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LATEINAMERIKA/053: Kobia in Nicaragua (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 12. November 2008

Versöhnung bedeutet Veränderungen in der Gesellschaft, erklärte Kobia bei seinem Besuch in Nicaragua


"Um Versöhnung zu ermöglichen, müssen wir unsere Gesellschaft verändern", sagte Pfarrer Dr. Samuel Kobia, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), in Managua während seines Besuchs in Nicaragua vom 2. bis 5. November.

Der Besuch des ÖRK-Generalsekretärs bei den ÖRK-Mitgliedskirchen in Nicaragua war auch Anlass für ihn und eine kleine ökumenische Delegation, die Kirchen in Nicaragua als Zeichen ihrer Solidarität im Rahmen der Initiative "Lebendige Briefe [1] " (Teil der "Dekade zu Überwindung von Gewalt") zu besuchen.

Der Besuch fand kurz vor Kommunalwahlen statt, die aufgrund der starken politischen Polarisierung im Land als eine Art Referendum über die regierende Sandinista-Partei galten. Das gesellschaftliche Klima war zu der Zeit geprägt von wachsenden Spannungen und vereinzelten Gewaltausbrüchen. Nicaraguanische Kirchenverantwortliche und Vertreter/innen ökumenischer Organisationen äußerten ihre Sorge um Frieden und Versöhnung.

In seinen Predigten während ökumenischer Gottesdienste in Nicaraguas Hauptstadt Managua und in Puerto Cabezas an der Karibikküste hob Kobia den Einsatz der nicaraguanischen Kirchen für Versöhnung angesichts einer Geschichte hervor, die geprägt war von Jahrhunderten der "Gewalt und Wunden" - von der spanischen Kolonialherrschaft, über die Zeit der Somoza-Diktatur und während den darauf folgenden Befreiungskämpfen bis hin zu der "so genannten 'Kriegsführung niedriger Intensität' in den 80er Jahren".

Versöhnung, die keinen Aufwand scheut, "ist erreicht, wenn psychologische, soziale und politische Veränderungen in der Gesellschaft umgesetzt werden", sagte Kobia. Im Gegensatz zu "billiger Versöhnung" umfasse diese "teure Versöhnung" konstruktive Beziehungen, Vergebung und Gerechtigkeit.

Während Vergebung verlange, "die Vergangenheit loszulassen, um für die Zukunft weniger schmerzhafte Beziehungen aufbauen zu können", muss Gerechtigkeit mehr umfassen als nur die Strafmaßnahmen der Justiz. Es müsse eine "wiederherstellende Justiz" geben. Dies sei der einzige Weg, um mit Schuld und Erfahrungen von Gewalt und Unterdrückung umzugehen.

Teile des Programms der ökumenischen Delegation waren ein Theologieforum zu den Themen Ökumene und Überwindung von Gewalt in Zentralamerika, ökumenische Gottesdienste und Treffen mit Kirchenverantwortlichen, ökumenischen Organisationen und Vertretern und Vertreterinnen aus Gesellschaft und Politik.

In Managua wurde Kobia vom Martin Luther King Institut [2] der Polytechnischen Universität von Nicaragua der Martin Luther King Friedenspreis verliehen.

In seiner Ansprache anlässlich der Verleihung dieses Preises sagte Kobia, dass Religion und Glaube in unserer Welt zu Heilung und Versöhnung beitrügen. "Während religiöse Intoleranz in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten geführt hat, ist der interreligiöse Dialog heute eine wichtige Grundlage für die Entschärfung von Spannungen und für die Förderung von friedlichem Zusammenleben, auch in konfliktreicheren Gebieten", so Kobia.

Das Martin Luther King Institut, das in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiert, hat erheblich dazu beigetragen, dass die UN-Generalversammlung das Jahr 2009 zum Internationalen Jahr der Versöhnung erklärte.

Der Generalsekretär des ÖRK erhielt als Ehrengast der Hauptstadt Managua von Bürgermeister Dionisio Marenco die Schlüssel der Stadt überreicht.

Die kleine Delegation, die im Rahmen der Initiative "Lebendige Briefe" nach Nicaragua gekommen war, bestand aus Noemí Espinoza von der Christlichen Reformierten Kirche von Honduras und Stellvertretende Vorsitzende der ÖRK-Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten und Ashley Hodgson von der Brüder-Unität in Nicaragua und Mitglied der internationalen Referenzgruppe für die ÖRK "Dekade zur Überwindung von Gewalt [3] ".

In Vorbereitung auf die Internationale ökumenische Friedenskonvokation [4] 2011 in Jamaica werden bis 2010 jedes Jahr mehrere "Lebendige Briefe"-Besuche im Rahmen der ÖRK "Dekade zur Überwindung von Gewalt" in der ganzen Welt stattfinden.

ÖRK-Mitgliedskirchen in Nicaragua (auf Englisch):
http://www.oikoumene.org/?id=4739&L=2

Weitere Informationen über den Besuch in Nicaragua:
http://gewaltueberwinden.org/de/iepc/lebendige-briefe/nicaragua.html

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.

[1] http://gewaltueberwinden.org/index.php?id=5725&L=2
[2] http://www.upoli.edu.ni/index.php?index=D1
[3] http://gewaltueberwinden.org
[4] http://gewaltueberwinden.org/de/iepc


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Quelle:
Pressemitteilung vom 12. November 2008
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2008