Schattenblick →INFOPOOL →REPRESSION → FAKTEN

INTERNATIONAL/102: Malediven - Amnesty kritisiert zunehmende Polizeigewalt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. September 2012

Malediven: Paradies mit Schattenseiten - Amnesty kritisiert zunehmende Polizeigewalt

von Zoha Arshad



Washington, 6. September (IPS) - Seit dem Sturz des Staatspräsidenten der Malediven, Mohamed Nasheed, am 7. Februar haben in dem Inselstaat Menschenrechtsverletzungen drastisch zugenommen. Zielscheibe sind vor allem Anhänger von Nasheed, wie aus einem neuen Bericht von 'Amnesty International' hervorgeht.

In dem für seine Strände und Hotels bekannten Urlauberparadies wurde der stellvertretende Bürgermeister der Hauptstadt Male, Ahmed Shah Rasheed, den eigenen Angaben zufolge von Polizisten zusammengeschlagen und mit dem Tod bedroht. In anderen Fällen seien Demonstranten über Stunden in verdreckte Hundekäfige gesperrt worden, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, eine Toilette aufzusuchen, so der Report vom 4. September.

Die Malediven, einer der wohlhabendsten Staaten in Südasien, wurden 30 Jahre lang von dem autoritären Machthaber Maumoon Abdul Gayoom regiert. 2008 unterlag Gayoom bei den Wahlen dem ehemaligen politischen Gefangenen Nasheed. Die Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und der Druck der Opposition führten jedoch im Februar zu Nasheeds Sturz. In der neuen Regierung unter Führung von Mohammed Waheed sitzen zahlreiche Unterstützer von Gayoom, darunter auch Verwandte.


USA schweigen zu Menschenrechtsverstößen

Am 30. August verbreitete das US-Außenministerium eine Mitteilung, die viele Menschenrechtsvereinigungen überraschte und schockierte. Darin heißt es: "Die USA begrüßen die Veröffentlichung des Berichts der unabhängigen Nationalen Untersuchungskommission über die Umstände, die zu der Machtübergabe am 7. Februar führten. Die Vereinigten Staaten loben die Co-Vorsitzenden der Kommission für ihre Durchsetzungsstärke sowie den Willen zu einer gründlichen und umfassenden Untersuchung."

In dem US-Presse-Statement heißt es weiter, die USA forderten die maledivische Bevölkerung dazu auf, die Erkenntnisse der Kommission zu respektieren, sich zu mäßigen, die Rechtsordnung zu befolgen und sich weiterhin auf friedliche Weise zu artikulieren.

Menschenrechtsorganisationen wiesen jedoch darauf hin, dass erst mit Nasheed zum ersten Mal seit 30 Jahren ein demokratisch gewählter Präsident ins Amt gekommen sei. Die Äußerungen des US-Außenministeriums bezeichneten sie als Rückschlag im Kampf der Malediven für Demokratie.

T. Kumar von der Amnesty-Sektion in den USA warf dem State Department vor, nicht erwähnt zu haben, dass Menschenrechtsverletzungen auf den Malediven zugenommen hätten. Er beschrieb mehrere Fälle von Polizeigewalt. Die amtierende maledivische Regierung sei offenbar nicht bereit, die Übergriffe zu verhindern und die Verantwortlichen zu bestrafen.


Pfefferspray gegen Demonstranten

Kumar zufolge sprühen Polizisten regelmäßig Pfefferspray direkt in die Augen von Demonstranten, hieben mit Stöcken auf deren Köpfe ein und verfolgten ihre Opfer bis in die Krankenhäuser, um sie dort weiter zu misshandeln. "Wenn die USA Menschenrechtsverletzungen nicht erwähnen und sich nur zu dem Putsch äußern, vermittelt dies den Maledivern den Eindruck, dass die Regierung tun und lassen kann, was sie will, ohne die Menschenrechte achten zu müssen."

Die Parlamentarierin Mariya Ahmed Didi, die Nasheed unterstützt, berichtete Amnesty, dass sie niedergeknüppelt und mit Pfefferspray traktiert worden sei. Im Krankenhaus habe sie gehört, wie uniformierte Polizisten auf Verletzte eingeschlagen hätten. "Als wir sahen, dass zwei Polizisten die Notaufnahme betraten, machten wir uns aus dem Staub."

Andere Zeugen berichteten der Menschenrechtsorganisation über ähnliche Vorfälle. Nach Ansicht von Kumar könnte eine entschiedene Stellungnahme der USA erheblich dazu beitragen, der Gewalt Einhalt zu bereiten. "Wenn die USA sprechen, sind andere Länder gezwungen, zumindest davon Notiz zu nehmen." (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.amnesty.org/en/news/maldives-report-exposes-violent-repression-opposition-supporters-2012-09-04
http://www.ipsnews.net/2012/09/report-details-rising-police-brutality-in-the-maldives/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 6. September 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2012