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SCHACH-SPHINX/05442: Am Rande der Existenz (SB)


Millionenschwer werden die wenigsten schachspielenden Meister, und wenn sie es dann doch irgendwann sind, dann sicherlich nicht durch das Schach. Die Kunst ernährt ihre Kinder schlecht. Am Rande der Existenz, unter sich Abgründe, links und rechts unerklimmbare Felshöhen, so wandert der Schachmeister, der sich als Künstler und Profi durch die Unwägbarkeiten der Berufswelt schlagen möchte, auf einem schmalen Pfad in die Finsternisse hinein. Eng ist der Gürtel, der die Lenden umschließt. Einer der wenigen, letztlich die Regel bestätigenden Ausnahmen war der amerikanische Großmeister Arthur Denker, der entsprechend seinem Namen, sich eines Tages auf den Hosenboden setzte und darüber nachsann, wie er es zu etwas bringen konnte. Bis dahin war er amerikanischer Champion gewesen, hatte Turnier auf Turnier gewonnen. Als Besitzer einer Fleischerei hatte er sich ein kleines Kapital angehäuft. Also verließ er die Arenen der denkenden Brut und widmete sich einem anderen kalkulatorischen Gebiet. Lange Zeit sah und hörte man nichts von ihm. Amerikanischen Meistern scheint es in die Wiege gelegt zu sein, früher oder später aus den Augen der Öffentlichkeit zu verschwinden. Man denke nur an Paul Morphy und Bobby Fischer. Als Denker im hohen Alter wieder in Erscheinung trat, lagen auf seinem Bankkonto mehrere Millionen. Sein feines Schachgespür hatte er nämlich an der Börse gewinnbringend einsetzen können. Das heutige Rätsel der Sphinx stammt aus dem Radiokampf USA gegen UdSSR, wo Denker gegen den russischen Matador Michail Botwinnik antrat. In der Diagrammstellung griff Denker nun jedoch mit 1...d5xe4? fehl. Statt nämlich stumpfsinnig 2.Ld3xe4 zu entgegnen, fand Botwinnik eine kleine nette zweizügige Kombination, die ihm eine positionell einwandfreie Gewinnstellung einbrachte. Kannst du den Fehler des amerikanischen Denkers widerlegen, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05442: Am Rande der Existenz (SB)

Botwinnik - Denker
Radiomatch 1945

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Neidlos erkannte der jugoslawische Meister Ivkov an, von seinem russischen Kontrahenten Waganjan durch 1.Tc2xc5! Tc8xc5 2.Dd5xc5! hinters Licht geführt worden zu sein und kapitulierte, denn nach 2...d6xc5 hätte 3.Le3xc5+ mehr Material gekostet, als ihm lieb sein dürfte.


Erstveröffentlichung am 03. Mai 2002

12. April 2015


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