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GEWERKSCHAFT/1092: Sicherstellung des öffentlichen Personennahverkehrs in Gefahr (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 12. Dezember 2014

Sicherstellung des öffentlichen Personennahverkehrs in Gefahr

ver.di fordert mit Betriebs- und Personalräten Sonderinfrastrukturprogramm



Berlin, 12.12.2014 - Vor dem Hintergrund der immer noch ungeklärten Verkehrsfinanzierung haben Betriebs- und Personalräte aus rund 130 deutschen Betrieben des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) am 12. Dezember in Düsseldorf bei einer Konferenz der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ihre Forderungen verabschiedet.

"Wir brauchen dringend ein bedarfsgerechtes Sonderinfrastrukturprogramm für den Erhalt und den Ausbau eines zukunftsfähigen ÖPNV", betont Christine Behle, ver.di-Bundesvorstandsmitglied. "Wir erwarten, dass die Verhandlungen zur Finanzierung des Verkehrs in den Ländern nicht in die Bund-Länder-Finanzverhandlungen verschoben, sondern dem Stellenwert angemessen gesondert stattfinden und ein nachhaltiges Erhaltungs- und Finanzierungskonzept für den ÖPNV über 2019 hinaus verabschiedet wird."

236.000 Beschäftigte seien täglich im Einsatz, um Mobilität für die Bürgerinnen und Bürger sowie eine Entlastung des Verkehrsgeschehens auf den Straßen in hoher Qualität zu bieten. Diese Versorgung sei jetzt jedoch in Gefahr, so Behle weiter. Jahrelange Investitionszurückhaltungen hätten dazu geführt, dass allein für die Infrastruktur des schienengebundenen Nahverkehrs der großen Stadtbahn- und U-Bahnsysteme ein dringender Erneuerungsbedarf von mehr als 2,5 Milliarden Euro aufgelaufen sei, der jährlich um weitere 330 Millionen anwachse. Um diesen Sanierungsstau abzubauen, seien laut Bericht der Daehre-Kommission jährlich 600 Millionen Euro zusätzliche Mittel notwendig. Der laufende Mittelbedarf im kommunalen Nahverkehr belaufe sich zudem auf 740 Millionen Euro pro Jahr, dazu kämen die Kosten der zukünftig umzusetzenden Barrierefreiheit.

Behle weist darauf hin, dass der Betrieb des kommunalen ÖPNV nur zur Hälfte aus Fahrgeldeinnahmen gedeckt werde, die Unternehmen erreichen derzeit insgesamt einen durchschnittlichen Kostendeckungsgrad von 77 Prozent. Für Rücklagen sei kein Spielraum vorhanden. "Die Kommunen können die Kosten zur Rettung der Infrastruktur nicht allein stemmen", betont die Gewerkschafterin. "Wenn der ÖPNV seine wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich bedeutende Aufgabe weiterhin erfüllen soll, wird zur Herstellung der Planungssicherheit schnell ein bedarfsgerechtes und nachhaltiges Finanzierungskonzept mit investiver Zweckbindung der Mittel auch für den kommunalen ÖPNV benötigt."

Daneben sei ein Sonderinfrastrukturprogramm zur Erhaltung und zum Ausbau der Infrastruktur unverzichtbar. Die Beteiligung privater Finanzierungspartner lehne ver.di ab, da eine von dieser Seite erwartete Rendite die Aufgabenträger nur zusätzlich belasten würde.

ver.di fordert mit den Betriebs- und Personalräten der deutschen ÖPNV-Unternehmen:

• Die Verkehrsfinanzierung darf nicht in die Bund-Länder-Finanzverhandlungen verschoben werden;

• die Sicherung einer auskömmlichen, dauerhaften und rechtssicheren Finanzierung von Infrastruktur und Betrieb, Nachholbedarf sowie Neu- und Ausbau des gesamten ÖPNV unter anderem durch mehr Haushaltsmittel aus den Steuereinnahmen des Verkehrsbereichs (beispielsweise Kfz-Steuer, Mineralölsteuer, LKW-Maut);

• die Erhöhung und Dynamisierung der Mittel für den Schienenpersonennahverkehr mit langfristiger Laufzeit und bedarfsgerechter Verteilung bei der anstehenden Revision der Regionalisierungsmittel;

• zur Finanzierung des Gemeindeverkehrs (ÖPNV und Straße) muss es nach 2019 eine langfristige und zweckgebundene Anschlussregelung an die GVFG-Mittel in Höhe von jährlich mindestens 1,96 Milliarden Euro geben;

• zum Abbau des aufgelaufenen Sanierungsstaus muss ein bedarfsorientierter Infrastrukturfonds eingerichtet werden.

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Quelle:
Presseinformation vom 12.12.2014
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Eva Völpel - ver.di-Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2014