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SCHACH-SPHINX/06574: Unberechenbarer Wladimir Kramnik (SB)


Guter Rat ist teuer, was spielt man gegen Wladimir Kramnik? Läßt man sich auf eine stürmische Partie ein, so wird man erkennen, daß sich der russische Großmeister hervorragend in den taktischen Unwägbarkeiten zurechtfindet. Ihn zu Unüberlegtheiten zu verlocken, daran sind schon viele seiner Kontrahenten gescheitert. Kramnik findet auch das kleinste Haar in der Suppe der Verwicklungen und nutzt dies zu seinem Vorteil aus. Man kann meistens nur darauf hoffen, daß er übermüdet ans Brett kommt. Dann macht er Fehler, dann funktioniert das präzise Uhrwerk nicht mit der bei ihm berüchtigten Akkuratesse. Spielt man dagegen eine ruhige Variante gegen ihn, so sorgt er dafür, daß die unscheinbaren Nuancen rasch zu einer Welle gegen den König zusammenwachsen. Nur wenn Kramnik von vornherein ein Remis anstrebt, wird diese Taktik aufgehen, wenn man denn mit einem Unentschieden zufrieden ist. Gegen Kramnik ist ein Remis zuweilen schon ein halber Sieg. Sein Kontrahent Judasin hatte im heutigen Rätsel der Sphinx zu einer dritten Alternative gegriffen. Er wählte eine Variante, die äußerst selten in Turnierhallen vorkommt. Doch die Hoffnung, Kramnik auf unbekannten Wassern überraschen zu können, erwies sich als Bumberang. Die Gesetze der Schachkunst gelten eben auch in einem fremden Universum. Also, Wanderer, Kramnik mit Schwarz blies zum entscheidenden Angriff.



SCHACH-SPHINX/06574: Unberechenbarer Wladimir Kramnik (SB)

Judasin - Kramnik
Wijk aan Zee 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Was ein Mensch früh lernt, das hat Bestand, das Späte ist immer nur ein Flickenteppich. Der junge Etienne Bacrot hatte seine Lektion jedenfalls gelernt. 1...Sb8-d7?! wurde mit 2.Se5xf7! Ke8xf7 3.Lc4xe6+ Lf5xe6 4.De2xe6+ Kf7-g6 5.Sc3-e2 bestraft. In den Blick des jungen Franzosen mischte sich Verständnis. Er gab auf, weil das drohende 6.Se2-f4+ das Matt in Kürze erzwungen hätte.


Erstveröffentlichung am 27. Mai 2005

24. Mai 2018


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