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KIRCHE/854: Glocken mahnen zur Klimagerechtigkeit (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Nachrichten vom 15.12.09

Glocken mahnen zur Klimagerechtigkeit


Wie eine Welle ging das Glockenläuten der Kirchen um die ganze Welt und mahnte die zum UN-Klimagipfel in Kopenhagen versammelten politischen Verantwortlichen: Wir haben nur eine Erde, und wenn wir sie bewahren wollen, dann müssen hier und heute mutige Entscheidungen getroffen werden.

"Wir haben nur diese eine Welt, und wenn wir sie zerstören, dann bleibt uns nichts mehr", sagte Erzbischof Desmond Tutu auf der Pressekonferenz am 13. Dezember nach einem ökumenischen Gottesdienst zur Klimagerechtigkeit im Dom von Kopenhagen.

Tutu fasste die Botschaft der Kirchen an die Unterhändler und politischen Verantwortlichen auf dem UN-Gipfel zusammen: "Um Ihrer Kinder und Enkelkinder willen müssen Sie diese eine Welt, die wir haben, erhalten. [...] Was wir brauchen, ist eine rechtlich durchsetzbare, keine politischen Abmachung."

Ein solches Abkommen müsste beinhalten, dass sich die Industriestaaten verpflichten, ihre Kohlendioxidemissionen bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Ferner sollten sie den Entwicklungsländern mit jährlich 150 Milliarden US-Dollar helfen, deren eigene CO2-Emmissionen zu senken und sich den Auswirkungen des Klimawandels anzupassen.

Der ökumenische Gottesdienst, an dem Königin Margrethe II. von Dänemark sowie Mitglieder der dänischen Regierung, Teilnehmende am UN-Klimagipfel wie auch zahlreiche führende religiöse Persönlichkeiten teilnahmen, war eine Veranstaltung des Nationalen Kirchenrates in Dänemark in Zusammenarbeit mit DanChurchAid und dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK).

Der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, sprach in seiner Predigt darüber, dass Furcht die Vorwände diktiere, die zur Vermeidung der schwierigen und kostspieligen Entscheidungen, die der Klimawandel erfordere, herangezogen werden - "Entscheidungen, die tatsächliche Veränderungen bewirken".

"Wir sind an diesem kritischen Moment in der Menschheitsgeschichte als Gläubige zusammengekommen, [um zu sagen], fürchtet euch nicht", sagte Williams. So, wie die "Liebe Furcht überwindet", helfe sie auch, "die richtigen Entscheidungen für unsere globale Zukunft" zu treffen.

Um sicherzustellen, dass die Erde ein sicheres Zuhause für künftige Generationen ist, müssten heute einige Fragen gestellt werden, sagte Williams. Darunter: "Wie sähe eine gesunde und nachhaltige Beziehung zu dieser Welt aus?" und "Wie können wir internationale Institutionen einrichten, die sicherstellen, dass Ressourcen dahin gelangen, wo sie gebraucht werden?"

Glockengeläut als Mahnung

Am Schluss der ökumenischen Feier stellte der Domdekan Anders Gadegaard die Glockenläuten-Initiative vor. Gleichzeitig begannen um 15 Uhr Tausende von Glocken in Dänemark, Skandinavien und Mitteleuropa 350 Mal zu läuten. 350 bezieht sich auf 350 ppm (Teilchen pro Million), die nach Ansicht vieler Wissenschaftler die Höchstgrenze für eine ungefährliche Co2-Konzentration in der Atmosphäre ist.

Rings um den Globus [1] haben sich Kirchen dieser Initiative für Klimagerechtigkeit mit Gebeten und Glockenläuten angeschlossen. Sie begann in Fidschi im Südpazifik und setzte sich durch die verschiedenen Zeitzonen hindurch fort bis nach Kopenhagen und dann weiter nach Grönland und schließlich rings um die Erde zurück zum Pazifik.

Kirchenleitende Verantwortliche aus dem Pazifik und aus Grönland sprachen auf der Pressekonferenz in Kopenhagen über die Folgen des Klimawandels, die in ihren Regionen bereits spürbar sind.

Die Bischöfin von Grönland, Sofie Petersen von der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Dänemark, berichtete von den Auswirkungen für Fischer und Jäger. "Weil es inzwischen im Meer weniger Eis gibt, können die Jäger nicht mehr mit demselben Erfolg jagen gehen wie früher, und das bedeutet, dass es weniger Nahrung gibt", sagte sie.

Der Präsident der Kongregationalistischen Christlichen Kirche von Tuvalu, Pfarrer Tofiga Falani, erläuterte, dass in seinem Land, einem polynesischen Inselstaat mit acht bewohnten Atollen, kein Ort höher als 1,2 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Er appellierte an die reichen Länder, sich die Konsequenzen vor Augen zu führen, die ihre Entwicklung für die Menschen auf diesen niedrig gelegenen Atollen hat. "Wir wollen überleben", sagte Falani.

Eine halbe Million Menschen für Klimagerechtigkeit

Früher am Tag hatte Desmond Tutu Yvo de Boer, dem Generalsekretär des Sekretariats der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), eine Stoppuhr überreicht, die eine halbe Million Unterschriften für Klimagerechtigkeit symbolisierte.

Die Klimaveränderungen wirken sich am meisten "auf die Menschen aus, die sie nicht verursacht haben, nämlich auf die Armen und Verletzlichen", sagte Tutu vor einer Menschenmenge auf dem Kopenhagener Rathausplatz. Die "Ungerechtigkeit des Klimawandels" besteht darin, dass die armen Länder "für etwas büßen müssen, das sie nicht verursacht haben".

Die Unterschriften wurden im Rahmen der "Countdown to Copenhagen [2] "-Kampagne, einer Koalition ökumenischer Entwicklungs- und Hilfsorganisationen, in über 20 Ländern gesammelt.

Die 512 894 Unterzeichnenden verpflichten sich, ihren persönlichen Beitrag zu CO2-Emissionen zu reduzieren, indem sie recyceln, wiederverwenden und den Konsum verringern, und politische Verantwortliche nachdrücklich zum Abschluss eines Klimaabkommens aufzufordern, das fair gegenüber armen Ländern ist.

Bei der Entgegennahme der Kampagnenuhr sagte Yvo de Boer, dass sich die politischen Verantwortlichen zwar mit Krisen im Finanzsystem, in der Wirtschaft und der Industrie beschäftigten, "uns aber eine moralische Krise daran hindert, die Umweltkrise anzugehen".

"Erheben Sie Ihre Stimmen", schloss de Boer seine Ansprache, "denn Kopenhagen ist unsere einzige Gelegenheit, einen Kurswechsel vorzunehmen."

Tonaufnahme der Ansprachen von Desmond Tutu und Yvo de Boer (auf Englisch, 16 Min., 15 MB):
http://bit.ly/DesmondTutuAndYvoDeBoerCOP15

Tonaufnahme der Pressekonferenz im Kopenhagener Dom (38 Min., 36 MB)
http://bit.ly/DesmondTutuPressConfCOP15

Video der Unterschriftenübergabe (auf Englisch):
http://www.danchurchaid.org

Video des ökumenischen Gottesdiensts (dänisches Fernsehen):
http://www.dr.dk/DR1/drKirken/Udsendelser.htm

ÖRK-Aktivitäten für Klimagerechtigkeit:
http://www.oikoumene.org/climatechange

Mehr Informationen über das Glockenläuten rings um die Welt:
http://www.bellringing350.org

Ansprache des ÖRK-Generalsekretärs Pfarrer Samuel Kobia während eines Lobby-Dinners in Kopenhagen (auf Englisch):
http://www.oikoumene.org/?id=7454&L=2

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.

[1] http://www.oikoumene.org/?id=7426&L=2
[2] http://www.countdowntocopenhagen.org/


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Quelle:
Pressemitteilung vom 15. Dezember 2009
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2009