Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/05323: Aussöhnung mit dem Krieg (SB)


Zu allen Zeiten hat es Schachfreunde gegeben, die um alles in der Welt beweisen wollten, daß das Schach die Symbolisierung einer Versöhnung mit dem Kriegshandwerk darstelle, daß der Lenker der Schlachtfelder im Schachspieler mit weniger Grimm und lauerndem Blutvergießen zur Welt gekommen sei, daß der Krieg unter den Menschen wie ein Spiel zu handhaben wäre. Man könnte darin fast schon jene Tugend vermuten, die sich in allen Weisheitslehren in die Robe purpurner Heiligkeit kleidet. Es ist dies der Glaube an den guten Menschen, an den sittsam herangereiften, jenen, der das Messer aus der Hand legt und Gedichte schreibt, dessen Augen nicht immer nur den Feind reflektieren, sondern im anderen den gleichgesinnten, gleichwertigen Menschen erblicken. Das Schachspiel also als eine kulturgeschichtliche Referenz für den zur Friedfertigkeit geläuterten Geistesmenschen. Der Wunsch zur Vermeidung eklatanter Widersprüche war wohl auch hier der Vater des Gedankens, und wenn Aegidius Albertinus im Jahre 1603 in seinem in München erschienenen Buch "Der Zeitkürzer" mit rhetorischem Echo fragt: "ob das Schachspiel zulässig seye?" und augenblicklich im Schwunge eines großen Lobes antwortet: "Fast alle Spiel sind schädlich und ärgerlich, aber das Schachspiel ist rühmlich und nutzlich. Denn wer den Schach hat erfunden, der hat ein Model gemacht der Kriegskunst." Vieles hat man dem Schach angehängt. Plattes Spiel sei es, kosmische Spiegelung, philosophische Wesensschau, aber das Schachbrett als ein verkleinertes Schlachtfeld? Alles, was recht ist, aber Anerkennung braucht das Schachspiel von den Kriegsleuten nun wirklich nicht, auch wenn es in der Partie zwischen Kavalek und Andersson durchaus turbulent zuging. Im heutigen Rätsel der Sphinx stand Kavalek mit den weißen Steinen vier Züge vor dem Sieg, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05323: Aussöhnung mit dem Krieg (SB)

Kavalek - Andersson
Washington 1978

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Daß Kasparow die Springerkapriole 1.Sd4-f5+! übersah, war mehr als nur wunderlich, aber offenbar hatte er Short glattweg unterschätzt. Jedenfalls gab Kasparow sogleich auf, ohne sich die plausible Folge 1...e6xf5 2.e4xf5+ Ke7-d6 3.Dh4xf6+ Kd6-c7 4.Df6-b6+ Kc7-d8 5.Db6-b8# zeigen zu lassen.


Erstveröffentlichung am 10. Januar 2002

14. Dezember 2014





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang