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SCHACH-SPHINX/04383: Handwerker des Wissens (SB)


Turnierschach und wissenschaftliches Schach gehen nicht immer denselben Weg. Das Turnier favorisiert den Sieger, erkennt nur Punkte an und hat sonst eine geringe Meinung von künstlerischen Ambitionen. Sport mißt sich immer am Erfolg. Ein anderer Maßstab ist ihm fremd. Anders ist es um ein Schach bestellt, das sich auf eine wissenschaftliche Basis stellt. Hier wird nicht der Lorbeerzweig des Sieges gefeiert, sondern das Problem der Entfaltung der Stellungsbilder, ihr dynamischer Impuls und die Richtung der Figurenkräfte in aller Gründlichkeit erforscht. Das Fernschach ist solch ein Mittel zur Wissenschaftlichkeit. Dann wird er Abstand nehmen vom schnöden Eifer des Erfolgsstrebens und seine Frage in einem nüchternen und auch höheren Anspruch stellen. Hermann Heemsoth ist zeit seines Lebens diesen Weg gegangen. Ihn interessierten nicht Titel und Platzierungen. Heemsoth war ein Handwerker des Wissens. Nie genügte es ihm, Partien lediglich zu gewinnen, er wollte stets einen Blick in das Innere einer Stellung werfen, wollte die Kräfte verstehen, die Kausalität und Zufall wie verfeindete Lager trennen. Zufall war ihm auch ein Sieg, der sich auf einen Fehler des Kontrahenten stützte. Solche Ergebnisse hatten nur geringen Wert. Sie waren Beiwerk, ein unbedeutender Meilenstein am Wegrand. Nie verwechselte er jedoch das Wesentliche mit dem Wahrscheinlichen. Im heutigen Rätsel der Sphinx wandte der 1919 in Bremen geborene Fernschachmeister die Bremer Partie an, und sein wissenschaftlicher Forscherdrang verhalf ihm dabei zu wichtigen Erkenntnissen. Sein sowjetischer Kontrahent Simagin ging nicht mit derselben Strenge an die Stellungsprobleme heran und so kostete ihm sein letzter Zug 1...Db7-d7? Material, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/04383: Handwerker des Wissens (SB)

Heemsoth - Simagin
Länderkampf 1957

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der Franzose Kouatly hätte sich mit 1...Sf6xe4? lieber nicht auf einen Veitstanz mit Sleipnir einlassen sollen. Offenbar hatte er nur mit der Erwiderung 2.Sd4xe6 f7xe6 3.Td1xd8 Se4xg5 4.Td8xf8+ Le7xf8 gerechnet, wobei er mit drei Leichtfiguren für seine Dame in ausreichendem Maße entschädigt worden wäre. Allein, Ligterink kannte sich in der kaum erforschten Eröffnung besser aus und erzielte mit 2.Sd4-c6! Se4-c3!? 3.b2xc3 Sb8xc6 4.Td1xd8 Tf8xd8 5.Lg5xe7 Sc6xe7 einen deutlichen materiellen Vorteil, der nach 6.Lc4-d3 Se7-d5 7.De2-e4 Sd5-f6 8.De4-h4 h7-h6 - nötig wegen der Drohung 9.Ld3xh7+! - 9.f2-f4 h6-h5 10.Tf1-f3 Td8-d5 11.Tf3-g3 Kg8-f8 12.Tg3-g5 b7-b5 13.Dh4-g3 g7-g6 14.Tg5xd5 Sf6xd5 15.f4-f5! g6xf5 16.Dg3-d6+ Kf8-g7 17.Ld3xf5 Lc8-b7 18.Lf5-e4 Ta8-c8 19.Dd6-e5+ Kg7-f8 20.De5xh5 Kf8-e7 21.Dh5-g5+ Ke7-d6 22.h2-h4 f7-f5 23.Le4-f3 Kd6-e5? - Fehler in verlorener Stellung - 24.Dg5-g7+ zum Sieg führte.


Erstveröffentlichung am 05. November 2000

17.‍ ‍Mai 2012