Schattenblick → INFOPOOL → RELIGION → CHRISTENTUM


KIRCHE/1885: Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben verbessern (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 12.07.2016

Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben verbessern

Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strohm nehmen zur Situation von Christen in Asylbewerberunterkünften Stellung


In einer gemeinsamen Stellungnahme vom heutigen Tag (12. Juli 2016) äußern sich die Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Situation von christlichen Flüchtlingen und Angehörigen religiöser Minderheiten in deutschen Asylbewerberunterkünften. Um ein genaueres Bild der Lage zu gewinnen, haben die Deutsche Bischofskonferenz und die EKD in den zurückliegenden Monaten Umfragen unter den (Erz-)Diözesen und Landeskirchen sowie bei den kirchlichen Organisationen, die mit der Unterbringung von Flüchtlingen befasst sind, unternommen.

Die Stellungnahme der Vorsitzenden präsentiert auch eine Reihe von Empfehlungen, die darauf abzielen, die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben in den Flüchtlingsunterkünften zu verbessern. Die Vorschläge richten sich sowohl an die Verantwortlichen in Flüchtlingsunterkünften als auch an Bund, Länder und Kommunen. Die Vorsitzenden bitten nachdrücklich darum, "dass Missstände abgestellt und problematische Strukturen überwunden werden. So wird dem friedlichen Zusammenleben in unserem Land ein guter Dienst erwiesen". Hinweise:

Alle Informationen rund um das kirchliche Engagement für Flüchtlinge sind auf der Internetseite www.fluechtlingshilfe-katholische-kirche.de zu finden.

*

Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, zur Situation von Christen und religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften

1. Ausgangslage

Seit Herbst 2015 gibt es vermehrt Berichte über religiös motivierte Konflikte in Asylbewerberunterkünften. Berichtet wird von Anfeindungen und Übergriffen bis hin zu Morddrohungen. Die geschilderten Vorfälle beziehen sich meist auf Täter muslimischen und Opfer christlichen oder jesidischen Glaubens. Asylbewerber, die in Deutschland vom Islam zum Christentum konvertiert sind, werden besonders häufig als Betroffene genannt.

Die beiden großen Kirchen haben diese Berichte von Beginn an sehr ernst genommen. Wer wären wir, wenn uns das Schicksal der christlichen Schwestern und Brüder kalt ließe, die vor Verfolgung in der Heimat geflohen sind! Schon während der letzten Monate haben die Kirchen deshalb mehrfach öffentlich auf Missstände hingewiesen. So forderte der Rat der EKD in seiner Stellungnahme vom 22. Januar 2016, dass in Flüchtlingsunterkünften ein wirksamer Minderheitenschutz gewährleistet werden muss. "Mit Sorge sieht die EKD auch auf die Fälle von Bedrohung von Christinnen und Christen in den Flüchtlingsunterkünften", heißt es in der Erklärung.[1] Die Deutsche Bischofskonferenz hat im Februar 2016 in ihren Leitsätzen des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge festgehalten, dass "christliche Flüchtlinge in unserem Land - gerade in Asylbewerberunterkünften - keine Ausgrenzung oder Bedrängungen aufgrund ihres Glaubens erfahren" dürfen.[2] Des Weiteren wird in den Leitsätzen betont, dass der "Wahrung der individuellen Würde jedes Flüchtlings und Asylsuchenden [...] unabhängig von Herkunft und sozialem Stand, Religion und Weltanschauung, Geschlecht und sexueller Orientierung"[3] besondere Aufmerksamkeit zugewandt werden müsse. Im Gespräch mit politischen Verantwortungsträgern haben die beiden Kirchen dieses Anliegen regelmäßig vorgebracht.

Aus den Medienberichten hat sich bislang kein klares Bild ergeben über das Ausmaß von Konflikten in deutschen Asylbewerberunterkünften, bei denen Religion eine Rolle spielt. An der allgemeinen Aussagekraft einer Anfang Mai 2016 vorgelegten Erhebung zu "religiös motivierten Übergriffen gegen christliche Flüchtlinge"[4] bestehen erhebliche Zweifel. In den zahlreichen Beiträgen zur Sache gibt es neben viel gutem Willen zur Wahrheit und einem echten Interesse an der Lage von Christen auch ein beträchtliches Maß an Heuchelei: Für manche scheinen die Probleme in Asylbewerberunterkünften vor allem ein willkommener Anlass zur Propaganda gegen muslimische Flüchtlinge und den Islam im Allgemeinen zu sein. Eine solche Herangehensweise weisen wir entschieden zurück, gerade weil sie bedrängte Christen und Angehörige religiöser Minderheiten zum Spielball eigener politischer Interessen herabwürdigt. Nicht weniger deutlich stellen wir uns aber auch gegen jene, die Missstände nicht wahrhaben wollen oder bagatellisieren, um das eigene Weltbild nicht infrage stellen zu müssen oder aus Angst, dem politischen Gegner in die Hände zu spielen.


2. Bisherige Erkenntnisse der beiden Kirchen

Um einen besseren Überblick über die Faktenlage zu gewinnen, haben die Diözesen, Landeskirchen und kirchlichen Einrichtungen in Deutschland in den letzten Monaten Befragungen zur Situation christlicher Asylbewerber in Unterkünften durchgeführt. Auch hat das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz eine Expertenanhörung zu dem Thema abgehalten. Die bislang gewonnenen Erkenntnisse geben Anlass zu einer differenzierten Betrachtung.

Eine flächendeckende und systematische Diskriminierung von Christen und anderen religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften ist nicht festzustellen. Vielerorts gelingt das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen. Allerdings trifft man in Asylbewerberunterkünften auf ein den Umständen geschuldetes erhöhtes Konflikt- und Gewaltpotenzial, das sich im Einzelfall auch mit religiösen Aversionen vermischen kann. Beengte Wohnverhältnisse und mangelnde Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben erschweren das Leben und Zusammenleben in den Unterkünften. Wenn Asylbewerber für längere Zeit ohne sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeit in einer aufenthaltsrechtlich unsicheren Situation auf engem Raum miteinander untergebracht sind, treten Konflikte vermehrt zutage. Erschwerend kommen psychische Traumata hinzu, für deren Bewältigung nur unzureichende Hilfsangebote zur Verfügung stehen. Auch Differenzen hinsichtlich der Herkunftsländer, Traditionen, kulturellen Hintergründe, Lebensgewohnheiten sowie des sozialen Status können Auseinandersetzungen begünstigen. Besonders häufig entstehen Konflikte bei der Verteilung von Lebensmitteln und anderen Gütern sowie der Benutzung von Küchen und Sanitäranlagen. Viele Konflikte entzünden sich an Alltagssituationen. Nicht jede Auseinandersetzung zwischen Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit sollte deshalb als religiös motivierter Konflikt klassifiziert werden.

Es liegen jedoch auch Berichte vor, wonach Christen und andere religiöse Minderheiten aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit Ablehnung, Einschüchterung, Benachteiligung oder sogar Gewalt erfahren. Niemand, die staatlichen Stellen eingeschlossen, ist in der Lage, genaue Zahlen vorzulegen. Aber selbst wenn derartige Vorfälle nach derzeitigem Erkenntnisstand vergleichsweise selten sind, dürfen sie keinesfalls bagatellisiert werden. Wie immer, wenn die Würde des Menschen verletzt wird, gilt auch hier: Jeder Fall ist ein Fall zu viel.

Insbesondere in Berlin soll es immer wieder vorgekommen sein, dass muslimische Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste christliche Asylbewerber gezielt benachteiligten - beispielsweise indem sie Christen in Warteschlangen zurückdrängten. Auch haben sich offenkundig im Zusammenhang mit dem muslimischen Morgengebet Konflikte ergeben - etwa wenn alle Bewohner einer Unterkunft unabhängig von ihrer Glaubenszugehörigkeit früh geweckt und zur Teilnahme am Gebet aufgefordert werden. Vergleichsweise häufig wird berichtet, dass es zu Konflikten kommt, wenn Angehörige unterschiedlicher Religionen in einem gemeinsamen Zimmer untergebracht werden.

Auch gibt es eine Reihe von Berichten über Schwierigkeiten, die sich für Angehörige religiöser Minderheiten aus tendenziösen oder verfälschenden Übersetzungen ergeben. Mangelnde Qualitätsstandards bei der Anfertigung von Übersetzungen betreffen sicherlich alle Asylbewerber. Es wird allerdings berichtet, dass Übersetzungen bisweilen bewusst zuungunsten religiöser Minderheiten ausfielen. Vereinzelt soll es sogar vorgekommen sein, dass Dolmetscher vertrauliche Details innerhalb der Unterkunft weitergegeben haben.

In einer speziellen Situation befinden sich Asylbewerber, die vom Islam zum Christentum übergetreten sind. Hier wird vergleichsweise häufig von körperlichen Übergriffen und der Schmähung religiöser Symbole bis hin zu Morddrohungen berichtet. In islamisch geprägten Ländern sehen sich Konvertiten oft staatlicher Verfolgung oder gesellschaftlicher Ächtung ausgesetzt. Bei nicht wenigen Asylbewerbern dürfte die in ihren Herkunftsländern geläufige Vorstellung, dass Personen, die vom Islam zum Christentum übertreten, sich eines schweren Vergehens schuldig machen, auch nach ihrer Flucht nach Deutschland fortbestehen. Erschwerend kommt hinzu, dass Konvertiten bisweilen auch bei muslimischen Sicherheitskräften und Dolmetschern auf deutliche Ablehnung stoßen.

Bei der Befragung unter den Diözesen wurde berichtet, dass etliche christliche Asylbewerber Angst hätten, sich in Unterbringungseinrichtungen offen zu ihrem Glauben zu bekennen - und zwar unabhängig davon, ob sie in Deutschland bereits Opfer von Diskriminierung wurden oder nicht. Vor allem Christen, die im Mittleren Osten aufgrund ihres Glaubens Bedrängung und Gewalt erfahren mussten, bringen eine große Angst vor religiös bedingter Verfolgung mit.


3. Berichte aus Einrichtungen in Trägerschaft evangelischer oder katholischer Organisationen

Aus den Einrichtungen in christlicher Trägerschaft[5] wird berichtet, dass interreligiöse Konflikte bislang nur in wenigen Einzelfällen aufgetreten sind. Gleiches scheint generell für kleinere Unterbringungseinrichtungen zu gelten sowie für Einrichtungen, in denen verstärkt auf die Wahrung der Privatsphäre jedes Bewohners geachtet wird. Die befragten Fachleute sind sich darin einig, dass die Einhaltung von Unterbringungsstandards ein entscheidender Faktor zur Vermeidung von Konflikten ist.

Eine Besonderheit der Einrichtungen in christlicher Trägerschaft besteht darin, dass die Mitarbeiter in der Regel eine grundlegende religiöse Sensibilität aufweisen. Auch werden Schulungen zur Vermittlung und Vertiefung interkultureller und interreligiöser Kompetenzen durchgeführt. Dies gilt für Mitarbeiter, die im Bereich der sozialen Arbeit oder Rechtsberatung tätig sind, ebenso wie für Dolmetscher und Übersetzer sowie das Sicherheitspersonal.

Von den Mitarbeitern christlicher Einrichtungen wird erwartet, dass sie einen respektvollen Umgang mit Angehörigen anderer religiöser Bekenntnisse vorleben. Den Bewohnern soll ermöglicht werden, ihren Glauben zu leben - unabhängig davon, ob es sich um Christen, Muslime, Jesiden oder Angehörige anderer Religionsgemeinschaften handelt. Nach den Erfahrungen der Mitarbeiter trägt ein offener Umgang mit der eigenen Religiosität dazu bei, etwaige Ängste von Christen oder anderen religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften abzubauen. Auch deshalb ermutigen wir die Mitarbeiter der Einrichtungen in christlicher Trägerschaft mit Nachdruck, zu ihrem christlichen Glauben zu stehen.

Grundsätzlich arbeiten die Einrichtungen in christlicher Trägerschaft mit geeigneten Dolmetschern und Übersetzern zusammen. So wird insbesondere in Situationen von erheblicher Tragweite nicht auf die Sprachkenntnisse von Personen zurückgegriffen, denen eine hinlängliche Qualifizierung und Eignung fehlt.

Ein gutes Beispiel für ein Unterbringungskonzept, mit dem das friedliche Zusammenleben zwischen muslimischen und christlichen Flüchtlingen gezielt gefördert wird, bietet die in den Einrichtungen der Malteser praktizierte "Kultur der religiösen Achtsamkeit". So achten die Malteser darauf, dass in ihren Einrichtungen Gebetsräume für möglichst alle dort vertretenen Religionsgemeinschaften bereitgestellt werden. Die Mitarbeiter kommen mit Flüchtlingen über ihre Religion ins Gespräch und signalisieren ihnen, dass jeder Bewohner das Recht und die Möglichkeit hat, den eigenen Glauben frei von Angst zu leben. In ähnlicher Weise wird aus Einrichtungen in Trägerschaft der Johanniter davon berichtet, dass wichtige Feste der verschiedenen Religionsgemeinschaften mit allen Bewohnern gemeinsam gefeiert werden.


4. Empfehlungen

Die Erfahrungen der kirchlichen Betreiber von Asylbewerberunterkünften verdeutlichen, dass eine getrennte Unterbringung von Menschen unterschiedlicher Religions- und Konfessionszugehörigkeit generell nicht zu empfehlen ist. Vielmehr ist anzustreben, dass in sämtlichen Unterbringungseinrichtungen die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben geschaffen werden.

Mit aller Klarheit muss aber auch gesagt werden: Das Ideal des friedlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Prägungen darf nicht zur Folge haben, dass einzelne Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Schutzsuchenden Übergriffen ausgesetzt werden.

Wenn in einer Unterkunft der Schutz von Minderheiten nicht gewährleistet ist, kann eine getrennte Unterbringung eine sinnvolle Lösung sein. Gleiches gilt, wenn sich Konflikte ereignen oder abzeichnen und eine Lösung nicht oder nur zu Lasten der Opfer erfolgen kann.

An erster Stelle müssen stets der Schutz von Minderheiten und die Vermeidung menschlichen Leids stehen.

Was ist konkret zu tun?

Hohe Qualitätsstandards in der Unterbringung und Betreuung verbessern die Situation aller Asylbewerber, dienen aber besonders auch den verletzlichen Gruppen. Neben religiösen Minderheiten sind dies etwa allein reisende Frauen, Kinder, Homosexuelle und Menschen mit Traumata. Bei der Weiterentwicklung der Standards in Unterbringungseinrichtungen sind die Erfahrungen all jener Einrichtungen zu berücksichtigen, in denen sich das Zusammenleben bereits heute weitgehend friedlich gestaltet. In diesem Zusammenhang sind aus kirchlicher Sicht vor allem die folgenden Punkte von Relevanz:

• Ein professionelles Konflikt- und Beschwerdemanagement trägt zu einem Klima der Offenheit bei und hilft Spannungen frühzeitig abzubauen. Neben den verschiedenen Maßnahmen, die zu diesem Zweck in manchen Unterbringungseinrichtungen bereits ergriffen wurden, wäre hierzu nicht zuletzt auch eine staatliche Initiative - etwa in Form verbindlicher Vorgaben - wünschenswert.

• Hinsichtlich ihrer Belegungszahl, Ausstattung und baulichen Gegebenheiten ist in Unterbringungseinrichtungen besonders darauf hinzuwirken, dass jedem Bewohner Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und das Recht auf Privatsphäre gewahrt wird.

• Um Konflikte aufgrund divergierender Glaubens- und Lebensgewohnheiten zu vermeiden, sollte in Unterkünften auf eine kultursensible Zimmerbelegung geachtet werden. So empfiehlt es sich, bei der Belegung die Wünsche der Bewohner zu berücksichtigen und Angehörige verschiedener Religionen oder Herkünfte innerhalb einer Unterkunft nicht im selben Zimmer unterzubringen. Auch ist darauf zu achten, dass Angehörige religiöser Minderheiten in einer Unterbringungseinrichtung nicht in einer allzu kleinen Gruppe vertreten sind.

• Asylbewerber benötigen eine adäquate psychosoziale Betreuung. Traumatisierten Asylbewerbern muss der Zugang zu den notwendigen Therapiemaßnahmen offen stehen.

• Die Auswahl des Personals muss mit großer Sorgfalt erfolgen. Alle Personen, die in Asylbewerberunterkünften tätig sind, insbesondere Sozialarbeiter, Mitarbeiter der Rechts- und Verfahrensberatung, das Sicherheitspersonal sowie Dolmetscher und Übersetzer, sollten über grundlegende interkulturelle und interreligiöse Kompetenzen verfügen. Weiterhin muss von allen Mitarbeitern ein erweitertes Führungszeugnis vorliegen.

• Darüber hinaus sollten den Mitarbeitern regelmäßige Fortbildungen angeboten werden, in denen unter anderem auch praxisorientierte Strategien des Konfliktmanagements vermittelt werden.

• Insbesondere bei den Sicherheitskräften sowie bei Dolmetschern und Übersetzern ist darauf zu achten, dass ihr weltanschaulicher Hintergrund nicht zur Diskriminierung von religiösen Minderheiten beiträgt. Situationen, in denen das Sicherheitspersonal über einen längeren Zeitraum als einziger Ansprechpartner in einer Einrichtung zur Verfügung steht, müssen vermieden werden.

• Spannungen in Asylbewerberunterkünften lassen sich zusätzlich abbauen, wenn Asylbewerber von Beginn an die Möglichkeit haben, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, und wenn sie über den Gang des Verfahrens in Deutschland umfassend informiert werden. Damit die Unsicherheit über die aufenthaltsrechtliche Situation so weit wie möglich verringert wird, ist eine gut ausgestattete Verfahrensberatung unerlässlich.

Die Fluchtbewegungen der letzten Zeit haben eine große Zahl von Menschen nach Deutschland geführt, denen das Leben in einer freiheitlichen Gesellschaft bislang verwehrt geblieben ist. Es ist wichtig, ihnen Gelegenheit zu geben, unter geordneten und möglichst günstigen Bedingungen den Weg in unsere Gesellschaft zu finden. Diesem Ziel dienen die praktischen Vorschläge, die wir hier unterbreiten. Dabei muss der Staat ganz selbstverständlich - auch mit den Mitteln des Strafrechts - gegen jene vorgehen, die Menschen anderen Glaubens oder anderer Prägung missachten und ihre elementaren Freiheiten verletzen, sei es in Asylbewerberunterkünften oder andernorts. Alle in Flüchtlingsunterkünften Verantwortlichen sowie Bund, Länder und Kommunen bitten wir nachdrücklich, sich dafür einzusetzen, dass Missstände abgestellt und problematische Strukturen überwunden werden. So wird dem friedlichen Zusammenleben in unserem Land ein guter Dienst erwiesen.


Anmerkungen:

[1] Stellungnahme des Rates der EKD zur Situation von Flüchtlingen, Hannover/Breklum, 22.01.16
http://www.ekd.de/download/20160122_stellungnahme_fluechtlinge.pdf.

[2] Leitsätze des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Arbeitshilfen Nr. 282 (Bonn 2016), S. 17.

[3] Leitsätze, S. 6.

[4] So dokumentiert die Erhebung vor allem die Situation iranischer und afghanischer Asylbewerber, die in einer bestimmten Berliner Kirchengemeinde vom islamischen zum christlichen Glauben übergetreten sind. Die leidvollen Erfahrungen dieser Menschen müssen ernst genommen werden. Der sehr spezifische Kontext, in dem es zu den betreffenden Vorfällen gekommen ist, eignet sich jedoch nicht, um allgemeine Aussagen über die Situation christlicher Asylbewerber in Deutschland zu treffen. - Religiös motivierte Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland, hrsg. v. Open Doors Deutschland (Kelkheim 2016).

[5] Wenn im Nachfolgenden von "Einrichtungen in christlicher Trägerschaft" bzw. "christlichen Einrichtungen" die Rede ist, sind Unterbringungseinrichtungen in Trägerschaft katholischer und evangelischer Wohlfahrts- und Hilfsorganisationen gemeint, insbesondere Caritas, Diakonie, Malteser und Johanniter.

*

Quelle:
Pressemitteilungen Nr. 123 und 123a vom 12. Juli 2016
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
Kaiserstraße 161, 53113 Bonn
Postanschrift: Postfach 29 62, 53019 Bonn
Telefon: 0228/103-0, Fax: 0228/103-254
E-Mail: pressestelle@dbk.de
Internet: www.dbk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang