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KIRCHE/547: Alle Kräfte für den Frieden im Sudan mobilisieren (EKD)


Evangelische Kirche in Deutschland - Pressemitteilung vom 25.10.2007

Alle Kräfte für den Frieden im Sudan mobilisieren

Sudanbeauftragter des Rates mahnt vor Beginn der Verhandlungen


Um eine Mobilisierung für den Frieden wirbt der Sudanbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Gerrit Noltensmeier. Im Blick auf die am 27. Oktober in Libyen beginnenden Friedensverhandlungen, die von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon initiiert wurden, erinnert er erneut an die Situation im Sudan und besonders in Darfur. Er verweist dabei auch auf die Position der Kirchen. Im September 2007 wurde der Ratsbeauftragte auf der Tagung des Sudan Ecumenical Forums im Sudan zu dessen Vorsitzenden gewählt.


Wörtlich erklärt der Sudanbeauftragte des Rates de EKD,
Landessuperintendent i.R. Gerrit Noltensmeier:

"In Darfur, der westlichen Provinz des Sudan, die in ihrer Größe etwa der Ausdehnung Frankreichs entspricht, gibt es seit Jahren kriegerische Auseinandersetzungen, in die Regierungstruppen, bewaffnete Einheiten aus Nachbarländern, Milizen und Banden, Soldaten, Freischärler und Rebellen verwickelt sind. Zahllose Menschen haben ihr Leben verloren, viele Flüchtlinge leben unter erbärmlichen Lebensumständen fern von ihrer Heimat. Der karge Boden wird kaum noch bestellt. Krankheiten und Hunger breiten sich aus. Die Konflikte sind verwirrend und vielschichtig. In ihnen äußern sich Verbitterung und Enttäuschung von Menschen, die sich in einem eher entlegenen Teil des Landes von der Regierung im Zentrum vernachlässigt, missbraucht und vergessen glauben. Zwischenstaatliche Konflikte verschärfen die Lage.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) hat unlängst einstimmig den militärischen Einsatz von AU (Afrikanische Union) und UN-Truppen zur Überwindung der kriegerischen Gewalt in Darfur beschlossen. 25.000 Soldaten sollen in den nächsten Monaten zum Einsatz kommen. Diese Truppen können, wenn ihr Einsatz gut vorbereitet, und wenn sie angemessen ausgerüstet sind, eventuell extreme Gewalt eindämmen und die Zivilbevölkerung schützen. Das ist nicht wenig. Nachhaltigen Frieden können sie nicht schaffen. Ein Ersatz für konstruktives und nachdrückliches Agieren der internationalen Politik sind sie nicht. Nachhaltige Versöhnungsarbeit, wie sie von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen gefordert und betrieben wird, vermögen sie nicht zu leisten.

Die bald beginnenden Friedensverhandlungen hat der Generalsekretär der UN initiiert. Er hat kürzlich den Sudan, die Hauptstadt, aber auch den Süden des Landes und Darfur besucht. Der Generalsekretär der UN spricht von einem "Beginn des Endes der Verhandlungen". Darin äußert sich die Einsicht, dass schwierige Prozesse einen langen Atem, Geduld, Kompromissbereitschaft und den Willen brauchen, das gemeinsame Wohl zu entdecken und zu verwirklichen . Man mag den Beginn neuer Verhandlungen mit Skepsis erwarten, ob es wirklich bei den Beteiligten den Willen gibt, den Frieden zu suchen und die Gewalt zu überwinden. Es stellen sich hier vielfältige Fragen: Ist man weiter kurzsichtig allein auf den eigenen Vorteil bedacht? Gibt es Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft nur, um äußerem Druck zu begegnen, den vermeintlichen Gegner hinzuhalten, Fronten auf der anderen Seite zu spalten und um vor der Weltöffentlichkeit das Gesicht nicht weiter zu verlieren? Und: Wer kann und wird all die Konfliktparteien, die sich immer weiter zersplittern, angemessen und wirksam vertreten? Erfahrungen in der Vergangenheit geben der Skepsis recht. Jedoch: Zu den Verhandlungen, die vom Drängen der internationalen Völkergemeinschaft, von großzügigen Hilfsangeboten und der Vorbereitung des Einsatzes der AU und UN Truppen begleitet werden, gibt es keine überzeugende Alternative.

Freilich drohen nicht nur in Darfur Krieg und Gewalt. Das ganze Land erlebt vielfältige Krisen. Diese können nicht voneinander isoliert bewältigt werden. Nach einem jahrzehntelangen, elenden Bürgerkrieg sollte 2005 das Comprehensive Peace Agreement (CPA), geschlossen zwischen der Zentralregierung und den Führern der Befreiungsarmee im Süden des Landes, diese schrecklichen Auseinandersetzungen beenden. Die Umsetzung des Abkommens wird freilich allenfalls zögerlich betrieben. Neues Misstrauen wächst, alte Feindschaft bekommt neue Nahrung. Gerade erst hat der Süden seine Minister aus der Einheitsregierung unter Protest gegen alle Verzögerungen zurückgezogen. Gerüchte sagen, Truppen würden gegeneinander in Stellung gebracht. Verunsicherung grassiert. Der Friede ist immer noch sehr brüchig.

Das Sudan Ecumenical Forum (SEF), in dem Vertreter der wesentlichen christlichen Kirchen des Landes und Repräsentanten von Partnern und Hilfsorganisationen seit mehr als 10 Jahre zusammenwirken, hat im September erstmals direkt im Sudan, in Juba, der Hauptstadt des südlichen Sudan getagt. Die Kirchen im Sudan erleben ein beträchtliches Wachstum. Ihre Kraft ist freilich noch schwach. Das Forum hat die volle Verwirklichung des CPA dringend angemahnt, hat zum Frieden aufgerufen und jeder Rückkehr zum Krieg eine klare Absage erteilt. Weiterhin hat es den gemeinsamen Einsatz der Kirchen in der Versöhnungsarbeit verpflichtend erörtert und dafür weitere internationale Unterstützung erbeten.

In dieser Situation, in der verheißungsvolles, friedliches Beginnen und das Drohen neuer Gewalt im Sudan so nahe beieinander sind, bringen wir die Erklärung des Rates der EKD vom 11. Juli des Jahres in Erinnerung und bekräftigen die damals geäußerten Bitten und Erwartungen nachdrücklich. Wir bitten die Öffentlichkeit, die Entwicklungen im Sudan weiter mit kritischer Aufmerksamkeit zu begleiten. Christen und Gemeinden in unserem Land werden nicht müde, für den Frieden im Sudan, für die für die Geschicke dieses großen Landes Verantwortlichen und für Menschen, die unter Gewalt, Hunger und Rechtlosigkeit leiden, zu beten."

Hannover, 25. Oktober 2007
Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Hinweis:
Die Erklärung des Rates der EKD vom 11. Juli ist nachzulesen unter:
http://www.ekd.de/presse/pm133_2007_rat_sudanerklaerung.html


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Quelle:
Pressemitteilung 221/2007 vom 25.10.2007
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2007