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SCHACH-SPHINX/06141: Gedankenhysterie (SB)


Man tut gut daran, jeden Zug doppelt zu überprüfen. Noch besser ist, sich zu erheben und eine Runde durch den Saal zu drehen, ehe man ans Brett zurückkehrt und seinen nächsten Zug ausführt, zumal in schwierigen Stellungen. Der Grund für diese Vorsichtsmaßnahme ist denkbar einfach. Hat man sich in ein Problem gewissermaßen mit all seinen Gedanken hineingefressen, so ist die Gefahr des Starrsinns außerordentlich groß. Man sieht dann Dinge im Kopf, die klaren Blickes auf dem Brett gar nicht vorhanden sind. Die Figuren führen intriganterweise ein gespenstisches Eigenleben, suggerieren Zugfolgen, die, ausgeführt, zu Katastrophen und Figureneinstellern führen würden. Selbst Großmeister sind gegen solche Gaukeleffekte nicht gefeit. Da wird ein Bauer vorgeschoben, der die Linie zur ungedeckten Dame freilegt und im Handumdrehen ist die Partie verloren. Sogar Fälle von doppelter Schachblindheit sind bekannt. Auf einen Riesenpatzer folgt dann ein noch größerer Reinfall des Kontrahenten; dies, weil sich beide Seiten im Verfolgen ihrer Pläne in einen Zustand der Gedankenhysterie hineingesteigert haben. Langschweifige Pläne sind ja noch vertretbar, aber bitte ohne den doppelten Boden des Wunschdenkens! Im heutigen Rätsel der Sphinx leistete sich der dänische Großmeister Bent Larsen ein Blackout, als er zuletzt 1.Sc3- e4? spielte. Er hatte dabei eine primitiv-einfache Widerlegungs- Zugfolge übersehen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06141: Gedankenhysterie (SB)

Larsen - Dolmatow
Amsterdam 1980

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Einen Zug wie aus dem Jungbrunnen ewiger Kreativität fand Nigel Short mit 1...Dg5-g2!! In der Folge sah sein Kontrahent Seirawan dagegen regelrecht "alt" aus: 2.Ta1xa3 Dg2-h1+ 3.Se2-g1 Dh1xg1+ 4.Ke1-e2 Dh1- g2+ 5.Ke2-e1 Dg2-g3+! 6.Ke1-e2 Sc5-e4! 7.Dd1-d3 Dg3-g2+ 8.Ke2-e1 Le6xd5 9.c4xd5 Dg2-g1+ 10.Dd3-f1 - 10.Ke1-e2 Se4-g3+ nebst Damengewinn - 10...Dg1-e3+ und Weiß gab auf, weil er nach 11.Df1-e2 De3-c1+ 12.De2- d1 Dc1xa3 13.Lc3xe5 Se4xd6 eine Figur weniger gehabt hätte.


Erstveröffentlichung am 24. März 2004

16. März 2017


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