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MELDUNG/755: Mit Abrahams Gegner ist nicht gut Kirschen essen (SB)




Wilczewksi will dem Berliner einen Strich durch die Rechnung machen

Für Arthur Abraham stehen die Chancen nicht schlecht, womöglich noch in diesem Jahr Weltmeister im Supermittelgewicht zu werden. Zwar geht es nicht um die Titel von WBA und WBC, die der US-Amerikaner Andre Ward in seinem Besitz hat, gegen den der Berliner im Super-Six-Turnier klar verloren hat. Auch die Trophäe der IBF und deren Champion Lucian Bute sind kein Thema, da sich der in Kanada lebende Rumäne in Nordengland mit Carl Froch mißt, einem weiteren Alptraum Abrahams. Dieser nimmt statt dessen den Gürtel der WBO ins Visier, gehalten von Robert Stieglitz, den man für den leichtesten Gegner in der Riege amtierender Weltmeister hält. Nachdem der Däne Mikkel Kessler einem bereits geplanten Duell mit Stieglitz eine Absage erteilt hat, tritt der Magdeburger in einem wenig attraktiven Kampf gegen George Groves an. Auf den Sieger hat es Artur Abraham abgesehen, doch gilt das freilich nur, wenn er am Samstag in Kiel den Polen Piotr Wilczewksi besiegt.

Leicht dürfte das kaum werden, wie schon die beiderseitigen Bilanzen zeigen. Während der Berliner 33 Kämpfe gewonnen und drei verloren hat, kann sein Gegner mit 30 Siegen und zwei Niederlagen aufwarten. Abraham rechnet denn auch mit einem schweren Kampf, fühlt sich aber nach einer intensiven Vorbereitung gut in Form und in der Verfassung, den Ring als Sieger zu verlassen. Sofern der 32jährige gewinnt, ist er der bestplazierte Herausforderer in der Rangliste der WBO, so daß ihm ein Titelkampf winkt.

Dabei will ihm der frühere Europameister Wilczewski einen Strich durch die Rechnung machen. Wie der 33jährige erklärt, habe er sich bestens auf seinen Gegner eingestellt und wisse genau, was auf ihn zukommt. Mit Überraschungen rechne er nicht. Sein Trainer Andrzej Gmitruk verweist auf ein Spezialtraining, bei dem man einen Spezialisten vor Ort gehabt habe, der tiefe Einblicke in die europäische und amerikanische Boxschule gegeben habe.

Darüber wundert sich Ulli Wegner, der seinen polnischen Kollegen seit drei Jahrzehnten kennt und schätzt. Vor ihm und seinen Boxern habe er großen Respekt, doch von den Amerikanern zu lernen, fiele dem Berliner nicht ein. Umgekehrt werde schon eher ein Schuh draus, so daß ihn die Tricks des sogenannten Spezialisten im gegnerischen Lager nicht schrecken könnten.

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Revanche zwischen Hopkins und Dawson nimmt Kontur an

Warum die Nachfrage beim ersten Kampf zwischen Bernard Hopkins und Chad Dawson im US-Bezahlfernsehen derart gering ausgefallen war, wird wohl das Geheimnis des amerikanischen Boxpublikums bleiben. Schließlich konnte niemand vorhersehen, daß das Duell bereits nach eineinhalb Runden unter skurril anmutenden Umständen zu Ende gehen würde. Beide Boxer waren insofern daran beteiligt, als sich Dawson wiederholt so tief abduckte, als wolle er die Knie seines Gegners angreifen, während sich Hopkins kurzerhand auf ihn lehnte. In einer solchen Situation bäumte sich Dawson unvermittelt auf und schleuderte den Gegner in einer Art Ringereinlage zu Boden, wo sich Hopkins offenbar derart an der Schulter verletzte, daß er den Kampf nicht fortsetzen konnte. Darauf erklärte der Ringrichter Chad Dawson zum Sieger und neuen Weltmeister, was zweifellos eine Fehlentscheidung war, die später auch am grünen Tisch korrigiert wurde: Bernard Hopkins blieb WBC-Champion im Halbschwergewicht, ein zweiter Kampf wurde für den 28. April anberaumt. Übertragen wird ihn erneut der Sender HBO, diesmal jedoch nicht als Pay per view, sondern im regulären Programm.

Reizvoll an diesem Duell ist nicht zuletzt der Altersunterschied, da Bernard Hopkins mit seinen 46 Jahren seit einiger Zeit wieder zu Leistungen fähig ist, die an den Höhepunkt seiner Karriere erinnern. Seinerzeit war er Weltmeister aller vier maßgeblichen Verbände im Mittelgewicht und wenn er später auch sein überragendes Können eingebüßt zu haben schien, wirkt er heute wieder gefährlich wie eh und je. Er hat 52 Siege, fünf Niederlagen und zwei Unentschieden auf dem Konto, während Dawson 30 Auftritte gewonnen und einen verloren hat.

Im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte Dawson nun großspurig, daß er gegen Hopkins sogar mit einem einzigen Finger weitergeboxt hätte. Er verlange nichts weiter, als einen fairen Kampf, zog er die damalige Verletzung des Gegners erneut in Zweifel. Sein Trainer John Scully wußte zu berichten, daß sein Schützling sich so früh zur Vorbereitung gemeldet habe, wie nie zuvor. Das lasse darauf schließen, wie ernst es ihm sei. Er sei jedenfalls sehr zufrieden mit dem aktuellen Stand, da man vor dem Plan liege.

30. März 2012