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SCHACH-SPHINX/07174: Bar jeder künstlichen Verwirrung (SB)


"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert," erklärte einmal der für seinen ausschweifigen Lebenswandel berüchtigte Dandy Oscar Wilde. Vom Schachspiel verstand er allerdings nicht viel. Zu zeitraubend erschien ihm das Studium der einzelnen Manöver und Spielsysteme. Als Schriftsteller hat er sich da einen besseren Ruf erworben. Wenig rühmlich war allerdings, daß er mit seinem Portrait von einem Künstler als eines von Emotionen, Schöngeisterei und tiefen Krisen durchschüttelten Lebemanns die Köpfe vieler Generationen durcheinanderbrachte. Statt Ernst, Forschung und Besonnenheit grassierte plötzlich der Fieberwahn eines wurzellosen Daseins in den Adern der jungen Künstlernaturen, die ihrem Idol auf sonderbare Weise nachahmten. Das Außergewöhnliche in die Welt zu bringen, bedarf es freilich höherer Werte als die von Ekstase, Rausch und wilden Vergessensorgien. Schachspieler sind gottlob einem anderen Beispiel gefolgt. Die Logik ist ein System, bei dem schnell aufflackernde Gefühle nichts zu suchen haben. Im heutigen Rätsel der Sphinx fand Schwarz denn auch den entscheidenden Zug bar jeder "künstlichen" Verwirrung, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/07174: Bar jeder künstlichen Verwirrung (SB)

Makropoulos - Hölzl
Luzern 1982

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Schöne heile Welt, zu glauben, mit natürlichen Zügen ließe sich eine Partie führen und gewinnen. Weiß zahlte den Preis für seinen naiven Glauben: 1...Sd4-f3+! 2.Kg1-h1 - der Springer war wegen Grundreihenmatts unantastbar - 2...Dg5xe3 3.f2xe3 Sf3-d2 4.Tb6-b4 a6- a5 5.Tb4-b5 Sd3xe4 6.Tb5xe5 Td8xd7! - die Abrechnung - 7.Tb7xd7 Tf8-b8 8.h2-h3 Se4-g3+ und Weiß gab auf, da das Matt nicht mehr zu verhindern war, zum Beispiel 9.Kh1-h2 Tb8-b1 mit der Drohung 10...Tb1-h1# oder 9.Kh1-g1 Tb8-b1+ 10.Kg1-f2 Tb1-f1#


Erstveröffentlichung am 18. Januar 2007

7. Februar 2020


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