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ARBEIT/2294: "Deutsches Dilemma" verhindert Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen (idw)


University of Gothenburg - 13.05.2014

Neue Forschung: "Deutsches Dilemma" verhindert Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen



Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen im industriellen Sektor ist seit vielen Jahren nahezu unverändert. Eine neue empirische Studie der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Göteborg beleuchtet nun was Deutschland an der Herstellung von Lohngleichheit hindert - und was das schwedische Erfolgsmodell unterscheidet. Eine weitere Teilstudie der im April verteidigten Doktorarbeit zeigt auf, dass geringere inter-industrielle Lohnunterschiede das wirtschaftliche Wachstum fördern.

• Trotz vergleichbar großer Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in beiden Ländern nach Ende des 2. Weltkrieges hat Schweden die Lücke auf circa 10% reduzieren können. In der bereits veröffentlichten Studie zeige ich, dass dieses nicht allein durch ökonomische und politische Faktoren zu erklären ist. Das Zusammenspiel des Wohlfahrtsstaates, des Steuersystems und nicht zuletzt vorherrschender konservativer Ideologien verhindern in Deutschland Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern, so Svenja Gärtner, Forscherin am Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte.

Das so genannte "Deutsche Dilemma" beschreibt dabei das Zusammenspiel dieser Faktoren: Möchten Mütter einer Erwerbstätigkeit nachgehen, zwingt sie die unterentwickelte und hauptsächlich halbtags existierende Betreuung zur Teilzeitarbeit. Zweitverdiener unterliegen jedoch einer enormen marginalen Steuerbelastung, sofern von der Möglichkeit des Ehegattensplittings Gebrauch gemacht wird. Der Rückzug aus der Erwerbstätigkeit bzw. die Beschränkung auf Teilzeitarbeit, wie sie auch in der heutigen Gesellschaft noch moralisch von Müttern gefordert werden, senken die Berufserfahrung und somit das Einkommen. Ein ideologischer Wandlungsprozess ebnete hingegen den schwedischen Weg hin zu höherer weiblicher Erwerbstätigkeit, individueller Besteuerung und dem Ausbau der Ganztagsbetreuung, wie verschiedene Indikatoren empirisch zeigen.

• Meine Dissertation zeigt, dass Lohnungleichheit deutliche Konsequenzen für die Volkswirtschaft als auch die Gesellschaft hat. Dieses ist insbesondere in einer Zeit steigender Ungleichheit von besonderem Interesse, so Svenja Gärtner.

Eine dieser Konsequenzen ist beispielsweise der positive Effekt geringerer inter-industrieller Lohnungleichheiten auf die Produktivitätsentwicklung, gemessen 1970-2006 in 14 Staaten. Dieses Resultat gilt jedoch nur innerhalb Europas, in Australien und den USA ist der Effekt gegenteilig.

• Der negative Effekt der Lohnungleichheit auf die Produktivität innerhalb der EU wird hauptsächlich über den Effekt der Lohnungleichheit auf die Beschäftigung kanalisiert. Man kann also die Ziele Gleichheit und Wachstum simultan erreichen, jedoch nur unter Verlust von Arbeitsplätzen für Geringqualifizierte, sagt Svenja Gärtner.

Die Doktorarbeit "Wages, Inequality and Consequences for the Economy" wurde am 25. April 2014 am Fachbereich "Economy and Society" der School of Business, Economics and Law, Universität Göteborg, verteidigt. Weitere Kapitel der Dissertation beleuchten Migrationsprozesse innerhalb Schwedens sowie den Einfluss von Einkommensungleichheit auf die Entstehung des Wohlfahrtsstaates.

Eine Zusammenfassung der Dissertation ist verfügbar unter:
https://gupea.ub.gu.se/handle/2077/35271

Weitere Informationen unter:
https://gupea.ub.gu.se/handle/2077/35271

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1327

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
University of Gothenburg, Henrik Axlid, Press Officer, 13.05.2014
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2014