Schattenblick →INFOPOOL →RECHT → FAKTEN

VÖLKERRECHT/051: Fünf Jahre Internationaler Strafgerichtshof (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 11. März 2008

Fünf Jahre IStGH - Zypries würdigt Stärkung der Menschenrechte


Heute vor fünf Jahren fand in Den Haag die feierliche Vereidigung der ersten achtzehn Richter des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) statt.

"Mit dem feierlichen Versprechen der achtzehn Frauen und Männer aus aller Welt, ihre Pflichten und Befugnisse als Richter ehrenhaft, getreulich, unparteiisch und gewissenhaft wahrzunehmen, konnte der Internationale Strafgerichtshof seine Arbeit aufnehmen. Damit begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Völkerstrafrechts. Schwerste Verbrechen gegen das Völkerrecht, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, können damit auch gegenüber Individuen geahndet werden. Deutschland hat sich von Anfang an intensiv für die Errichtung dieses unabhängigen internationalen Gerichts eingesetzt, um die Herrschaft des Rechts in den internationalen Beziehungen und den Respekt vor den Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht zu sichern", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Der Internationale Strafgerichtshof wurde durch das Römische Statut vom 17. Juli 1998 ins Leben gerufen. Das Römische Statut ist ein umfassender völkerrechtlicher Vertrag, in dem es gelungen ist, das Völkerstrafrecht in einem einheitlichen Werk zu kodifizieren und fortzuentwickeln. Es werden darin Vergewaltigung und jede andere Form schwerer sexueller Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit geächtet, wenn diese Verbrechen im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung begangen werden. Gleiches gilt beispielsweise auch für Vertreibung und rassistische Verfolgung. Das Römische Statut ist am 1. Juli 2002 in Kraft getreten.

Anders als der - ebenfalls in Den Haag ansässige und für völkerrechtliche Streitigkeiten zwischen Staaten zuständige Internationale Gerichtshof (IGH) - ist der Internationale Strafgerichtshof kein Organ der Vereinten Nationen. Er beruht vielmehr auf dem Römischen Statut, das derzeit 105 Vertragsstaaten zählt. Dazu gehören mit Ausnahme Tschechiens sämtliche Mitglieder der Europäischen Union, viele afrikanische Staaten und fast alle Staaten Lateinamerikas sowie Japan und Südkorea.

Zuständig ist der Internationale Strafgerichtshof für Verfahren wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, wenn der vorrangig zur Ermittlung und Strafverfolgung berufene Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, diese Verantwortung selbst wahrzunehmen. Zudem muss der Staat, in dem die Tat begangen wurde bzw. aus dem der Täter stammt, Vertragspartei sein oder die Gerichtsbarkeit im Einzelfall anerkennen.

Derzeit wird in vier so genannten "Situationen" ermittelt (Kongo, Uganda, Zentralafrikanische Republik und Darfur/Sudan). Gegenstand der Ermittlungen sind Verbrechen wie die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten, der Einsatz von Vergewaltigung als Mittel der Kriegsführung sowie Vertreibungen. Die Ermittlungen haben zu Strafverfahren gegen Thomas Lubanga, Germain Katanga und Mathieu Ngudjolo Chui aus der Demokratischen Republik Kongo geführt. Gegen sechs weitere Personen - Joseph Kony, Vincent Otti, Okot Odhiambo und Dominic Ongwen aus Uganda sowie Ahmad Harun und Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman ("Ali Kushayb") aus dem Sudan - wurden internationale Haftbefehle erlassen.

Deutschland unterstützt als Gründungsmitglied des Römischen Statuts den Gerichtshof politisch und finanziell in erheblichem Ausmaß. Deutscher Richter am IStGH ist Hans-Peter Kaul. Mit ihm konnte Deutschland eine weltweit respektierte Persönlichkeit als Richter nach Den Haag entsenden. In Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Römischen Statut wurden in Deutschland das Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und zusätzlich das deutsche Völkerstrafgesetzbuch erlassen.

"Täter dürfen nirgendwo auf der Welt mehr sicher sein. Die Verantwortlichen für Krieg und Vertreibung können sich nicht unter den Schutzschirm nationaler Souveränität stellen und sich damit ihrer Strafe entziehen. Wer international geächtete schwerste Straftaten verübt, verstößt gegen die auf Frieden und Gerechtigkeit gegründete Ordnung der internationalen Gemeinschaft. Heute - fünf Jahre nach der Vereidigung der Richter - hat der Gerichtshof bewiesen, dass er kein zahnloser Tiger ist. Die Zahl der Mitgliedstaaten des Römischen Statuts steigt von Jahr zu Jahr. Der Chefankläger ermittelt in Fällen schwerster Menschenrechtsverletzungen, die ersten Angeklagten sitzen in Den Haag in Untersuchungshaft und müssen sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten. Damit ist das Ziel der Völkergemeinschaft, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord nicht mehr länger hinzunehmen, seiner Verwirklichung einen großen Schritt näher gekommen", sagte Brigitte Zypries.


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 11.03.2008
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
Telefon 01888 580-90 30
Telefax 01888 580-90 46
http://www.bmj.bund.de
email: presse@bmj.bund.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2008