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MELDUNG/555: Kein pauschaler Anstieg der Kriminalität durch Flüchtlingszuzug (idw)


RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung - 08.02.2018

Kein pauschaler Anstieg der Kriminalität durch Flüchtlingszuzug


Der Flüchtlingszustrom nach Deutschland zwischen den Jahren 2010 und 2015 hat keinen pauschalen Anstieg der Kriminalität zur Folge. Der Zuzug von Asylbewerbern in einen Kreis erhöht die Kriminalitätsrate mit Ausnahme migrationsspezifischer Vergehen nicht. Auch die einheimische Bevölkerung wird nicht häufiger kriminell. Anerkannte Flüchtlinge lassen das durchschnittliche Kriminalitätsniveau zwar ansteigen, dies aber vor allem durch gewaltfreie Delikte wie Diebstahl und Betrug. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle RWI-Studie, die erstmals für diesen Zeitraum den ursächlichen Einfluss von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen auf verschiedene Deliktarten in Deutschland untersucht.

Der starke Flüchtlingszustrom nach Deutschland zwischen den Jahren 2010 und 2015 hat keinen pauschalen Anstieg der Kriminalität zur Folge. Der Zuzug von Asylbewerbern in einen Kreis erhöht die Kriminalitätsrate mit Ausnahme migrationsspezifischer Vergehen nicht. Auch die einheimische Bevölkerung wird nicht häufiger kriminell. Anerkannte Flüchtlinge lassen das durchschnittliche Kriminalitätsniveau zwar ansteigen, dies aber vor allem durch gewaltfreie Delikte wie Diebstahl und Betrug. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle RWI-Studie, die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik und des Ausländerzentralregisters aus den Jahren 2010 bis 2015 auswertet und erstmals für diesen Zeitraum den ursächlichen Einfluss von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen auf verschiedene Deliktarten in Deutschland untersucht.

Die Zuwanderung von Asylbewerbern hat in Deutschland mit Ausnahme migrationsspezifischer Vergehen nicht zu mehr Kriminalität geführt. Die Gruppe anerkannter Flüchtlinge hingegen erhöht das durchschnittliche Kriminalitätsniveau durch gewaltfreie Delikte wie Diebstahl und Betrug. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Sie untersucht erstmals getrennt den ursächlichen Einfluss der Zuwanderung von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen auf verschiedene Deliktarten in Deutschland.

Grundlage der Studie sind Informationen der Polizeilichen Kriminalstatistik und des Ausländerzentralregisters auf Kreisebene aus den Jahren 2010 bis 2015. In diesem Zeitraum hat sich die Zahl der jährlichen Asylanträge in Deutschland auf nahezu 477.000 im Jahr 2015 fast verzehnfacht.

Asylsuchende begehen vor allem Regelverstöße

Eine erste Analyse aller Deliktarten zeigt, dass ein Anstieg des Anteils von Asylbewerbern in einem Kreis um einen Prozentpunkt den dortigen Anteil der tatverdächtigen Asylbewerber um ungefähr 0,01 erhöht. Das entspricht einem tatverdächtigen Asylbewerber pro 100 Einwohner. Die genauere Betrachtung offenbart jedoch, dass die kriminellen Aktivitäten, die zu diesem Anstieg führen, vor allem migrationsspezifische Delikte sind, die von Einheimischen nicht begangen werden können. Hierzu gehören beispielsweise Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz. Rechnet man diese Art der Delikte aus der Kriminalstatistik heraus, verändert sich die Kriminalitätsrate in einem Kreis durch den Zuzug Asylsuchender nicht signifikant.

Anders sieht es bei der Gruppe der anerkannten Flüchtlinge aus, selbst wenn man migrationsspezifische Delikte herausrechnet. Steigt der Anteil der anerkannten Flüchtlinge im Kreis um einen Prozentpunkt, so erhöht dies den Anteil der tatverdächtigen anerkannten Flüchtlinge um gut 0,4 Tatverdächtige pro 100 Einwohner. Dabei geht es vor allem um gewaltfreie Delikte wie Diebstahl und Betrug. Mit Blick auf Gewaltverbrechen, Raub oder Sexualdelikte lässt sich kein signifikanter Anstieg der Kriminalitätsraten feststellen. Der beobachtete Anstieg von Kriminalität ist durch diejenigen anerkannten Flüchtlinge getrieben, die in Regionen ziehen, in denen schon weitere Migranten gleicher Nationalität leben. Dies betrifft vor allem Großstädte wie Berlin, München, Hamburg und Köln sowie Regionen wie das Ruhrgebiet und die Rhein-Main-Region. Denn anerkannte Flüchtlinge sind nach erfolgreichem Asylantrag und Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus nicht mehr in ihrer regionalen Mobilität eingeschränkt (Residenzpflicht) und dürfen ihren Wohnsitz frei wählen.

Frühere Analysen haben gezeigt, dass insbesondere Einwanderer mit niedrigem Bildungsniveau einen Wohnort wählen, an dem bereits viele Mitbürger der eigenen Ethnie leben. Gleichzeitig erhöht ein niedriges Bildungs- und Qualifikationsniveau die Wahrscheinlichkeit, kriminell zu werden. Dies könnte den positiven Zusammenhang erklären.

Kein Hinweis auf pauschalen Anstieg der Kriminalität durch Flüchtlingsmigration

Wie die Studie auch zeigt, ändert sich das Kriminalitätsverhalten der einheimischen Bevölkerung nicht, wenn sich der Anteil der Asylbewerber oder Flüchtlinge in ihrem Kreis erhöht.

Die RWI-Studie liefert keine Hinweise darauf, dass die Kriminalität in Deutschland durch die gestiegene Flüchtlingseinwanderung kurzfristig pauschal zugenommen hat. Wissenschaftlich fundierte Aussagen zu langfristigen Auswirkungen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Hierzu sollten weiterhin Daten zu möglichst ausdifferenzierten Gruppen erhoben und öffentlich zugänglich gemacht werden.


Dieser Pressemitteilung liegt das Ruhr Economic Paper #737 ("The Refugee Wave to Germany and Its Impact on Crime") zugrunde. Über Auszüge aus der Studie berichtet die heutige FAZ.


Weitere Informationen unter:

http://www.rwi-essen.de/publikationen/ruhr-economic-papers/916/
- Link zum Ruhr Economic Paper 737 "The Refugee Wave to Germany and Its Impact on Crime"

http://www.rwi-essen.de/publikationen/rwi-impact-notes/
- Link zur Zusammenfassung in der Impact Note "Hat der Flüchtlingszuzug die Kriminalität erhöht?"

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution145

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Jörg Schäfer, 08.02.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2018

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