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ZIVILRECHT/412: Erbe ist nicht gleich Erbe (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 10. Juli 2009

Ressort: Ratgeber/Service/Recht

Erbe ist nicht gleich Erbe


Bamberg/Berlin (DAV). In einem Testament kann nach "Vorerben" und "Nacherben" eingestuft werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Erblasser will, dass zunächst der Partner und dann die Kinder erben sollen. Der Vorerbe kann in der Regel nur eingeschränkt über das Erbe verfügen. Wenn er Gegenstände verschenkt oder deutlich unter Wert abgibt, kann der "Nacherbe" sie gegebenenfalls sogar vom Empfänger zurückverlangen. So konnte in dem vom Oberlandesgericht Bamberg am 8. Mai 2009 (AZ: 6 U 38/08) entschiedenen Fall eine Nacherbin erfolgreich die Unwirksamkeit eines umfangreichen Grundstücksgeschäfts geltend machen.

In dem von der Deutschen Anwaltauskunft mitgeteilten Fall verfügte die Erblasserin über umfangreichen Grundbesitz. In ihrem Testament hatte sie zwei Erben und nach deren Tod die Klägerin als Nacherbin eingesetzt. Die Vorerben übertrugen dem Beklagten die Grundstücke gegen ein Tauschgrundstück sowie Zahlung von 185.000 Euro. Nach dem Tod der Vorerben machte die Nacherbin geltend, das sei viel zu billig gewesen und daher teilweise eine Schenkung. Das Rechtsgeschäft sei deshalb unwirksam und sie die rechtmäßige Eigentümerin der Grundstücke.

Nachdem bereits das Landgericht Coburg der Klägerin Recht gegeben hatte, tat dies auch die nächste Instanz. Nach Angaben von Grundstückssachverständigen betrug der Wert der weggegebenen Grundstücke fast 400.000 Euro, der des Tauschgrundstücks hingegen nur 40.000 Euro. Deshalb fehle es an einer objektiven gleichwertigen Gegenleistung, so dass das Erbrecht der Nacherbin beeinträchtigt war. Aufgrund des groben Missverhältnisses habe das den Vorerben auch bewusst sein müssen. Als Eigentümerin der Grundstücke sei jetzt die Klägerin ins Grundbuch einzutragen - allerdings nur gegen Rückzahlung der 185.000 Euro und Rückgabe des Tauschgrundstücks an den Beklagten.

(Vor-)Erbschaft ist nicht gleich Erbschaft. Denn der Vorerbe darf das Erbrecht des Nacherben nicht beeinträchtigen. Daher sollte man sich bei seinem Testament im Zweifelsfall anwaltlicher Hilfe versichern. Anwältinnen und Anwälte im Erbrecht aus dem gesamten Bundesgebiet benennt die Deutsche Anwaltauskunft unter www.anwaltauskunft.de oder unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 0 18 05 / 18 18 05 (Festnetzpreis 0,14 Euro pro Minute).


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 26/09 vom 10. Juli 2009
Tipps des Monats Juli der Deutschen Anwaltauskunft
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2009