Man lernt es bereits als Anfänger in jeder Schachfibel: Hüte die Felder f2 und f7 wie deinen Augapfel. Sie sind die schwächsten auf dem Brett. Der Novize lernt es und wendet sich dann dem Studium der Großmeisterpartien zu. Nach und nach kommt ihm dann doch Verwunderung an. Seltsam, denkt er sich, daß gerade die großen Bildhauer aller Theorie sich so häufig gegen ihre eigenen Lehrsätze versündigen. Man müßte doch annehmen können, daß Meister Sokolow seine Lehrjahre mit Auszeichnung durchwandert hat. In Brüssel 1992 schien er jedoch in den Atavismus seiner schachlichen Kinderjahre zurückgefallen zu sein, als er gegen seinen indischen Kontrahenten Viswanathan Anand bereits nach nur 16 Zügen Tür und Tor zu einem Mattangriff öffnete, eben weil er seinen schwachen Fleck auf f7 beschämend ungeschützt gelassen hatte. Man siehe hin, jawohl, nur der König deckt die Achillesferse, und er wird es dann auch sein, der im heutigen Rätsel der Sphinx auf dem Felde g5 sein Grab finden wird. Nun, Wanderer, an dich die Frage: Wie wurde er dorthin getrieben?
Anand - Sokolow
Brüssel 1992
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Wenn eine Figur für eine andere die Pflicht übernimmt, Deckungsarbeit
zu leisten, ist sie bekanntlich für jede Störung anfällig, um so mehr,
wenn sie ein Grundreihenmatt abdecken muß. So kam denn Meister Pytel
mit 1...Dh5-f3! zu einem raschen Sieg, weil er genau in diese Kerbe
schlug. 2.Dc3xf3 hätte es nun kurz gemacht: 2...Te5xe1# Zäher wäre
zwar 2.Sf2xh3 Df3xc3 3.b2xc3 Te5xe1+ gewesen, doch die dritte
Alternative war schmerzloser. Lederman gab lieber auf, als sich im
Endspiel mit einer Qualität weniger aufreiben zu lassen.
Erstveröffentlichung am 17. Juni 2004
11. Juni 2017
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