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ZIVILRECHT/314: Zypries will Schutz von Kreditnehmern verbessern (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 11. Dezember 2007

Zypries will den Schutz von Kreditnehmern verbessern


Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat angekündigt, den Schutz von Kreditnehmern bei einem Verkauf ihrer Darlehensforderungen zu verbessern. Ein nachhaltiger Schutz der Darlehensnehmer soll durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht werden. Zypries' Vorschläge sollen in das Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (sog. Risikobegrenzungsgesetz) aufgenommen werden, das derzeit im Deutschen Bundestag beraten wird.

"Die zunehmende Praxis von Banken, Forderungen aus Krediten an Finanzinvestoren zu verkaufen, beobachte ich mit Sorge. Vielen Investoren ist nicht an einer langfristigen Kundenbeziehung gelegen. Ihr vorrangiges Geschäftsziel ist es häufig, Darlehen unter Wert zu kaufen und sie dann kurzfristig zu realisieren. Wer sein Haus oder seinen Betrieb mit Hilfe eines Bankkredits finanziert und seine Raten ordentlich zahlt, muss sicher sein, dass niemand sich aus den Sicherheiten bedient. Es darf nicht plötzlich ein Finanzinvestor vor der Tür stehen und Rückzahlung verlangen, mit der Zwangsvollstreckung drohen oder sogar die Zwangsvollstreckung durchführen. Das gilt für den Häuslebauer genauso wie für den mittelständischen Unternehmer. Ich habe dem Deutschen Bundestag deshalb konkrete Gesetzesvorschläge unterbreitet, um redliche Darlehensnehmer besser zu schützen", sagte Zypries.

Die Veräußerung von Forderungen aus Krediten ist international üblich und auch im Interesse eines freien Kapitalverkehrs grundsätzlich sinnvoll, weil Banken sich auf diese Weise günstig refinanzieren können. Das schlägt sich in einem niedrigen Darlehenszins nieder und kommt letztlich dem Kunden zugute. Die derzeit noch günstigen Finanzierungskonditionen wären ohne die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken nicht möglich. Üblicherweise merkt der Kunde von diesen Refinanzierungen nichts, denn der Kredit wird weiter von seiner Bank verwaltet. "Es gibt aber auch Fälle, in denen der Kunde mit einmal einen neuen Gläubiger vor sich sieht. Wer sich dagegen schützen will, muss die Möglichkeit haben, mit der Bank zu vereinbaren, dass der Kredit nicht abgetreten werden darf", erklärte Zypries.

Bundesjustizministerin Zypries hat zum besseren Schutz der Darlehensnehmer insbesondere die folgenden konkreten Vorschläge unterbreitet:

o Pflicht des Darlehensgebers zum Angebot nicht abtretbarer Darlehensverträge

Kreditinstitute sollen künftig auch Darlehen anbieten, die nicht veräußert werden dürfen. Damit wird ausgeschlossen, dass der Darlehensnehmer plötzlich mit einer neuen Bank - bzw. einem Finanzinvestor - konfrontiert wird. Gerade bei langfristigen Krediten kann es für den Kreditnehmer entscheidend sein, das Darlehen bei der Bank zu haben, die sein Vertrauen genießt. Die Bank muss den Kreditinteressenten vor Abschluss eines Kreditvertrages von sich aus auf dieses Angebot und dessen Konditionen hinweisen.

Nicht abtretbare Kredite werden voraussichtlich zu einem höheren Zinssatz angeboten werden, denn ein zusätzlicher Schuldnerschutz ist nicht zum Nulltarif zu haben. Der Bankkunde wird dann wählen können, ob er einen Kredit aufnimmt, der ohne Weiteres verkauft werden kann, oder ob er dieses Risiko gegen einen Zinsaufschlag ausschließen will.

o Verpflichtung des Darlehensgebers zu Folgeangebot oder Hinweis auf Nichtverlängerung des Vertrages

Der Kreditgeber soll künftig verpflichtet sein, den Darlehensnehmer rechtzeitig vor einer Änderung des Kreditvertrages zu unterrichten: Spätestens drei Monate vor Auslaufen einer vereinbarten Zinsbindung oder einer Fälligkeit der gesamten Rückzahlungsforderung soll das Kreditinstitut dem Kunden seine Bereitschaft für ein Folgeangebot mitteilen oder ihn darauf hinweisen, dass es den Vertrag nicht verlängern wird. Damit soll der Darlehensnehmer in die Lage versetzt werden, die anstehenden Veränderungen zu überblicken und sich darauf einstellen zu können.

o Pflicht zur Anzeige der Abtretung der Darlehensforderung bzw. des Wechsels des Darlehensgebers

Wird eine Kreditforderung abgetreten oder findet ein Wechsel in der Person des Darlehensgebers statt, muss der Kunde künftig unverzüglich darüber informiert werden. Auf diese Weise kann er die Geschäftsziele seines neuen Gläubigers - etwa eines Finanzinvestors - kennenlernen und sich rechtzeitig entscheiden, ob er eine längerfristige Vertragsbeziehung mit ihm fortsetzen möchte.

o Verbesserung des Kündigungsschutzes bei Grundstücksdarlehen

Das noch geltende Recht enthält einen besonderen Kündigungsschutz, wenn der Darlehensnehmer Verbraucher ist und mit seinen Ratenzahlungen nur geringfügig in Rückstand gerät. Verbraucherdarlehen dürfen erst gekündigt werden, wenn der Zahlungsrückstand einen gewissen Prozentsatz erreicht hat. Außerdem muss der Darlehensnehmer zuvor erfolglos zur Bezahlung des Rückstandes aufgefordert worden sein. Dieser besondere Kündigungsschutz besteht jedoch nicht, wenn es sich um ein Grundstücksdarlehen handelt. Das soll sich in Zukunft ändern. Auch der Häuslebauer wird dann besser vor einer Kündigung seines Kredits geschützt.

o Nicht abtretbare Unternehmenskredite

Nach noch geltendem Recht kann ein Unternehmer mit seiner Bank nicht vereinbaren, dass die Forderung aus seinem Darlehen nicht abgetreten wird. Diese Sonderregelung für Unternehmer soll nun gelockert und ihre Situation verbessert werden: Auch Unternehmer sollen in Zukunft die Möglichkeit erhalten, nicht abtretbare Darlehensverträge mit ihren Kreditinstituten zu schließen.

o Verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch bei unberechtigter Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde

Bei Abschluss eines Kreditvertrages wird häufig notariell vereinbart, dass der Darlehensnehmer sich wegen der Forderungen aus dem Kreditvertrag der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Aus solchen sog. vollstreckbaren Urkunden kann der Kreditgeber - z. B. bei einem Zahlungsrückstand des Darlehensnehmers - unmittelbar vollstrecken. Ein Gericht muss den Anspruch vorher nicht überprüfen und ein gesondertes Urteil (Vollstreckungstitel) darüber erlassen. Die vollstreckbare Urkunde ist also selbst Grundlage der Zwangsvollstreckung. Der Kreditgeber darf aber nicht aus einer vollstreckbaren Urkunde vollstrecken, wenn der Darlehensnehmer seine Raten ordentlich zahlt. Betreibt der Kreditgeber trotzdem die Zwangsvollstreckung, hat der Darlehensnehmer später grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen ihn. Das gilt nach dem derzeit noch geltenden Recht aber nur, wenn den Kreditgeber ein Verschulden trifft, wenn er also zumindest hätte wissen können, dass die Vollstreckung unzulässig ist. Nach dem Vorschlag von Bundesjustizministerin Zypries soll es künftig nicht mehr auf ein Verschulden ankommen.

Das bedeutet: Der Darlehensnehmer, dessen Hausgrundstück auf Betreiben der Bank oder eines Finanzinvestors zu Unrecht zwangsversteigert wurde, kann seinen Schaden in Zukunft deutlich einfacher ersetzt bekommen.

Im Deutschen Bundestag werden neben diesen Vorschlägen derzeit noch weitergehende Maßnahmen diskutiert. Bei den laufenden Beratungen wird ein angemessener Ausgleich zwischen dem Schutzinteresse des redlichen Darlehensnehmers und dem betriebswirtschaftlichen Interesse der Kreditinstitute zu finden sein. Es wird auch darauf zu achten sein, dass der freie Kapitalverkehr nicht zu stark eingeschränkt wird.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 11.12.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2007