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SCHACH-SPHINX/04461: Ende der Legende (SB)


Lange Jahre hatte José Capablanca am Mythos seiner Unbesiegbarkeit gearbeitet, und in der Tat gegen das grundsolide, ja kreuzverflixte Spiel des Kubaners hatte mehr als 25 Jahre lang keiner seiner Großmeisterkollegen eine erschütternde Antwort parat. In Havanna 1921 hatte Capablanca Emanuel Lasker den Königstitel abgenommen. Es schien, als sollte er diesen mit ins Grabe nehmen, denn ernsthafte Konkurrenten waren nicht in Sicht. Marshall, Nimzowitsch, Vidmar - kleine Fische verglichen mit der Haifischflosse Capablancas. Doch da war noch ein anderes Licht in der Finsternis seiner möglichen Herausforderer: Alexander Aljechin. Sein Manko war allerdings, daß Aljechin bis zum Tauziehen mit dem Kubaner in Buenos Aires 1927 noch keine Partie gegen den damaligen Weltmeister gewonnen hatte. Wie sollte also so ein "Habenichts" gegen den leuchtenden Stern Capablancas auch nur das Zipfelchen einer Chance haben? Doch Aljechins dämonische Natur, also sein Ehrgeiz, der solange nach Schwachstellen in Capablancas Spiel forschte, bis er sie entdeckte und zum Schwert schmiedete, halfen ihm dabei, den unbesiegbaren Capablanca zuletzt mit 18,5:15,5 bei 25 Remisen vom Thron zu kippen. Capablanca hat diesen Sturz lange Jahre nicht verkraftet, und später wuchs eine neue Generation von Spielern heran, deren tiefer Kenntnis der Schachtheorie Capablanca nicht mehr gewachsen war. Auf der Schacholympiade 1939 in Buenos Aires spielte Capablanca seine letzten Partien, und noch einmal konnte er an den alten Ruhm anknüpfen. Für die Partie gegen den für Israel spielenden Moshe Czerniak wurde ihm der Sonderpreis zuerkannt, doch der Ausbruch des 2. Weltkrieges verhinderte die Verleihung. Capablancas großes Talent war noch einmal zutage getreten. Charmant war nach einem wilden Scharmützel die Stellung zwei Züge vor der Aufgabe. Sie zeigt Capablancas ganzes Spielkonzept: einfache, weitgehend verwicklungslose Stellungen, in denen der Sieg mit feinen Positionsmanövern errungen wird. Also, Wanderer, was antwortete Capablanca auf 1...Se6-d4 im heutigen Rätsel der Sphinx?



SCHACH-SPHINX/04461: Ende der Legende (SB)

Capablanca - Czerniak
Buenos Aires 1939

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Mit 1...La5-d2! wickelte Kasparow in ein Endspiel ab, in dem seine beiden Türme der weißen Dame haushoch überlegen waren: 2.h2-h3 h7-h6 - Luftloch muß sein - 3.Dc8-c4 Ld2xc1 4.Dc4xc1 Tb2xf2 5.Dc1-c7 a7-a6 6.Dc7-a7 Tf2-f6 7.a3-a4 Tf8-d8 8.a4-a5 Td8-d1+ 9.Kh1-h2 Td1-d2 10.Da7- b8+ Kg8-h7 11.Db8-b4 Tf6-f2 und Weiß gab das hoffnungslos unterlegene Spiel auf.


Erstveröffentlichung am 01. Dezember 2000

03. August 2012