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ZIVILRECHT/326: Pflichtteil nur bei schwerer Straftat entziehbar (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - 6. Februar 2008

Ressort: Ratgeber/Service/Recht

Entziehung des Pflichtteils nur bei schwerwiegender Straftat


Hamm/Berlin (DAV). Eltern können ihren Kindern den Erbpflichtteil nur entziehen, wenn diese gegen die Eltern eine schwere Straftat verübt haben. Die Veruntreuung einer Geldsumme reicht dafür nicht aus. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Februar 2007 (AZ: 10 U 111/06) hervor, wie der Deutsche Anwaltverein (DAV) mitteilt.

Der Sohn des Verstorbenen verlangte von seiner Schwester, der Alleinerbin, den Pflichtteil. Diese weigerte sich zu zahlen, denn der Vater der Geschwister hatte in seinem Testament bestimmt, dass er seinen Sohn enterbe und er auch den Pflichtteil nicht erhalten solle. Er begründete dies damit, dass der Sohn vor mehreren Jahren 27.000 Euro vom Konto des Vaters ohne dessen Einverständnis abgehoben hatte. Die Summe verwendete er für seine eigene Firma, obwohl er mit dem Geld die Renovierung eines Mehrfamilienhauses des Vaters vorantreiben sollte. Kurz darauf sperrte der Vater das Konto, so dass der Sohn nichts mehr abheben konnte. Der Sohn klagte seinen Pflichtteil ein. Er bestritt das Geld damals veruntreut zu haben, weil der Vater die Verwendung erlaubt habe. Das Landgericht Bochum hielt die Bestimmungen des Erblassers im Testament für wirksam und die missbräuchliche Verwendung des Geldes für so schwerwiegend, dass die Schwester den Pflichtteil nicht auszahlen brauchte.

Im nächsten Rechtszug hatte die Klage des Sohnes jedoch Erfolg. Ein Elternteil könne dem Kind den Pflichtteil entziehen, wenn das Kind sich gegenüber dem Verstorbenen eines Verbrechens oder eines schweren Vergehens schuldig gemacht habe. Dies könne es aber nur, wenn die Verfehlung eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses darstelle und eine schwere Kränkung des Verstorbenen bedeute. Dies hänge von den Umständen des einzelnen Falls ab. Die angebliche durch den Sohn begangene Veruntreuung reiche nicht aus, denn sie sei gegenüber dem Vater nicht schwerwiegend genug gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass sich der Sohn damals in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befunden und die Absicht gehabt habe, das Geld an den Vater zurück zu zahlen.

Erben ist gar nicht so einfach. Über die Rechte und Pflichten berät ein Anwalt oder eine Anwältin. Spezialisten im Erbrecht und für alle anderen Rechtsgebiete nennt die Deutsche Anwaltsauskunft unter der Rufnummer 0 18 05/18 18 05 (Festnetzpreis 14 ct./Min.) oder man sucht selbst unter www.anwaltsauskunft.de.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 10/08 vom 6. Februar 2008
Tipps der Deutschen Anwaltauskunft, Monat Februar 2008
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel. 030/72 61 52-1 29, Fax 030/72 61 52-1 93
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2008