Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/05340: Ob Elefant, Narr oder Bischof (SB)


Die Geschichte der Schachfiguren ist ein Mysterium für sich. Mit ihrer ursprünglichen Gangart aus dem alten arabischen Schach sind ohnehin nur noch der Turm und der Springer authentisch zu nennen. Die anderen Figuren wurden teils in Gestalt, stets aber in ihrer Bewegungs- und Wirkweise dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. Den kuriosesten Wandlungsaprozeß auf dem Brett durchlief freilich der Läufer. Bei den Arabern und Persern hieß er noch 'fil', die Franzosen hingegen machten aus ihm einen Hofnarren. Zwischen König und Königin konnten sie sich eben, anders als die Engländer, keinen anderen Würdenträger vorstellen. Die Geschichte der englischen Monarchie machte aus dem arabischen 'fil' nämlich den Bischof, die dritte Macht der Geistlichkeit. Im Verlauf der Geschichte hat zumal der Läufer eine große Bandbreite an Charakteren durchschritten. So nannten Rabelais um 1550 und andere französische Autoren den Läufer auch 'Archer', was sich von Arciero - Bogner, Schütze - herleitet. Was wunder also, daß er in einigen angelsächischen Werken ebenjene Bezeichnung erhielt. Auch Selenus wählt um 1616 das Wort 'Schütz' für den Läufer. Den Hauch des Kanzleideutschen atmete dagegen die von Colonna ersonnene Bezeichnung 'Secretair', während Gutsmuths die beiden Läufer mit martialischem Tenor die Adjutanten des Feldherrn nennt. Wir sehen also, daß die Figur des Läufers wegen der mangelnden Möglichkeit eines direkten Kulturtransfers, schließlich stellte der 'fil' im Indischen einen Elefanten dar, über viele Etappen wandern mußte, um schließlich zu einer Art Botenjunge oder Kurier zu werden. Aber nun genug der Geschichtsduselei und zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx, darin Meister Terko mit den schwarzen Steinen am Zuge in wenigen Zügen mattsetzen konnte. Also, Wanderer, ob fil, Narr oder Bischof, Terkos weißfeldriger Läufer spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle in diesem Matt-Finale.



SCHACH-SPHINX/05340: Ob Elefant, Narr oder Bischof (SB)

Mäkinen - Terko
Finnland 1982

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Die weiße Stellung war kornreif zur Ernte bereit und die Sense kam mit dem schwarzen Damenzug 1...Dc7-b6!!, worauf Meister Martens sofort die Waffen streckte, und gar nicht einmal zu früh, denn es drohte nicht nur Damentausch nebst Lc6xe4, sondern auch Db6xb2. Völlig indiskutabel war natürlich die Annahme des Opfers mit 2.Dd4xb6, worauf der weiße König nach 2...Lc6xe4 den Mattschlingen nicht mehr entkommen konnte, zum Beispiel 3.Ta1-e1 Tg2-g1# oder 3.Sf5-g3 Tg2xg3+ 4.Tf1-f3 Le4xf3# Versagt sich Weiß jedoch den Damengewinn und zieht sogleich 2.Ta1-e1, so hilft dies nicht viel, weil nun nach 2...Db6xb2 gegen das Matt auf h2 kein Kraut gewachsen war.


Erstveröffentlichung am 26. Januar 2002

31. Dezember 2014





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang