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VÖLKERRECHT/067: Weltraumrecht ist vor allem Völkerrecht (friZ)


friZ - Zeitschrift für Friedenspolitik 1/09 - März 2009

Weltraumrecht ist vor allem Völkerrecht

Von Stephan Hobe


Die Schaffung einer völkerrechtlichen Rahmenordnung begann bereits kurz nach den ersten Weltraumaktivitäten. Eine zentrale Rolle spielt heute der Weltraumausschuss der Vereinten Nationen (COPUOS). Wichtigstes Ziel bleibt die Bewahrung des Weltraums für friedliche Missionen.


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Vergleichsweise früh hat man sich auf die Schaffung eines Regelwerks über das Vordringen des Menschen in den Weltraum verständigt. Schon 1963, also nur gerade sechs Jahre nach dem Start von Sputnik 1(1), verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die wegweisende Resolution "Erklärung über Rechtsgrundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums".(2)

In den Jahren 1967 bis 1979 folgten mit dem Weltraumvertrag, dem Rettungsabkommen, dem Haftungsabkommen, dem Registrierungsabkommen und dem Mondvertrag fünf weltraumrechtliche Konventionen, in denen jedenfalls für die Vertragsstaaten, aber teilweise auch darüber hinaus, verbindliches Recht gesetzt wurde. Das soll jedoch nicht heissen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits für sämtliche Details der Raumfahrt Rechtsregeln ausgearbeitet waren. Vielmehr hatte man sich auf bestimmte Grundprinzipien verständigt, anhand derer sich das Vordringen der Menschen ins All vollziehen sollte und auf deren Basis im Laufe der Zeit detaillierte Vorschriften ausgearbeitet werden konnten.


Der Weltraumausschuss der Vereinten Nationen

Da Weltraumaktivitäten in den Anfangsjahren ausschliesslich von staatlichen Stellen durchgeführt wurden, kam es darauf an, Rechte und Pflichten zwischen den einzelnen Staaten festzulegen. Weltraumrecht war - und ist es auch heute noch in erster Linie - Völkerrecht.

Eine herausragende Rolle spielt in diesem weltraumrechtlichen Zusammenhang die UNO, welche die Entstehung der weltraumrechtlichen Verträge zwischen den Staaten vorbereitet. Hierfür gibt es seit Mitte der 50er Jahre einen ständigen Ausschuss, der sich mit der Erforschung und Nutzung des Weltraums befasst: Dem Weltraumausschuss der Vereinten Nationen, abgekürzt COPUOS(3), gehören heute 65 Staaten an. COPUOS setzt sich aus zwei Unterausschüssen zusammen:

• dem technisch wissenschaftlichen Unterausschuss, in dem die Naturwissenschaftler und Techniker zusammenkommen und
• dem Legal Subcommittee, dem juristischen Gremium, in dem die weltraumrechtlichen Fragen erörtert werden. COPUOS berichtet direkt der Uno-Generalversammlung; der Ausschuss bereitet Weltraumrechtliche Resolutionen und Verträge vor und formuliert entsprechende Entwürfe. Dabei gilt das Konsensprinzip, d.h. über anstehende Tagesordnungspunkte wird so lange verhandelt, bis eine für alle Staaten tragbare Lösung erreicht ist. Zwar wirkt sich dies nicht gerade positiv auf die Dauer und Effektivität der Verhandlungen aus, doch liegt als Ergebnis in der Regel ein Abkommensentwurf vor, der von allen Staaten akzeptiert werden kann.

Nachstehend die fünf multilateralen Verträge, die der Weltraumausschuss formuliert hat und zu denen die Generalversammlung jeweils fünf Prinzipienkataloge (in Form von Resolutionen) verabschiedet hat.(4)


Der Weltraumvertrag

Die immer noch wichtigste Konvention stellt der sogenannte Weltraumvertrag (Outer Space Treaty) dar.(5) Er enthält die wesentlichen Grundsätze über den Rechtsstatus des Weltraums und der menschlichen Aktivitäten im Weltraum und auf Himmelskörpern.

Der Weltraumvertrag ist zweifellos ein besonderer Erfolg der internationalen Staatengemeinschaft, da er trotz der Blockbildung während des Kalten Krieges und trotz erheblicher politischer Meinungsverschiedenheiten nicht nur verabschiedet, sondern auch bis heute von beinahe 100 Staaten - darunter allen Raumfahrtnationen - ratifiziert wurde. Wenn man diese Anzahl mit den Beitritten zu anderen multilateralen Vertragswerken vergleicht und bedenkt, dass etliche Staaten gar keine oder nur eine sehr geringe Berührung mit Weltraumaktivitäten haben, dann kann man sagen, dass der Weltraumvertrag eine sehr erfolgreiche völkerrechtliche Kodifikation darstellt.

Im Weltraumvertrag wird ein breites Spektrum von Inhalten abgedeckt: Hervorzuheben ist der Grundsatz der Freiheit der Erforschung und Nutzung des Weltraums (Art. I). Hierbei geht es um die Freiheit der Staaten, im Weltraum aktiv und wissenschaftlich tätig zu sein. Ebenfalls ist ein Verbot nationaler Aneignungen und Okkupationen geregelt (Art. II). Ein Gebietserwerb im Weltraum einschliesslich der Himmelskörper ist nach Artikel II ausdrücklich ausgeschlossen. Das Aneignungsverbot umfasst nach herrschender - aber umstrittener - Auffassung auch den Ausschluss von Eigentumsrechten Internationaler Organisationen sowie staatlicher und privater Unternehmen. Der Weltraum ist demnach ein gemeinschaftlicher Raum, eine res communis omnium, er ist "province (Anliegen) of all mankind".(6) Der Weltraum ist also, entgegen dem staatlicher Hoheit unterstehenden Luftraum, staatsfrei. Mit anderen Worten: Kein Staat kann dort territoriale Rechte geltend machen.

Der Weltraumvertrag enthält des Weiteren das Verbot der Stationierung von Massenvernichtungswaffen im Weltraum (Art. IV), eine Pflicht zur Kooperation bei der Sicherung und Rettung von Astronauten (Art. V) sowie Regelungen zur Verantwortlichkeit und Haftung von Staaten für Schäden durch Weltraumgegenstände (Art. VII) und die Pflicht zu deren Registrierung (Art VIII). Aus diesem breiten Regelungsspektrum wurden in der dann folgenden Rechtsentwicklung einige Bereiche in Einzelabkommen konkretisiert.


Das Weltraumrettungsabkommen

Als zweites grosses weltraumrechtliches Gesetzeswerk wurde am 22. April 1968 das so genannte Weltraumrettungsabkommen abgeschlossen.(7) Dieses Abkommen ist ähnlich erfolgreich wie der Weltraumvertrag. Die schnelle Ausarbeitung des Vertrages ist auf zwei Unfälle im Jahre 1967 in den USA und der Sowjetunion zurückzuführen, bei denen Astronauten getötet wurden, so dass den Raumfahrtnationen die Notwendigkeit entsprechender Regelungen zum Schutz von Astronauten vor Augen geführt wurde. Das Weltraumrettungsabkommen wurde bis dato von über 90 Staaten unterzeichnet. Inhalt des Abkommens sind Vorschriften über die Rettung und Rückführung von Astronauten in Krisensituationen sowie über die Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Gegenständen.


Das Haftungsabkommen

Die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände ist bereits in Artikel VII des Weltraumvertrages angelegt, wurde aber später insbesondere im Weltraumhaftungsabkommen(8) von 1972 detailliert ausgestaltet. Die Startstaaten sind danach für Schäden, die "ihre" Weltraumgegenstände auf der Erdoberfläche oder an Luftfahrzeugen im Flug hervorrufen, ohne Rücksicht auf Verschulden im Sinne einer Gefährdungshaftung auch für rechtmässiges Handeln haftbar. Damit zeichnet sich, betrachtet man insgesamt das geltende Völkerrecht, das Weltraumrecht mit seiner Gefährdungshaftung als ein sehr fortschrittliches Rechtsgebiet aus, was sicherlich mit den äusserst gefährlichen (ultra hazardous) Tätigkeiten zu tun hat. Die Grundsätze der Verschuldenshaftung gelten nur dann, wenn der Schaden an einem fremden Weltraumgegenstand oder anderswo als auf der Erdoberfläche eintritt.

Besonders wichtig, aber problematisch, ist hier die Definition des Startstaates, der nach der Konzeption des Haftungsabkommens der haftende Staat ist. Er ist zum einen im Haftungsabkommen, wie andererseits auch in der Registrierungskonvention näher beschrieben, weist jedoch eine nicht unerhebliche Unklarheit auf. Es kann etwa der Staat, der selbst ein Objekt in den Weltraum transportiert oder der ein solches in den Weltraum transportieren lässt, Startstaat sein, wie auch ein solcher, von dessen Gelände ein Start durchgeführt wird. Dies kann die Frage aufwerfen - die in der Tat bereits relevant geworden ist - wie der Fall eines, von einer privaten Firma (Sea Launch) durchgeführten Starts von hoheitsfreiem Gebiet aus (auf Hoher See), völkerrechtlich im Sinne der Haftungsregelung zu beurteilen ist. Die Relevanz dieser Haftungsfrage wird mit wachsenden Aktivitäten von privaten Unternehmen, insbesondere im Telekommunikationssektor, weiter zunehmen.


Das Registrierungsabkommen

Eine Registrierungspflicht für Weltraumgegenstände durch den Startstaat ist im Registrierungsabkommen(9) von 1975 festgeschrieben. Diese Registrierung bildet die rechtliche Brücke zwischen dem Weltraumgegenstand und dem Startstaat. Sie sichert dem Startstaat die Ausübung seiner Hoheitsgewalt und die Kontrolle über das Objekt auch im Weltraum. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass die Rechte anderer Staaten gewahrt werden können, indem der Startstaat identifizierbar ist und auch haftbar gemacht werden kann.


Der Mondvertrag

Nach etwa zehnjähriger Verhandlungsdauer wurde 1979 der so genannte Mondvertrag verabschiedet.(10) Der Kurztitel führt etwas in die Irre, weil die Regelungen auch für andere Himmelskörper gelten sollen. Diesem letzten grossen Schritt in der Kodifizierung von Weltraumrecht war allerdings kein Erfolg mehr beschieden. Weil hier die Meinungen, unter welchen Voraussetzungen mögliche Bodenschätze der Himmelskörper ausgebeutet werden dürfen, zwischen den westlichen Industriestaaten, den damals noch sozialistischen Staaten und den Entwicklungsländern erheblich auseinander gingen, wurde der Mondvertrag nur von 13 Staaten ratifiziert, darunter keine der wirklich grossen Raumfahrtnationen. Praktisch ist der Mondvertrag daher relativ bedeutungslos. Die Tatsache, dass sich der Vertragstext für so wenige Staaten als akzeptabel erwiesen hat, führt nun aber auch dazu, dass bezüglich rechtlich höchst relevanter Fragen für die kommerzielle Nutzung des Weltraums eine Regelungslücke vorliegt.


Spezifische Nutzungsregimes

Im Laufe der Jahrzehnte erlebten wir eine immer weiter fortschreitende Nutzung des erdnahen Weltraums für eine Vielzahl von Anwendungen:

a) Telekommunikation:
Telekommunikationssatelliten bilden auf verschiedenen Umlaufbahnen ein weltumspannendes Netz, welches fast jeder von uns beispielsweise bei Telefonaten nach Übersee benutzt. Schon 1971 wurde eine internationale Organisation (Intelsat) gegründet, deren Aufgabe es ist, weltweit Satellitentelekommunikation zu ermöglichen. Seit 1999 ist Intelsat jedoch - wie auch einige andere Organisationen in diesem Bereich - in einem Restrukturierungsprozess befindlich, der mit der Privatisierung der Organisation im Jahr 2001 abgeschlossen wurde.

Von herausragender Bedeutung für die Telekommunikation ist die International Telecommunication Union (ITU) in Genf.

b) Satellitennavigation:
Nach der Telekommunikation ist die Nutzung von satellitengestützten Navigationssystemen, wie GPS oder das in Planung befindliche europäische Galileo-System(11), das zweitwichtigste Anwendungsgebiet der Raumfahrt. Die Anwendungen reichen vom Navigationssystem im eigenen PKW über das Flottenmanagement von Speditionen und die zivile Luftfahrt bis hin zu Seenotrufsystemen.

c) Fernerkundungssatelliten:
Fernerkundungssatelliten liefern beispielsweise Daten für den täglichen Wetterbericht, für Geologie und Kartographie, für Agrar- und Forstwirtschaft, für die Stadtplanung und die Umweltüberwachung sowie für militärische Anwendungen. Zunächst war auch die zivile Erdfernerkundung eine rein staatliche Tätigkeit. Die Vereinten Nationen verabschiedeten im Dezember 1986 in einer Resolution einen Prinzipienkatalog zur Satellitenfernerkundung, die "United Nations Principles on Remote Sensing".(12) Darin ist nicht nur eine grundsätzliche Erlaubnis zur Fernerkundung per Satellit enthalten, sondern es werden auch Fragen der Verteilung so genannter "roher Daten" und analysierter Informationen geregelt. Hierbei geht es insbesondere um den Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwischen "Beobachter-Staat" und "beobachteten Staat", letztlich also um die Souveränitätsfrage. Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Resolution zum einen kein bindendes Recht darstellt, und dass sie zum anderen nur auf solche Satellitenfernerkundung Anwendung findet, die zum Zweck des Managements natürlicher Ressourcen, zur landwirtschaftlichen Nutzung oder zu Zwecken des Umweltschutzes erfolgt. Fernerkundungsmissionen mit strategischem und insbesondere militärischem Hintergrund fallen also nicht unter die Resolution.

d) Militärische Nutzung des Weltraums:
Kurz sollte in diesem Kontext auch auf das militärische Weltraumrecht hingewiesen werden.(13) Es hat militärische Weltraumnutzung immer gegeben, und das Weltraumrecht verbietet kategorisch eigentlich nur die Positionierung von Massenvernichtungswaffen im Weltraum und auf dem Mond sowie anderen Himmelskörpern. Ansonsten sind es zumeist bilaterale Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge, wie der SALT-Vertrag(14) der START-Vertrag(15) und der Nichtverbreitungsvertrag NPT (Non-Proliferation Treaty)(16), die diesen Fragenbereich weit detaillierter regeln. Aber es kann auch keinem Zweifel unterliegen, dass etwa die Fernerkundung der Erde durch Satelliten nicht nur zur Wettervorhersage, sondern auch zu militärischen Zwecken genutzt wird (so genannte dual use Technologie).

e) Die Internationale Raumstation (ISS):
Als augenfälligstes Beispiel für eine internationale Kooperation im Weltraum ist schliesslich die Internationale Raumstation (ISS) zu nennen. Diese Station ist ein Gemeinschaftsvorhaben der heute wichtigen Weltraumnationen, also der USA, Russlands, Japans, Kanadas, sowie etlicher ESA-Mitgliedstaaten (hier insbesondere Frankreich, Deutschland und Italien). Die finanzielle Grössenordnung dieses Projekts ist immens: etwa 100 Milliarden Euro für einen Zeitraum von 10 Jahren (1998-2008). Die Station geht auf eine amerikanische Initiative aus den 1980er Jahren zurück; 1988 kam es zum Abschluss eines ersten Regierungsübereinkommens zwischen den Partnerstaaten, welches die Grundlagen der Zusammenarbeit regelte. Unter anderem die Einbindung Russlands machte Änderungen des Übereinkommens notwendig, so dass es 1998 zum Abschluss eines neuen Abkommens kam.(17) Die technische Durchführung wird in bilateralen Verträgen, so genannten Memoranda of Understanding, zwischen der NASA und den Partnern bzw. deren nationalen Raumfahrtagenturen geregelt.


Neue Herausforderungen durch zunehmende Kommerzialisierung

Die meisten der oben genannten Anwendungen haben gemeinsam, dass sie zunächst durch Staaten und internationale Organisationen initiiert wurden. Die Anfangsjahre der Raumfahrt waren geprägt von staatlichen Akteuren. Dies liegt vor allem darin begründet, dass derartige Systeme sehr hoher Investitionen bedürfen und die Raumfahrt, vor allem in der Anfangszeit, mit hohen finanziellen Risiken behaftet war. Zudem sind, wie angedeutet, viele Aspekte der Raumfahrt mit militärischen Interessen verknüpft.

Diese Situation ist im Begriff, sich zu ändern. Mehr und mehr gehen einerseits die Staaten dazu über, Teile ihrer Raumfahrtaktivitäten zu kommerzialisieren und auch zu privatisieren. Andererseits drängen immer mehr Private auf potentiell lukrative Weltraummärkte, insbesondere im Bereich der Telekommunikation. Diese Kommerzialisierung der Weltraumaktivitäten hat wichtige Konsequenzen für die rechtlichen Rahmenbedingungen, die während Jahrzehnten in diesem Sektor galten. Das Weltraumrecht war zunächst eine Domäne des Völkerrechts, da die handelnden Akteure allein Staaten und internationale Organisationen waren. Mit der zunehmenden Relevanz privater Akteure muss auch eine Neuakzentuierung der rechtlichen Bedingungen einhergehen.

Die grundsätzliche Zulässigkeit privater Aktivitäten im Weltraum ergibt sich dabei aus Artikel VI des Weltraumvertrages. Danach tragen die Staaten die Verantwortung für "nationale Aktivitäten im Weltraum", egal, ob diese durch staatliche oder nichtstaatliche Stellen durchgeführt werden. Bei nichtstaatlichen Aktivitäten sind die Staaten für eine Genehmigung und eine ständige Überwachung verantwortlich. Dies bedeutet, dass auf nationaler Ebene entsprechende gesetzliche Vorschriften existieren müssen.


Ausblick

Welches sind die Perspektiven für das Weltraumrecht? Zunächst einmal ist klarzustellen, dass das bisherige Weltraumrecht noch einiger Erweiterungen und Ergänzungen bedarf. Vor allem fehlt es an einer wirklich umfassenden Regelung der kommerziellen Nutzung des Weltraums und der Himmelskörper.

Bei der Frage der Perspektiven ist auch auf die rechtlichen Regelungen des beginnenden Weltraumtourismus hinzuweisen. Sie sind, je nachdem, wo sich die touristische Aktivität abspielt - im Luft- oder im Weltraum -, dem Luftrecht oder dem Weltraumrecht zu entnehmen.(18)

Vor allem muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass dem Weltraum eine immer grössere strategische Bedeutung zukommt. Der schnelle Austausch und Gewinn von Informationen ist heute ohne den Weltraum unvorstellbar, man denke nur an Telekommunikation, GPS (bald auch Galileo) und die stetig wachsenden Spähfähigkeiten der Erdbeobachtungssatelliten. Diese Tendenzen, insbesondere die Bedeutung der Information, werden sich in den kommenden Jahren weiter verstärken. Militärische Operationen moderner Armeen sind ohne hoch technisierte Weltraumtechnologien bereits heute undenkbar. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Verantwortlichen auf die Grundgedanken der Schöpfer des Weltraumrechts besinnen werden und der Weltraum für friedliche Missionen bewahrt wird. Dabei muss vorrangig die Rückkehr zu rechtlich verbindlichen völkerrechtlichen Abkommen, wie sie die Regelungsphase von 1967 bis 1979 ausgezeichnet hatten, angestrebt werden.


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Wo beginnt der Weltraum?

Bei allem juristischen Regelungsschwung fehlt es doch bis heute an einer gängigen Definition des Weltraums, was insbesondere wegen der juristisch erheblichen territorialen Abgrenzung zum Luftraum verwundern muss. Denn der hoheitsfreie Weltraum schliesst sich sozusagen dem staatlicher Souveränität unterliegenden Luftraum als Obergeschoss an. Ohne dass dies bislang gesondert geregelt worden wäre, wird man folgende Definition des Weltraums als durch die bisherige Gesetzgebung vorausgesetzt annehmen können: Der Weltraum ist der Teil zwischen Erde und Mond sowie dem interplanetaren Raum, der bei jedenfalls 120 Kilometer über dem Meeresspiegel beginnt. (sth)


Stephan Hobe ist Direktor des Instituts für Luft- und Weltraumrecht der Universität zu Köln und dort Professor für Völker- und Europarecht. Die ungekürzte Originalfassung seines Artikels ist in der juristischen Fachzeitschrift "Humboldt Forum Recht" erschienen (Stephan Hobe, HFR 2008, S. 143 ff.). Eine PDF-Version ist im Internet zu finden unter:
www.humboldt-forum-recht.de/media/Druckansicht/pdf/2008-14.pdf
Kürzung: Detlev Bruggmann


Fussnoten

(1) Sputnik hiess der erste künstliche Erdsatellit, der am 4. Oktober 1957 von der ehemaligen Sowjetunion ins Weltall geschickt wurde. Dieses Datum gilt gemeinhin als Beginn der Ära der Weltraumfahrt.

(2) UNGA Res. 1962 (XVIII) vom 13. Dezember 1963

(3) Der Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums (engl. Committee on the Peaceful Uses of Outer Space, COPUOS) wurde offiziell von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 12. Dezember 1959 durch die Resolution 1472 abgesegnet.

(4) Gemeint sind folgende fünf Uno-Resolutionen: 1. Declaration of Legal Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Uses of Outer Space (UNGA Res. 1962 (VIII) vom 13. Dezember 1963); 2. Principles Governing the Use by States of Artificial Earth Satellites for International Direct Television Broadcasting (UNGA Res. 37/92 vom 10. Dezember 1982); 3. Principles Relating to Remote Sensing of the Earth from Outer Space (UNGA Res. 41/65 vom 03. Dezember 1986); 4. Principles Relevant to the Use of Nuclear Power Sources in Outer Space (UNGA Res. 47/68 vom 14. Dezember 1992); 5. Declaration on International Cooperation in the Exploration and Use of Outer Space for the Benefit and in the Interest of All States, Taking into Particular Account the Needs of Developing Countries (UNGA Res. 51/122 vom 13. Dezember 1996)

(5) Treaty on Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, including the Moon and Other Celestial Bodies (Res. 2222 (XXI), vom 27. Januar 1967, In Kraft getreten am 10. Oktober 1967. Ratifikationsstand vom 1. Januar 2008: 98 Ratifikationen und 27 Unterzeichnungen

(6) Dazu etwa Stephan Hobe, Die rechtlichen Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums, Berlin 1992, S. 82 f. und S. 95 f.

(7) Agreement on the Rescue of Astronauts, the Return of Astronauts and the Return of Objects Launched into Outer Space (UNGA Res. 2345 (XXII) vom 22. April 1968). Ratifikationsstand am 1. Januar 2008: 90 Ratifikationen, 24 Unterzeichnungen

(8) Convention on International Liability Caused by Space Objects (UNGA Res. 2777 (XXVI) vom 29. März 1972); Ratifikationsstand am 1. Januar 2008: 86 Ratifikationen, 24 Unterzeichnungen

(9) Convention on the Registration of Objects Launched into Outer Space (UNGA Res. 3235 (XIXX) vom 14. Januar 1975); Ratifikationsstand am 1. Januar 2008: 51 Ratifikationen, 4 Unterzeichnungen

(10) Agreement Governing the Activities of States on the Moon and other Celestial Bodies (UNGA Res. 34/68 vom 18. Dezember 1979). Ratifikationsstand am 1. Januar 2008: 13 Ratifikationen, 4 Unterzeichnungen

(11) Während das amerikanische GPS (Global Positioning System) ebenso wie das russische GLONASS-System in erster Linie für militärische Zwecke entwickelt wurden, sollte das europäische Satellitennavigationssystem Galileo ursprünglich rein zivilen Zwecken dienen. Seit dem Juli 2008 steht Galileo jedoch auch für "Operationen im Rahmen der europäischen und Sicherheits- Verteidigungspolitik" zur Verfügung.

(12) Principles Relating to Remote Sensing of the Earth from Outer Space (UNGA Res. 41/65 vom 03. Dezember 1986)

(13) Dazu etwa Wulf von Kries, in: Karl-Heinz Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch des Weltraumrechts, Köln u.a. 1991, S. 307 ff.

(14) SALT (Strategic Arms Limitation Talks): Die Verträge zur nuklearen Rüstungsbegrenzung zwischen den USA und der UdSSR wurden 1972
(SALT I; siehe www.state. gov/www/global/arms/treaties/salt1.html)
respektive 1979 (SALT II, siehe www.state.gov/www/global/arms/treaties/salt2-1.html und 2-2.html) unterzeichnet

(15) START (Strategic Arms Reduction Treaty): Die Verträge zur Reduzierung der Strategischen Nuklearwaffen unterzeichneten 1991 die USA und die UdSSR
(START I, siehe: www.state.gov/www/global/arms/starthtm/start/start1.html)
respektive 1993 Russland (START II, siehe www.state.gov/www/global/arms/starthtm/start2/st2intal.html)

(16) Dem 1970 in Kraft getretenen Nichtweiterverbreitungsabkommen NPT
(Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, http:// www.un.org/disarmament/WMD/ Nuclear/NPT.shtml) sind bis heute mehr als 190 Staaten beigetreten.

(17) Übereinkommen vom 29.01.98 zwischen der Regierung Kanadas, Regierungen von Mitgliedstaaten der Europäischen Weltraumorganisation, der Regierung Japans, der Regierung der Russischen Föderation und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über Zusammenarbeit bei der zivilen Internationalen Raumstation, BGBI. 1998 II, S. 2447

(18) Stephan Hobe, Legal Aspects of Space Tourism, 86 Nebraska Law Review 2007, S. 439 ff


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Quelle:
friZ - Zeitschrift für Friedenspolitik 1/09, März 2009, S. 14-19
Redaktion: friZ - Zeitschrift für Friedenspolitik
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2009