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MENSCHENRECHTE/054: Aufnahme afghanischer Ortskräfte - derzeitiges Prüfverfahren rechtswidrig (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 2. Juli 2014

Aufnahme afghanischer Ortskräfte: Bundesrepublik muss sich an die eigenen Gesetze halten - derzeitiges Prüfverfahren rechtswidrig



Berlin (DAV). Der DAV fordert die Bundesregierung auf, das im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Visumverfahren bei der Entscheidung über die Aufnahme von afghanischen Ortskräften, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, zu garantieren.

"Ohne den Erlass eines Bescheides der Deutschen Botschaft Kabul, der mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, ist das Rechtsstaatsprinzip verletzt," sagte Rechtsanwalt Victor Pfaff, Mitglied des DAV-Ausschusses Ausländer- und Asylrecht, auf dem 65. Deutschen Anwaltstag in Stuttgart.

Anders als im Aufenthaltsgesetz geregelt, beginne das Verfahren nicht mit einem Visumantrag. Vielmehr solle sich die Ortskraft an ihre Dienststelle wenden. Werde eine Gefährdung verneint, teile dies das Deutsche Einsatzkommando ISAF dem Betroffenen in einem formlosen Schreiben mit. Eine Begründung werde nicht mitgeteilt, eine Rechtsmittelbelehrung nicht erteilt. Ein Visumverfahren fände nicht statt. Der Entscheidung liege ein geheim gehaltener, bis zu 15 Kriterien umfassender Katalog zugrunde.

Dieses intransparente, aus der rechtsstaatlichen Ordnung herausgelöste Verfahren kritisierte Pfaff. "Es ist unklar, wer hier auf welcher Grundlage eine Entscheidung trifft und an welcher Stelle der rechtsstaatlichen Ordnung diese einzuordnen ist. Es ist mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren, dass sich der Staat nicht an die Regeln hält, die er selbst aufgestellt hat."

Afghanische Mitarbeiter der Bundeswehr und anderer staatlicher und nicht-staatlicher Organisationen werden wegen dieser Tätigkeit häufig von Aufständischen bedroht. Verlassen ihre Arbeitgeber das Land, verlieren sie den durch diese gebotenen Schutz. Betroffen sind über 2000 Personen. Bisher wurden 776 Aufnahmeanträge geprüft, 200 weitere befinden sich in Bearbeitung. Es wurden 300 Aufnahmezusagen erteilt. In 476 Fällen wurde eine Gefährdung der Ortskraft verneint (Stand 16. April 2014).

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 20/14 vom 2. Juli 2014
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2014