Das Denken im Sinne des Vergleichs kann einen Schachmeister zuweilen um die Früchte seiner mühevollen Arbeit bringen. So geschah es in einer Partie zwischen dem schwedischen Meister Schüssler und seinem Kontrahenten Murey aus Israel, daß Weiß, um einen Bauern ärmer, aus Furcht, im Endspiel chancenlos zu stehen, partout auf Bauernrückgewinn spielte, anstatt der höchsten und edelsten Regel des Königlichen Spiels Rechnung zu tragen, nämlich dem Mattsetzen des gegnerischen Königs. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Schlüssler zuletzt bescheiden, fast schon demutsvoll 1.Te3-e1 gezogen. Beide einigten sich postwendend auf ein Remis, und so verspielte der Schwede einen Siegpunkt für sein Team. Dabei stand er weder unter Zeitnot, noch erzwangen andere Begleitumstände diesen krassen Fall von Schachmattblindheit. Das Denken an die Endspielrente ließ ihn die Rendite des Sieges verschmähen. Dabei lag das Matt nur vier Schritte entfernt und jeder nur halbwegs gebildete Laie wäre der ins Auge springenden Spur sofort gefolgt. Nun, Wanderer, des Menschen Frucht und Kleinmut sind zuweilen die eigentlichen Geister, die ihn in Banden halten. Wie hätte Meister Schüssler also ohne Risiko gewonnen?
Schüssler - Murey
Olympiade 1980
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Portisch brach mit seinem Springer 1...Sd4-f3! in die weiße Stellung
ein, so daß die Drohung Th8-h2# die folgenden bequemen Schritte zum
Sieg fast schon erzwang: 2.Tf1xf3 g4xf3+ 3.Kg2xf3 Th8-h1 4.Kf3-g2 Th1-
d1 5.Sa3-c4 Ke8-d7 6.Sc4-e3 Td1-e1 7.Se3-f1 Lg7-d4 8.c2-c3 Ta8-c8!
9.Ta1-b1 Se7-g6 10.Sf1-d2 und Weiß gab gleichzeitig auf.
Erstveröffentlichung am 23. Mai 2003
09. Mai 2016
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