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SCHACH-SPHINX/04557: Tyrannische Zahl (SB)


Seit 1970 gibt es im Turnierschach die Wertungszahl Elo. Eine nette Erfindung, mag man im ersten Augenblick denken, jetzt wisse jeder, wie stark dieser oder jener Großmeister wirklich spiele. Das Ganze hat jedoch einen Teufelsfuß. Hinter Zahlen, Maßstäben und Vergleichen, im Grunde nur ein modernes Verwaltungssystem, verschwindet der Schachspieler völlig und wird zu einem Abstraktum. In der Presse tauchen dann Sensationsmeldungen auf wie Meister Soundso hat den Großmeister Etcetera besiegt, und das trotz des immensen Elo- Unterschieds. Eine Farce, über deren Billigkeit sich die wenigsten klarwerden. Die Elozahl mißt nach einem bestimmten Schlüssel ja lediglich das Abschneiden der Spieler auf Turnieren. Am Brett sitzen sich jedoch Menschen gegenüber, die Launen, Unbeständigkeiten, privaten Zerwürfnissen ausgesetzt sind. Mehr oder weniger stark schwanken also auch ihre Leistungen. In früheren Tagen besaß jeder Meister ein bestimmtes Renommnee, das er sich verdient hatte durch sein Engagement, seinen Charakter und die Art, wie er sich in der Öffentlichkeit präsentierte. Die Elozahl 2645 dagegen ist stumm, nichtssagend, inhaltsleer. Sie verrät nichts über die Eigenheiten, Tragödien und Werdegänge dieses Menschen. Es ist bedauerlich, daß infolge dieser Kodierung das schleichende Gift der Entfremdung tiefere Gräben zwischen den Menschen geschaffen hat als jemals zuvor. Nicht das Individuum, sondern die gestiegene Austauschbarkeit dominiert das Feld. Im heutigen Rätsel der Sphinx wurde der kapriziöse Aaron Nimzowitsch das Opfer seiner eigenen Schrullen. Er hatte die Partie gegen Alexander Aljechin etwas zu verschroben behandelt und sich nach und nach in eine fast schon tragikomische Situation hineinmanövriert. Aljechin, mit Weiß spielend, beendete die Agonie mit einer kleinen taktischen Wendung. Also, Wanderer, kurz und bündig ging es zu!



SCHACH-SPHINX/04557: Tyrannische Zahl (SB)

Aljechin - Nimzowitsch
San Remo 1930

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Und Tal trank Drachenblut, nachdem Larsen 1...Dc7-c4 gezogen hat. Der Rigaer Meister verblüffte den Dänen und das Publikum mit 2.Dd4-b6!! Die Drohungen ließen sich kaum aufzählen. Larsen, völlig überspielt, zog noch 2...Sd1-f2, doch nur, um sich nach 3.Lf3-c6+! Lc8-d7 4.Lc6xd7+ Ke8xd7 5.Db6-b7+ Kd7-d8 6.Db7xa8+ Dc4-c8 7.Da8-a7 geschlagen zu geben.


Erstveröffentlichung am 31. Dezember 2000

08. November 2012





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