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SCHACH-SPHINX/02688: Unliebsame Grauzone des Denkens (SB)


Es kommt nicht häufig vor, daß ein Großmeister bereits innerhalb der ersten zehn Züge strategisch überspielt wird und dann nach kaum zwei Dutzend Zügen kapitulieren muß. Vermutlich hat jeder von ihnen irgendwann einmal in seiner Karriere diese Erfahrung gemacht, vielleicht sie mit Unwohlsein wegrationalisiert oder anderen Begleitumständen die Schuld dafür zugeschoben. Die Ausreden sind Legion und finden in der Sprache einen perfekten Widerhall. Wer möchte sich auch den Schuh anziehen und rundweg erklären, die strategischen Gesetze plötzlich einfach nicht mehr verstanden und wie weggetreten gespielt zu haben. Der Alltag des Menschen ist doch voll von solchen Zufallsentscheidungen, mag man sich auch noch so professionell in seinen Handlungskriterien dünken. Man stößt hier auf eine unliebsame Grauzone, einen Bereich des Geistes und Denkens, der nicht kontrolliert wird. Man taumelt und findet sich mit einemmal in einer Sackgasse wieder, aus der man nicht wieder herauskommt, zumindest nicht mehr in dieser Situation. Für den Schachmeister endet die Partie dann in einer empfindlichen Niederlage. Vielleicht fing an dieser Schwelle des Unverstandes und eigentlichen Begreifens der Grenzen und Reichweite menschlicher Vorausberechnung das eigentlichen Denken im Sinne eines ersten Schrittes in Richtung auf die unbewältigten Probleme erst an. Im heutigen Rätsel der Sphinx machte der argentinische Großmeister Quinteros eine Begegnung mit diesem Schattenreich. Also, Wanderer, wie konnte sein Kontrahent Timman mit Weiß den Sieg für sich verbuchen?



SCHACH-SPHINX/02688: Unliebsame Grauzone des Denkens (SB)

Timman - Quinteros
Mar del Plata 1982

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Statt mit offenen Armen in die Niederlage zu rennen, hätte Schwarz besser mit 1...a5-a4! 2.b3-b4 Sc5xe4! 3.Se2-c3 Lc8xg4! 4.Sc3xe4 Lg4xd1 5.Se4-f6+ Kg8-f8 6.Sf6xe8 Ta8xe8 7.Te1xd1 eine Figur opfern sollen. Wegen der zahlreichen Bauernschwächen wäre es Weiß schwergefallen, einen verwertbaren Nutzen aus seinem Mehrbesitz zu ziehen.


Erstveröffentlichung am 15. Mai 1999

27. Februar 2010