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AUSSENHANDEL/1613: Studie - Deutsche Akteure in China vor neuen Herausforderungen (idw)


Bertelsmann Stiftung - 08.06.2016

Deutsche Akteure in China vor neuen Herausforderungen

- Chinas Zukunft erscheint derzeit unsicher. Für Deutschland steht dabei viel auf dem Spiel.
- Eine Studie der Bertelsmann Stiftung entwirft Szenarien für Chinas Entwicklung und begründet mögliche Auswirkungen auf Deutschland.


Gütersloh, 08. Juni 2016. China befindet sich zurzeit in einer Phase struktureller Umbrüche. Der Wirtschaft droht eine harte Landung, die gesellschaftlichen Spannungen wachsen während sich die Konflikte mit den Nachbarstaaten zuspitzen. Die Politik versucht mit harter Hand, die Kontrolle zu behalten.

Die Studie "China 2030: Szenarien und Strategien für Deutschland" der Bertelsmann Stiftung und des Fraunhofer Instituts für Innovations- und Systemforschung zeigt: Die Unsicherheit, die von China ausgeht, hat in jüngster Zeit deutlich zugenommen. Die Risiken besonders für Unternehmen aber auch für die politische oder wissenschaftliche Zusammenarbeit werden größer. Deutsche Akteure sollten ihr Engagement in China überdenken und neu ausrichten.

Welche Entwicklungen in China möglich sind und wie sich unterschiedliche Szenarien auf Deutschland auswirken könnten zeigt die Untersuchung.

Drei von sechs Szenarien sind gleichermaßen wahrscheinlich

Im "Status quo" Szenario bleibt Chinas politisches und wirtschaftliches System weitgehend stabil. Für die deutsche Wirtschaft und Politik wäre China in diesem Szenario weiterhin ein schwieriger, aber einigermaßen berechenbarer Partner.

Im "Chinesischer Traum" Szenario gelingt Chinas Regierung die Umsetzung ihrer ehrgeizigen Wirtschaftsreformen. Für Deutschland wäre das Land ein stärkerer wirtschaftlicher Wettbewerber, aber auch ein weiterhin wachsender Markt und stabiler politischer Partner.

Im "Große Mauer" Szenario eskalieren einige der aktuellen Probleme und treiben China, ähnlich wie Putins Russland, in die Isolation. Darunter würden auch das deutsch-chinesische Verhältnis und die deutsche Wirtschaft leiden.

"Bisher hat Deutschland von der Entwicklung in China überwiegend profitiert", sagt Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung. "Aber in einer Zeit immer schnellerer Veränderung ist es nicht selbstverständlich, dass dies auch so bleibt." Alle Szenarien haben eines gemeinsam: China wird für Deutschland ein schwierigerer Partner werden. Deutschland kann von den Entwicklungen nur dann profitieren, wenn Unternehmen und Politik die richtigen Weichen stellen.

Innovation, globale Wirtschaft und internationale Ordnungsstrukturen sind zentrale Handlungsfelder

Innovation: China beschleunigt den globalen Wettbewerb um Innovationen, gerade auch in Branchen, in denen Deutschland traditionell führend ist, etwa Maschinenbau, Automobile oder erneuerbare Energien. Die Stärkung der eigenen Innovationskraft ist deshalb ein Schlüssel für Deutschlands Zukunftsfähigkeit. Innovationskooperationen mit China bleiben riskant, solange dort für ausländische Unternehmen keine gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschen.

Globale Wirtschaft: Exporte nach China machen zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus. Für einige Branchen ist China der größte Markt. Viele deutsche Unternehmen sehen sich vor der Herausforderung, Chinas Wachstumspotential zu nutzen, ohne dabei in einseitige Abhängigkeit zu geraten. Die deutsche Wirtschaft muss ihre Absatzmärkte dringend diversifizieren, zumal auch chinesische Unternehmen in den neuen Wachstumsregionen expandieren und zunehmend international investieren.

Internationale Ordnungsstrukturen: Deutschland genießt zu China derzeit ein Sonderverhältnis als wichtigster europäischer Partner. Doch diese Rolle wird Deutschland mittelfristig nicht aufrechterhalten können und braucht deshalb starke Allianzen, etwa eine koordinierte EU-Außenpolitik, aber auch neue Partnerschaften in Asien. Deutschland hat außerdem ein Interesse daran, China stärker in internationale Governance-Strukturen einzubinden und zu mehr internationaler Verantwortung zu bewegen.

"Die Signale aus China sind so widersprüchlich, dass man dort keinen klaren Entwicklungstrend mehr ausmachen kann", sagt Bernhard Bartsch, Senior Expert der Bertelsmann Stiftung. "Politik und Wirtschaft sollten sich deshalb nicht auf einzelne Prognosen verlassen, sondern systematisch verschiedene Szenarien durchspielen."

Die Bertelsmann Stiftung bietet ein Online-Tool an, mit dem Benutzer ihre persönlichen Zukunftserwartungen mit den Szenarien der Experten vergleichen können:
https://china-szenarien.bertelsmann-stiftung.de

Weitere Informationen unter:
http://www.bertelsmann-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution605

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bertelsmann Stiftung, Volker Oetzel, 08.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2016

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