikaner Roy Jones jun. mit einem einzigen Schlag auf die Bretter schickte. Als er bei dem darauf folgenden Auftritt mit Antonio Tarver einen weiteren prominenten Gegner bezwang, wurde er zum "Boxer des Jahres" gewählt. An diese bedeutendste Phase seiner Karriere konnte er in der Folge nie wieder anknüpfen. Wenngleich er später noch fünfmal um die Weltmeisterschaft kämpfte, zog er jedesmal nach Punkten den kürzeren.

17. Juli 2012