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ENERGIE/1853: Die Energiewende gelingt nur "smart" und gemeinsam (idw)


Münchner Kreis - 19.05.2014

Die Energiewende gelingt nur "smart" und gemeinsam



Die tragenden Säulen der Energiewende sind der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Einsparung von Energie. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung steht hinter dem weltweit einzigartigen Projekt des Atomausstiegs, allerdings meist ohne konkrete Vorstellungen über Mittel und Wege zum erfolgreichen Umbau unserer Energiesysteme. Selbst in Expertenkreisen gibt es hierzu unterschiedliche Meinungen. Der MÜNCHNER KREIS hat Energieversorger, Politiker, Verbände und Vertreter der Informations- und Telekommunikationsbranchen an einen Tisch gebracht, um die Energiewende mit innovativen Technologien und neuen Geschäftsmodellen voranzutreiben.

München, 19. Mai 2014 - Rund 140 Experten für Energie- und IT-Fragen haben vergangene Woche auf einer Fachkonferenz des MÜNCHNER KREIS Wege für den erfolgreichen Ausstieg aus der Atomkraft und für den sicheren Umbau der Energiesysteme diskutiert. "Zum 1. August 2014 wird das reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft treten. Die schrittweise Abkehr von staatlichen Preisgarantien und die Hinwendung zur Steuerung der Energiepreise durch den Markt werden zukünftig wichtige Impulse für die Umsetzung der Energiewende geben", sagte Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. "Die Realisierung einer nachhaltigen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien muss dabei alle drei Sektoren - Strom, Wärme und Mobilität - berücksichtigen." Doch dezentrale Stromerzeugung und Schwankungen in der Energiegewinnung aus regenerativen Quellen stellen große Herausforderungen dar, und erfordern einen weitreichenden Umbau unserer Übertragungs- und Verteilnetze. Von vorgezeichneten Wegen oder gar von einer verbindlichen Roadmap, wie manche sie fordern, sind wir allerdings weit entfernt, so der Tenor der Energieexperten.

"Smart Technologies sind für das Gelingen der Energiewende von zentraler Bedeutung. Sie sind die Grundlagen für das Management der Volatilität und der Dezentralität", erklärte Daniel Hölder, Vorstandsmitglied im Bundesverband Erneuerbare Energie. "Intelligente Netze erlauben uns, das sich zuverlässig wiederholende Schema aus Grund-, Mittel- und Spitzenlast abzulösen durch die schwankende Erzeugung vor allem aus Sonne und Wind." Aus Sicht der Verbraucher muss eine solche Lösung in erster Linie umweltverträglich und wirtschaftlich umsetzbar sein. Und auch die Versorgungssicherheit muss zu jeder Zeit gewährleistet sein. Hier seien insbesondere die Betreiber der Verteilnetze gefragt, so Eric Ahlers vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Schließlich sei damit zu rechnen, dass sich deren Rolle zukünftig gerade im ländlichen Bereich deutlich wandeln werde. Das Management dezentraler Erzeugungs- und Speicherungsprozesse wird darüber hinaus den wirtschaftlichen Erfolg von Energieversorgern maßgeblich beeinflussen. "Um diese Herausforderung zu meistern, bedarf es einer neuen Generation von Informations- und Kommunikationsplattformen, die in der Lage sind, Produktions- und Netzsteuerungsprozesse mit betriebswirtschaftlichen Abläufen in Echtzeit in Einklang zu bringen", so Dr. Stefan Engelhardt, Vice President Industry Business Unit Utilities bei SAP. Dabei müssen gewaltige Datenmengen aus einer Vielzahl von Quellen gewonnen und prozessorientiert aufbereitet werden. Innovative, auf den Kunden ausgerichtete Geschäftsmodelle und Lösungen verlangen allerdings nach einem unternehmerischen Umfeld, das bereit ist, neue Wege zu gehen, Risiken in Kauf zu nehmen und schnell und flexibel zu sein. Zukunftsfelder wie Energiemanagement, Energie-Effizienz, Smart Home und Smart Grid sowie datenbasierte Geschäftsmodelle ermöglichen eine Reihe erfolgversprechender Strategien, mit denen sich auch neue Marktteilnehmer etablieren können.

Vor dem Hintergrund der politischen Ziele zur Senkung der CO2-Emissionen, zur Energieeffizienz sowie zum Umstieg auf erneuerbare Energien wurden auf der Konferenz des MÜNCHNER KREIS städtische und regionale Initiativen sowie das Engagement von Bürgern und innovativen Unternehmen als die eigentlichen Treiber bei der Umsetzung der Energiewende identifiziert. "Wir erleben derzeit einen Wandel, der von unten kommt. In zahlreichen Projekten sehen wir, dass diejenigen, die auf mittlere Frist planen und agieren, die größten Erfolge herbeiführen", sagte Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Bürgerinnen und Bürger wollen mitbestimmen, wie die Energieversorgung mit Strom und Wärme künftig organisiert wird und sie engagieren sich, indem sie in ihren Eigenheimen Klein-Blockheizkraftwerke oder Photovoltaikanlagen installieren, Energiegenossenschaften gründen oder in den Bau von Windkraftwerken investieren. Dabei ist der Übergang von einem zentral geführten System zu einem System geteilter Verantwortung zu gestalten, in dem Angebot und Nachfrage die Seiten tauschen dürfen, wenn der private Haushalt überschüssige, selbst produzierte Energie ins Netz einspeist.

"Man muss vorsichtig sein mit Aussagen, die Energiewende erfordere bestimmte Kraftwerke, bestimmte Speicher oder andere spezielle Lösungen", gab Achim Zerres, Leiter der Abteilung Energieregulierung der Bundesnetzagentur zu bedenken. Eine kleinschrittige und ergebnisoffene Vorgehensweise sei vernünftiger: "Smart Energy sollte aus der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen heraus entstehen. Diese sollten Spielräume öffnen, Anreize setzen und sich der Regulierung technischer Details möglichst enthalten." In einem solchen Umfeld finden sich diejenigen besonders gut zurecht, die mit viel Pioniergeist und Mut voranschreiten, resümierte Prof. Michael Dowling, Vorstandsvorsitzender des MÜNCHNER KREIS: "Wer Neuland betritt, darf nicht auf Roadmaps hoffen. In unbekanntem Gelände hilft eine gesunde Pfadfindermentalität. Das gilt auch für die Neugestaltung des Energiesektors."


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Münchner Kreis, Till Breitung, 19.05.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2014