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ZIVILRECHT/307: Güterrechtsreform auf den Weg gebracht (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 5. November 2007

Güterrechtsreform auf den Weg gebracht


Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Zugewinnausgleichs und der Verwaltung von Girokonten betreuter Menschen auf den Weg gebracht.

Die Bedeutung des Zugewinnausgleichs ist fast 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten besonders aktuell, denn heute wird etwa jede dritte Ehe geschieden. Bei einer Scheidung müssen sich die Eheleute auch über den Zugewinnausgleich auseinandersetzen. Das Recht des Zugewinnausgleichs bestimmt, dass die Eheleute je zur Hälfte an den Vermögenszuwächsen aus ihrer Ehe - also dem Zugewinn - beteiligt werden. Er ist Folge des gesetzlichen Güterstandes (Zugewinngemeinschaft), in dem die Mehrzahl der Ehepaare leben.

"Auch in Zukunft soll ein fairer und praxistauglicher Ausgleich möglich sein. Mit dem vorgelegten Reformentwurf wird sichergestellt, dass der wirtschaftliche Erfolg aus der Ehezeit tatsächlich zur Hälfte auf die Ehepartner verteilt wird", erklärte Brigitte Zypries.

Die geplante Gesetzesnovelle hält an dem bewährten Grundsatz fest, wonach die während der Ehe erworbenen Vermögenswerte zu gleichen Teilen auf die Ehepartner zu verteilen sind. Die Berechnung bleibt auch künftig stark schematisiert, denn ein Güterstand muss einfach, klar und praktisch leicht handhabbar sein. "Wir wollen aber in Zukunft noch besser verhindern, dass ein Ehepartner zu Lasten des Anderen Vermögenswerte beiseite schafft. Außerdem muss berücksichtigt werden, wenn in der Ehe Schulden aus der vorehelichen Zeit getilgt werden. Falls ein Minus auf dem Konto verschwindet, ist das schließlich auch wirtschaftlicher Erfolg. Der rechtliche Rahmen für Ehe, Lebenspartnerschaften und Familie muss zeitgemäß sein und den Bedürfnissen der Menschen entsprechen", betonte die Bundesjustizministerin.

Der vorgelegte Gesetzesentwurf wurde den Ländern, Fachkreisen und Verbänden zur Stellungnahme übersandt.

Zu den Regelungen im Einzelnen:

I. Reform des Güterrechts

1. Berücksichtigung von Schulden bei der Eheschließung

Nach geltendem Recht bleiben Schulden, die zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden sind und während der Ehe getilgt werden, bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt. Ob die Ehepartner während der Ehe voreheliche Verbindlichkeiten eines Partners getilgt haben, ist also für die Berechnung des Zugewinns ohne Belang. Das soll nun geändert werden. Künftig kommt es auch in solchen Fällen auf den Betrag an, um den das Vermögen des Ehepartners während der Ehe wirtschaftlich gewachsen ist.

Beispiel: Thomas und Regina K. lassen sich nach 20jähriger Ehe scheiden. Thomas K. hatte bei Eheschließung gerade ein Unternehmen gegründet und 30.000 Euro Schulden. Im Verlauf der Ehe erzielte er einen Vermögenszuwachs von 50.000 Euro. Das Endvermögen von Thomas K. beträgt also 20.000 Euro. Seine Frau Regina K. hatte bei Eheschließung keine Schulden und hat ein Endvermögen von 50.000 Euro erzielt. Sie war während der Ehezeit berufstätig und kümmerte sich auch um die Kinder, damit sich ihr Mann seinem Geschäft widmen konnte. Nach geltendem Recht müsste Regina K. ihrem Mann einen Ausgleich in Höhe von 15.000 Euro zahlen. Denn Thomas K. wird nach geltendem Recht so gestellt, als hätte er während der Ehe nur einen Zugwinn von 20.000 Euro erzielt. Dass er in Höhe von 30.000 Euro Schulden getilgt hat, bleibt unberücksichtigt. Das ist nicht gerecht, weil Thomas K. wirtschaftlich betrachtet ebenfalls ein Plus von 50.000 Euro erzielt hat. Deshalb sieht der Gesetzentwurf eine Berücksichtigung der Schulden vor. Bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags wird der tatsächliche Vermögenszuwachs zugrunde gelegt. Da beide gleich viel erwirtschaftet haben, muss Regina K. künftig keinen Ausgleichsbetrag an ihren Mann zahlen.

2. Schutz vor Vermögensmanipulationen

Für die Berechnung des Zugewinns ist nach derzeitiger Regelung der Stichtag der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags. Die endgültige Höhe der Ausgleichsforderung wird aber danach bemessen, wie viel von dem Vermögen bei der rechtskräftigen Scheidung durch das Gericht noch vorhanden ist. Dieser Zeitpunkt liegt immer deutlich später. Es besteht also die Gefahr, dass in der Zeit zwischen Zustellung des Scheidungsantrags und Rechtskraft des Urteils Vermögen zu Lasten des ausgleichsberechtigten Ehegatten beiseite geschafft wird.

Beispiel: Als Karl M. die Scheidung einreicht, hat er einen Zugewinn von 20.000 Euro erzielt. Franziska M. hat sich während der Ehe um die gemeinsamen Kinder gekümmert und ihren Mann in seinem Geschäft unterstützt. Sie hat kein eigenes Vermögen. Nach Einreichung der Scheidung gibt Karl M. 8.000 Euro für eine Urlaubsreise mit seiner neuen Freundin aus und behauptet zudem, die restlichen 12.000 Euro an der Börse verloren zu haben. Bei Beendigung des Güterstandes durch das rechtskräftige Scheidungsurteil ist Karl M. kein Vermögen nachzuweisen. Franziska M. stehen zwar rechnerisch 10.000 Euro zu. Da das Vermögen des Karl M. nach dem Scheidungsantrag aber "verschwunden" ist, hat sie plötzlich keinen Anspruch mehr.

Vor solchen Manipulationen soll der ausgleichsberechtigte Ehepartner künftig geschützt werden. Die Güterrechtsreform sieht daher vor, dass sowohl für die Berechnung des Zugewinns als auch für die Höhe der Ausgleichsforderung der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags maßgeblich ist. Dann bleiben Ansprüche wie der von Franziska M. im Beispielsfall bis zum Scheidungsurteil bestehen.

3. Verbesserung des vorläufigen Rechtsschutzes

Damit Zugewinnausgleichsansprüche nicht nur auf dem Papier stehen, wird durch die Reform auch der Schutz vor Vermögensverschiebungen verbessert.

Beispiel: Sabine K. ist Alleineigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung. Diese Eigentumswohnung stellt als Kapitalanlage einen erheblichen Teil ihres Vermögens dar. Unmittelbar nach der Trennung von ihrem Ehemann Rolf K. inseriert sie die Wohnung zum Verkauf, obwohl dies wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Rolf K. befürchtet nun, dass der Verkauf nur dazu dienen soll, den Erlös beiseite zu schaffen, um ihm keinen Zugewinn ausgleichen zu müssen.

Solchen Fällen soll ein Riegel vorgeschoben werden. Der Ehepartner, dem hier der Schaden droht, kann den Zugewinn künftig leichter vorzeitig geltend machen. Dieses Recht kann er in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor Gericht sichern. Damit wird verhindert, dass der andere Ehepartner sein Vermögen ganz oder in Teilen beiseite schafft.

II. Einfachere Besorgung von Geldgeschäften betreuter Menschen

Ein Vormund oder Betreuer, der für sein Mündel oder seinen Betreuten einen noch so kleinen Geldbetrag vom Girokonto abheben oder überweisen will, braucht dafür derzeit die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn auf dem Konto mehr als 3.000 Euro Guthaben sind. Das erfordert einen enormen bürokratischen Aufwand. Außerdem wird Betreuern von einigen Kreditinstituten die Teilnahme am automatisierten Zahlungsverkehr (Geldautomat, online banking etc.) verwehrt, da sie im automatisierten Kontoverkehr nicht ausreichend kontrollieren können, ob das Kontoguthaben unter oder über 3.000 Euro liegt.

Beispiel: Der 70jährigen, an einem Hirntumor erkrankten Erika R. wurde ein Berufsbetreuer bestellt. Ihre Rente beträgt 2.000 Euro. Da sie für ärztliche Behandlungen nicht selten Vorschüsse ihrer Krankenkasse erhält, liegt ihr Kontoguthaben häufig über 3.000 Euro. Bei diesem Guthaben benötigt ihr Betreuer für jede alltägliche Überweisung/ Auszahlung von ihrem Konto eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung.

Dieser Verwaltungsaufwand ist unnötig und kann vermieden werden. Deshalb soll der Betreuer oder Vormund künftig über das Girokonto, das er treuhänderisch verwaltet, ohne gerichtliche Genehmigung verfügen können. In erster Linie werden dadurch die Betreuer entlastet, die nicht in einem engen familiären Verhältnis zum Betreuten stehen. Eltern, Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge sind schon heute von der Genehmigungspflicht befreit.

Vor einem Missbrauch ist der Betreute auch weiterhin durch die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts geschützt. Der Betreuer muss Einnahmen und Ausgaben des Betreuten genau abrechnen und die Kontobelege einreichen. Geld, das nicht für die laufenden Ausgaben benötigt wird, muss der Betreuer für den Betreuten verzinslich angelegen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 05.11.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2007