Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/05970: Österreichischer Gemüts-Dickhäuter (SB)


Als Redakteur der 'Wiener Schachzeitung' hatte sich der österreichische Meister Georg Marco die Anerkennung seiner Zunftbrüder bestens verdient. Seine fesselnde Berichterstattung, sein konkreter, das Wesentliche aus dem Dunst des Nebensächlichen herausarbeitender Schreibstil trug dazu bei, daß die Schachkunst von vielerlei Blickwinkeln porträtiert und auch diagnostiziert wurde. Dennoch war Marco in vielen Dingen ein wenig zu schwerfällig, was zwar nicht immer ein Fehler war, oft jedoch zu kuriosen Verspätungen führte, wie sein Mitstreiter Josef Krejcik in amüsanter Erinnerung zu erzählen wußte: "Das Hauptleben im Klub, wenn kein größeres Ereignis stattfand, konzentrierte sich um den Tisch, an dem Meister Marco unter einem Berg von Büchern, Zeitungen und Manuskripten seine Partien für die von ihm herausgegebene 'Wiener Schachzeitung' glossierte. Wer nur einmal beobachtete, wie jeder Hinzutretende mit Marco einen endlosen, mit blumigen Wendungen der Sprache gewürzten Dialog über die unmöglichsten Dinge der Welt führte, der fand es gar nicht absonderlich, daß die 'Wiener Schachzeitung' stets verspätet erschien, zu Doppel- und Triplenummern gezwungen war, so daß die Konkurrenz über die 'Wiener Schachjahrbücher' spöttelte. Der fand auch nichts weiter daran, wenn Marco im Novemberheft 1908 über ein Ereignis vom April 1909 berichtete. Kommende Forscher werden freilich darüber Kopf stehen. Daß das Novemberheft 1908 eben erst im Mai 1909 erschien, auf das ist schwer zu kommen." Ein anderer Kollege, Meister Tartakower, hatte Marco in Anspielung auf dessen erpichte Detailbesessenheit "Bruder Bombasticus" und "Dick-, Weit- und Breitmeister" bezeichnet. Einmal jedoch, es war 1902 beim Turnier in Monte Carlo, legte Marco seine wühlmausartige Neigung ab und gab die Stellung im heutigen Rätsel der Sphinx prompt verloren. Haareraufend erkannte er später, daß er mit einem prachtvollen Zug sogar hätte gewinnen können. Also, Wanderer, was übersah der Gemüts-Dickhäuter Marco?



SCHACH-SPHINX/05970: Österreichischer Gemüts-Dickhäuter (SB)

Popiel - Marco
Monte Carlo 1902

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der weiße König als Diener eines mächtigeren Herrn: 1...Tc8xc3! 2.Dd2xc3 Da5xa2+ 3.Kb1-c1 Te8-c8 4.Dc3-e3 Le6-b3 5.Lf1-d3 Da2-a4 - mit der Doppeldrohung 6...Lb3xc2 und 6...Sf6xg4 - 6.Ld4-c3 Tc8xc3! 7.b2xc3 Sf6-d5! 8.e4xd5 Lg7xc3 und das Matt war nicht zu verhindern.


Erstveröffentlichung am 06. Oktober 2003

26. September 2016


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang