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ENERGIE/1893: "Steinzeit-Energiepolitik" - EU-Kommission blockiert EEG-Reform (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 28 vom 11. Juli 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

"Steinzeit-Energiepolitik"
EU-Kommission blockiert EEG-Reform

von Bernd Müller



Der Bundestag hat Ende Juni mit seiner Regierungsmehrheit die Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen. Der Ausbau der Erneuerbaren wird erst einmal zurückgefahren. Die Energiewende solle besser planbar für Stromproduzenten und -kunden werden, versprach Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Doch die Verbraucher werden nicht entlastet, befürchtet die Opposition.

"Es geht nicht um das Motto: je schneller, je besser beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Sondern das Motto muss lauten: je planbarer und je berechenbarer, desto besser", so Gabriel. Das bedeutet konkret, dass der Ausbau gedeckelt wird. Für die einzelnen Technologien der Ökostromerzeugung sieht das Gesetz Höchstgrenzen beim Ausbau vor und die Vergütung für neue Anlagen wird sinken.

"Steinzeit-Energiepolitik" nennt das der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Bundesregierung stünde für ein "Zurück in die Kohlezeit". Christoph Bautz vom Kampagnennetzwerk Campact wirft der Regierung Klientelpolitik für die angeschlagenen Energiekonzerne vor. Der Bundesrat müsse jetzt für grundlegende Veränderungen am Gesetzentwurf sorgen, so Bautz.

Vom Bundesrat erwartet die Große Koalition allerdings keinen Widerstand. Doch die EU-Kommission meldet Bedenken an. Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in diesem Zusammenhang von "sehr bedenklichen Entwicklungen", weil die Kommission die Wirtschaft verunsichere und Investitionen in Deutschland gefährde. Gabriel bedient sich - passend zur WM - einer Fußballmetapher: Die Forderungen der EU-Kommission seien ein "Foulspiel" und würden auf eine Deindustrialisierung der Bundesrepublik hinauslaufen.

Ausländische Ökostrom-Anbieter dürfen nicht diskriminiert werden, meint EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Seine Behörde vergleicht Ökostrom-Beihilfen mit einem rechtswidrigen Zoll und prüft deshalb, ob diese gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen. Im Dezember war ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet worden, weil die Kommission hinter den zahlreichen Befreiungen von der Ökostrom-Umlage eine unerlaubte Beihilfe vermutet. Almunia signalisierte, dass eine Einigung noch im Juli möglich sei. Wie diese aber aussehen könnte, blieb indes offen. Gabriel verwies darauf, dass es rechtlich nicht möglich sei, Importstrom von der Umlage auszunehmen. Bei diesem Punkt wolle er es auf einen Konflikt mit der EU-Kommission ankommen lassen.

Die deutsche Industrie drängt allerdings darauf, dass die EEG-Novelle wie geplant im August in Kraft treten kann. Die Verhandlungen mit Brüssel dürfen den Zeitplan für die EEG-Reform nicht gefährden, betonte Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). Ansonsten sei es der deutschen Wirtschaft nicht möglich, die milliardenschweren Ausnahmen von der Ökostrom-Umlage für nächstes Jahr zu beantragen.

Unternehmen, die besonders viel Energie verbrauchen, können sich von der Zahlung der Umlage befreien lassen. Die Zahl der auf diese Art subventionierten Unternehmen ist in den letzten Jahren gestiegen (UZ berichtete). Sowohl Bürger als auch kleine Unternehmen müssen den Fehlbetrag ausgleichen und werden stärker belastet. So stieg die Umlage in den letzten Jahren massiv an. Zahlten die Haushalte vor fünf Jahren lediglich 1,3 Cent pro Kilowattstunde müssen sie jetzt für die Umlage 6,3 Cent pro Kilowattstunde entrichten. Im Wahlkampf sei die Strompreisbremse noch in aller Munde gewesen, sagte Caren Lay von der Linkspartei. Inzwischen würde die Regierungskoalition sogar abstreiten, dass es jemals darum gegangen sei, die Strompreise für die Verbraucher zu senken.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 28 vom 11. Juli 2014, Seite 5
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2014