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ARBEITSRECHT/093: Mitgehörtes Telefongespräch kein Beweis für Arbeitsverweigerung (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 18. Januar 2010

Rubrik: Beruf/Recht/Urteile

Mitgehörtes Telefongespräch kann nicht als Beweis für Arbeitsverweigerung dienen


Berlin (DAV). Wer einen Mitarbeiter fristlos wegen Arbeitsverweigerung kündigen will, muss dies beweisen können. Die Aussage eines anderen, er habe das fragliche Telefongespräch über den Lautsprecher mitgehört, darf nicht als Beweis verwendet werden. Dem steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners gegenüber. Dieses Beweisverwertungsverbot ergibt sich aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. März 2009 (AZ: 2 Ca 17727/98), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Eine Apothekenmitarbeiterin rief ihre erkrankte Chefin an, um sich für den folgenden Freitag frei zu nehmen. Ihre Schwiegermutter sei verstorben und es seien noch einige Dinge zu erledigen. Über den weiteren Verlauf des Telefonats besteht Uneinigkeit zwischen den beiden Frauen. An dem Freitag begann die Apothekenhelferin ihre Arbeit. Als ihre Chefin mittags eintraf, erklärte die Mitarbeiterin ihr, dass sie nun die Apotheke verlassen müsse. Daraufhin kündigte die Chefin ihr fristlos direkt mündlich und noch einmal schriftlich wegen Arbeitsverweigerung. Die Mitarbeiterin klagte gegen diese Kündigung. Sie sei unwirksam, da sie ihre Arbeit nicht verweigert hätte.

Vor Gericht führte die Klägerin aus, ihre Arbeitgeberin hätte ihr in dem fraglichen Telefonat gesagt, dass sie machen könne, was sie wolle. Die Chefin erinnerte sich anders: Auf den Einwand, dass sie der Klägerin wegen ihrer Erkrankung nicht frei geben könne, habe diese erwidert, sich notfalls krankschreiben zu lassen. Dies habe eine Bekannte am Telefon mitgehört.

Das Gericht gab der Mitarbeiterin Recht. Die Apothekenbesitzerin habe die Arbeitsverweigerung nicht beweisen können. Das Mithören des Telefonats ohne Einwilligung der Klägerin verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterin. Daher könne die Aussage der Bekannten nicht als Beweis zugelassen werden. Insoweit gebe es ein Beweisverwertungsverbot. Ohne Nachweis der Arbeitsverweigerung sei die Kündigung unwirksam.

Arbeitsrechtsanwälte in der Nähe findet man unter www.ag-arbeitsrecht.de


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. ArbR 1/10 vom 18. Januar 2010
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2010