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MELDUNG/777: Chad Dawson pfeift im finsteren Wald (SB)




Überhebliche Töne vor der Revanche gegen Bernard Hopkins

In Atlantic City geht heute Abend die emotional hoch aufgeladene Revanche zwischen Bernard Hopkins und Chad Dawson über die Bühne. Im Oktober 2011 hatten die beiden einander im Staples Center von Los Angeles einen Kampf geliefert, dessen jähes und umstrittenes Ende die Gemüter erhitzte. Von Dawson mit einer an das professionelle Wrestling erinnernden Einlage zu Boden geworfen, zog sich Hopkins bereits in der zweiten Runde eine Verletzung an der Schulter zu, die zum Abbruch führte. Die ursprüngliche Wertung zugunsten des 29jährigen Herausforderers wurde später aufgehoben, so daß der 47 Jahre alte Hopkins WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht blieb. Zugleich legte der Verband einen Rückkampf fest, der nun für klare Verhältnisse sorgen soll.

Chad Dawson nimmt seinem Rivalen die Verletzung bis heute nicht ab und behauptet, Hopkins habe damals eine Ausflucht gesucht und gefunden. Für die Revanche kündigt er einen vorzeitigen Sieg an. Bei den Buchmachern wird Dawson als klarer Favorit gehandelt, als habe Hopkins nicht mehr als einmal demonstriert, daß er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Der wesentlich jüngere Herausforderer hat 30 Profikämpfe gewonnen und einen verloren, während für den Titelverteidiger 52 Siege, fünf Niederlagen und zwei Unentschieden zu Buche stehen.

Er habe einen "ängstlichen alten Mann gesehen", tönte Dawson in einem Interview mit USA Today. "Jemanden, der nicht mit mir im Ring sein wollte. Man konnte an seinem Verhalten, seiner Körpersprache und dem Blick in seinen Augen sehen, dass er nicht da sein wollte." Seines Erachtens hätten der Ringrichter, die Boxkommission und der Weltverband WBC bei ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen, daß sich Hopkins in der Vergangenheit schon häufiger solcher Tricks bedient habe. Dennoch habe man ihm den Titel am grünen Tisch zurückgegeben. Wenigstens sei ein Rückkampf anberaumt worden, so daß Hopkins gezwungen werde, sich erneut zu stellen. Er wolle Bernard nicht einfach nur besiegen, sondern ihn "dumm und alt aussehen lassen", legte der 29jährige nach. Am wichtigsten sei für ihn, diesen Mann zu schlagen und aus dem Sport zu vertreiben. Den Titel werde er im Nebenlauf mitnehmen, doch in erster Linie gehe es ihm darum, Hopkins loszuwerden.

Für einen Boxer, der seinem Gegner angeblich so haushoch überlegen ist, wie dies Dawson von sich behauptet, spricht er verdächtig viel davon, sich Hopkins endlich vom Hals schaffen zu wollen. Der 47jährige nimmt nicht von ungefähr die Position ein, die er selbst gerne hätte, und demonstriert in seinem dritten sportlichen Frühling nach wie vor Qualitäten, die der voreilig in den Himmel gehobene Dawson schon des öfteren vermissen ließ. Dieser gleicht bei seiner vollmundigen Ankündigung, Hopkins zittere vor ihm, einem schaudernden Wanderer im finsteren Wald, der laut vor sich hin pfeifend vor allem sich selbst zu beeindrucken versucht.

28.‍ ‍April 2012