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SCHACH-SPHINX/04563: Auch Hoffnung hat ihre Ironie (SB)


"In der einen Hälfte des Lebens opfern wir unsere Gesundheit, um Geld zu erwerben", so der französische Philosophenkönig Voltaire, denn er erkannte: "In der anderen Hälfte opfern wir das Geld, um die Gesundheit wieder herzustellen." Fein gesprochen, artig und adrett. Schließlich sollte der Existenzialismus ja erst zwei Jahrhunderte später das Licht dieser widersprüchlichen Welt erblicken. Worin sich Voltaire jedoch nicht irrte, war, daß ein Schaden durch den anderen erkauft wird. Man lese nur seinen 'Candide', um die Ironisierung der besten aller möglichen Welten zu verstehen. Das Werk verdient das Prädikat "höfisch brillant"! Auch in der Schachkunst scheint man zuweilen nach dieser Losung zu verfahren. Raumgewinne auf dem einen Flügel auf Kosten der Enge auf dem anderen. Werfen wir dazu einen Blick auf das heutige Rätsel der Sphinx: Meister Kudrin hatte die eine Hälfte des Spiels damit verbracht, auf dem Damenflügel Kapital zu sammeln, während sich sein Kontrahent Polugajewsky an der anderen Seite schadlos hielt. Als Kudrin nun erkannte, daß er im Alter auf der Königsseite gebrechlich geworden war, kam ihm der Gedanke einer Schadensbegrenzung mit 1...Ld7-b5, aber wie jeder Grund ist auch der Boden der Vergeblichkeit ziemlich hart, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/04563: Auch Hoffnung hat ihre Ironie (SB)

Polugajewsky - Kudrin
New York 1989

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Lust und Wehe Hand in Hand, die Neuauflage eines alten Themas in der Partie zwischen Mues und Reinhardt: 1.a2-a3 Lb4xd2+ 2.Lc1xd2 Se4xd2 3.Sf3xd2 Td8xd2! 4.Ke1xd2 Dc7-e5! Ei, nun kam der Schmerz, denn 5.Da4- b5 scheiterte an 5...Th8-d8+ 6.Kd2-e1 Sc6-d4! oder 6.Kd2-c1 Sc6-d4!, weswegen sich der weiße König mit 5.Kd2-e1 sogleich in sein Schneckenhaus zurückzog, was ihm jedoch nicht viel nützte, denn nach 5...De5xb2 6.Ta1-d1 Lf5-c2 oder 6.Da4-d1 Db2-c3+ wäre es ohnehin Zeit zum Aufgeben gewesen.


Erstveröffentlichung am 02. Januar 2001

14. November 2012





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