Schattenblick →INFOPOOL →SOZIALWISSENSCHAFTEN → PÄDAGOGIK

SCHULE/334: Schulinnovator Peter Fratton - "Motivieren verboten!" (idw)


Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd - 07.02.2012

"Motivieren verboten!"

Bildungsinnovatoren zum Vortrag an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd


"Motivieren verboten!" Mit dieser und weiteren provokanten Aussagen überraschte der Schweizer Schulgründer und Schulinnovator Peter Fratton seine Zuhörer bei einem gut besuchten, öffentlichen Vortrag an der PH Schwäbisch Gmünd. Schließlich müsse jedes Kind seinen eigenen Lernweg finden. Eingeladen hatte Fratton und Angelika Schmidt, die Gesamtleiterin der Freien Schule Anne-Sophie in Künzelsau, der Bildungssoziologe Prof. Dr. Stefan Immerfall. Dessen Hauptseminar beschäftigte sich mit der Frage, ob mehr Wettbewerb im Bildungssystem zu besseren Ergebnisse führt. Denn bildungssoziologische Studien, so Immerfall, zeigten beispielsweise, dass unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil an Privatschulen zu einem besseren Bildungsangebot für alle führen kann. Es müsse allerdings auch eine öffentliche Finanzierung der Schulen in privater Trägerschaft gewährleistet sein, damit nicht nur begüterte Eltern die ihrer Meinung beste Schule für ihre Kinder auswählen können.

Fratton erläuterte die Zielsetzungen der Privatschule. Bettina Würth, die Initiatorin, habe das Motto vorgeben: "Schule als Ort, wo Kinder nicht übersehen werden können". Fratton unterstrich, dass Lehrkräfte nur "Lernbegleiter" sein könnten. Es komme nicht darauf an, Schulen zu optimieren oder zu reformieren, sondern "Schulen brauchen Innovation. Entscheidend dafür sind neue Denk- und Handlungsmuster, nicht zuletzt bei den Lernbegleitern". Während in den uns bekannten Schulformen gleichaltrige Schüler den gleichen Lehrer zum gleichen Zeitpunkt im gleichen Zimmer das gleiche Ziel gleich gut erreichen sollten, würden Schulen wie die Freie Schule von einer anderen Überzeugung geprägt sein: "Auf vielfältigen Wegen mit vielfältigen Menschen an vielfältigen Orten zu vielfältigsten Zeiten mit vielfältigen Materialien in vielfältigen Schritten und mit vielfältigen Ideen in vielfältigen Rhythmen zu gemeinsamen Zielen."

Angelika Schmidt berichtete, wie ihr "durch Zufall und eine gewisse Unzufriedenheit mit dem öffentlichen Schulsystem und der Schulverwaltung" die Leitung der Freien Schule anvertraut worden sei. Die private Ganztagesschule sei in "Lernhäuser" auf der Basis des autonomen Lernens organisiert. Ihr Träger ist die gemeinnützige Stiftung Würth, die sich zur Aufgabe gemacht habe, das "System Schule" mit neuen Ansätzen zu versehen. "So schön die Freie Schule auch gestaltet ist, nicht jede Lehrkraft ist für unsere neuen Formen des Miteinanders geeignet", so Schmidt.

In der Diskussion wurde bezweifelt, ob die Prinzipien sich auch auf öffentliche Schulen übertragen ließen, die nicht einen solventen Stifter im Rücken hätten. Dem entgegnete Fratton, es komme gar nicht so sehr auf die materielle Ausstattung sondern auf die neuen Handlungsmuster an. Gleichwohl verwies Schmidt darauf, dass uns beispielsweise der bauliche Eindruck einer Schule durchaus wichtig sein sollte, da er Aufenthaltsqualität, Lernatmosphäre und Identifikation mit beeinflusst.

Prof. Immerfall freute sich zum Abschluss, dass mit Frau Schmidt eine ehemalige Diplomandin der PH bildungspolitische Aufbruchstimmung geradezu verkörpere. Mit den neuen Gemeinschaftsschulen stünde Baden-Württemberg vor einer nachhaltigen Veränderung seines Schulsystems, die von der Pädagogischen Hochschule sicherlich kritisch begleitet werden würde.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution441


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Dr. Bert von Staden, 07.02.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2012