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SCHACH-SPHINX/05614: Chamäleon der Anbiederei (SB)


Nur aus dem versteckten Blickwinkel der Moral heraus läßt sich über den ehemaligen Weltmeister Alexander Aljechin das Urteil fällen, er sei ein Chamäleon der Anbiederei gewesen. Gewiß, er verstand zu überleben, egal unter welchem Regime. Ob rote Revolutionäre oder braune Herrenmenschen, er arrangierte sich mit allen Couleurs, wechselte das Hemd zu jeder Gesinnung und hielt bloß dem Gott Mammon die Treue. Nach der russischen Oktoberrevolution wurde er in einem Kaffeehaus in Odessa verhaftet. Schließlich war er unter dem Zaren einst Gardeoffizier gewesen. Man könnte ihm nun den Vorwurf machen, er habe seine Haut gerettet, indem er für die Sowjets arbeitete. Daß er später nach Paris floh und sich mit den Nazis gutstellte, ist ihm weiterhin als menschlicher Makel angekreidet worden. Er habe kein Rückgrat, keinen Funken Anstand gehabt und sei überhaupt ohne moralisches Empfinden für die Zeit gewesen. Aljechin - ein Kriecher also, einer, der seine Ideale verriet, sofern er je welche besessen hatte? Hätte er denn den Märtyrertod sterben müssen, um im Sinne der Moral anerkannt zu werden. Es ist leicht, von oben herab über Menschen zu urteilen, die ins Kreuzfeuer feindseliger Entwicklungen gerieten und tun mußten, was sie taten, um zu überleben. Alle Tatenlosen sind Kollaborateure, wenn es danach ginge. Welcher Spötter will sich da leisetreterisch aus seiner eigenen Verantwortung stehlen, indem er sich zum Zeigefinger macht. Leicht ist es, anderen Feigheit vorzuwerfen, wenn sie nicht mehr imstande sind, dem Moralisten den Spiegel entgegenzuhalten. Im heutigen Rätsel der Sphinx kam es zur Begegnung zwischen Aljechin und Grünfeld. Die Frage an dich, Wanderer: Wie durchbrach Aljechin die schwarze Blockadestellung?



SCHACH-SPHINX/05614: Chamäleon der Anbiederei (SB)

Aljechin - Grünfeld
Semmering 1926

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Wunde brannte lange in Anderssens Erinnerung, denn nach 1...Kg8- f7?? setzte er sich gewissermaßen selbst Matt mit 2.Dc6-e8#


Erstveröffentlichung am 20. Oktober 2002

01. Oktober 2015


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