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ÖFFENTLICHES RECHT/110: Entschädigung für rechtswidrig inhaftierte Abschiebungshäftlinge gefordert (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 18. Juli 2014

Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht

Nach Entscheidung des EuGH: Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht fordert angemessene Haftentschädigung für rechtswidrig inhaftierte Abschiebungshäftlinge



Luxemburg/Berlin (DAV). Auf Vorlage des Bundesgerichtshofs (BGH) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 17. Juli 2014 entschieden, dass Abschiebungshäftlinge nicht zusammen mit Strafhäftlingen untergebracht werden dürfen. Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) begrüßt die Entscheidung: Abschiebungshaft dient dem Zweck der Sicherung der Abschiebung und keinen anderen Zwecken, insbesondere nicht einer Resozialisierung. Ausländer befinden sich nicht in Abschiebungshaft, weil sie eine Straftat begangen haben oder im Verdacht stehen, eine solche begangen zu haben. Sie haben nur kein Recht, in Deutschland zu bleiben und sollen, wenn sie nicht freiwillig ausreisen, abgeschoben werden.

Abschiebungshaft kann nach der Entscheidung des EuGH in einigen Bundesländern nun nicht mehr vollstreckt werden, weil es keine gesonderten Abschiebungshaftanstalten gibt. Sie müssten nun in anderen Bundesländern (z. B. Berlin oder Brandenburg) untergebracht werden. "Zu begrüßen ist, dass Abschiebungshäftlinge endlich nicht mehr in Strafhaftanstalten im Bundesgebiet untergebracht werden dürfen", so Rechtsanwalt Rolf Stahmann, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des DAV.

Der EuGH hat dieses "Trennungsgebot" der europäischen Rückführungsrichtlinie entnommen, welche seit dem 24. Dezember 2010 in Deutschland unmittelbare Geltung hat. Abschiebungshäftlinge, gegen die seit diesem Zeitpunkt Abschiebungshaft angeordnet wurde und die in eine Strafhaftanstalt eingesperrt wurden, befanden sich rechtswidrig in Haft. Sie haben deswegen Anspruch auf eine angemessene Haftentschädigung, übrigens auch dann, wenn sie bereits abgeschoben wurden.

Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des DAV weist auch darauf hin, dass der Vollzug der Abschiebungshaft in speziell für Abschiebungshäftlinge eingerichteten Haftanstalten nicht strafrechtlichen Vollzugsregelungen unterworfen werden darf. Rolf Stahmann: "Es wäre sinnvoll, wenn auch der Vollzug in den Abschiebungshaftanstalten nicht wie Strafvollzug ausgerichtet ist." Deswegen ist es zum Beispiel nicht nachvollziehbar, warum Abschiebungshäftlinge in einigen Abschiebungshaftanstalten Telefone oder Notebooks nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen dürfen.

"Im Hinblick auf die stark fallenden Haftzahlen sollte der Gesetzgeber im Übrigen ernsthaft über alternative Modelle zur Sicherung der Abschiebung nachdenken, beispielsweise die freiwillige Rückkehr fördern", so Stahmann weiter.

Informationen:
www.dav-asylrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung Ausl 2/14 vom 18. Juli 2014
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2014