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ARBEIT/1833: Nur geringe Auswirkungen der WM auf Arbeitsproduktivität erwartet (idw)


Universität Hohenheim - 09.06.2010

15 Minuten WM-Pause täglich: Forscher erwarten nur geringe Auswirkungen der WM auf Arbeitsproduktivität

WM-Studie 2010 der Universität Hohenheim: 50 % der Deutschen wollen WM-Themen am Arbeitsplatz verfolgen


Bis zu 15 Minuten Arbeitszeit will der Durchschnittsdeutsche während der WM täglich opfern, um sich der WM zu widmen. Den Ausfall nacharbeiten will jedoch nur jeder Vierte. Insgesamt könnten dadurch in den kommenden Wochen 0,27 % des BIP verloren gehen. Im Vergleich zu 2006 wären die Auswirkungen in diesem Jahr damit jedoch deutlich geringer - und auch die Chefs sehen den Ausfall vergleichsweise gelassen, so die Ergebnisse der WM-Studie des Lehrstuhls für Marketing I der Universität Hohenheim.

Statt Public-Viewing: nicht nur eine Sofa-WM soll das Sportereignis werden, sondern auch eine Bürostuhl-WM. Eine Studie von Marktforschern um Prof. Dr. Markus Voeth vom Lehrstuhl für Marketing I zeigt, dass über 50 % der Arbeitnehmer planen bis zu 15 Minuten täglich mit WM-Themen am Arbeitsplatz zu verbringen.

Für die Studie befragten die Marketingexperten mit ihren Studierenden in fragebogengestützten Interviews deutschlandweit 1664 Personen. Die Forscher fragten nach den Plänen der Arbeitnehmer für die WM an ihrem Arbeitplatz und inwieweit Arbeitgeber das WM-Verhalten tolerieren.


15 Minuten ohne Nachsitzen

Rund 15 Minuten will gut die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer mit der WM verbringen: Radio hören, die Spiel-Ergebnisse im Internet abrufen, Tipp-Gemeinschaften unter Kollegen bilden und vieles mehr. Die Zeit, die sie dafür verwenden wollen, will nur fast ein Viertel der Befragten wieder nachholen. Die überwiegende Mehrheit der WM-Fans (76,1 %) plant nicht, die verlorene Arbeitszeit wieder reinzuholen.

"Sollten sich unsere Befragungwerte als realistisch herausstellen, würden 0,27 % des Bruttoinlandsprodukts verloren gehen", sagt Prof. Dr. Voeth. Im Vergleich zur WM 2006 wäre der Verlust aber weniger gravierend: "Die verlorene Arbeitszeit wirkte sich 2006 mit 0,4 % des BIP gravierender aus", ergänzt Jeanette Loos, Projektleiterin der WM-Studie.


Chefs sehen WM-Zerstreuung locker

Erstaunt hat die Marktforscher, dass Arbeitnehmer ihre Chefs viel strenger einschätzen, was die drohende WM-Ablenkung angeht. "Grundsätzlich gehen Arbeitnehmer davon aus, dass ihr Arbeitgeber es nicht gut findet, wenn sie sich während der Arbeitszeit mit der WM beschäftigen", meint Co-Leiterin Sabine Schwarz. Zum Beispiel befürchten rund 20 % der Befragten laut Studie, dass ihr Chef Büro-Tippgemeinschaften sanktionieren würde.

Tatsächlich seien Deutschlands Chefs jedoch viel toleranter als gedacht - wenn es um das Thema WM geht. "Nur 7,1 % der befragten Chefs würden es in Erwägung ziehen, Büro-Tippgemeinschaften abzustrafen", sagt Sabine Schwarz.

Generell scheinen Deutschlands tolerante Arbeitgeber kein Problem mit den meisten WM-Aktivitäten ihrer Mitarbeiter zu haben. 60 bis 70 Prozent der Chefs finden es in Ordnung, wenn die Arbeitszeit in kleinen Teilen dazu genutzt wird, WM-Ergebnisse im Internet abzurufen, oder wenn zur WM das Radio eingeschaltet wird.

Einzig TV-Übertragungen der WM-Spiele sind ein rotes Tuch für deutsche Chefs. Fast 70 % würden dieses Verhalten ihrer Mitarbeiter im Büro nicht tolerieren, so die Studie. Allerdings rechnet die Mehrheit der Arbeitnehmer auch nicht damit, mit TV-Schauen im Büro auf Gegenliebe zu stoßen.


Keine WM-Euphorie am Arbeitsplatz

WM-tolerante Chefs, schön und gut: die Motivation der Arbeitnehmer wird die Kulanz der Vorgesetzten trotzdem nicht steigern können. "Nicht einmal 10 % der Deutschen gaben an, dass sie während der WM eine höhere Arbeitsmotivation verspüren", sagt Jeanette Loos. Die restlichen 90 % sind sich einig, dass sich ihre Motivation während der WM trotz Toleranz nicht verbessern wird.

Die ausgelassene WM-Stimmung scheinen die Befragten also zu Hause zu lassen. In Deutschlands Unternehmen werde sich also die Stimmung während der WM 2010 nicht merklich verbessern, schätzt Prof. Dr. Voeth.


Repräsentative Befragung zur aktuellen WM

Weitere Details zu Marketing- und Werbewirkung der WM 2010 untersucht der Lehrstuhl in den kommenden Wochen - während und nach der WM - anhand repräsentativer Bevölkerungsbefragungen.

Dazu plant die Universität Hohenheim noch folgende Veröffentlichungen (Terminänderungen vorbehalten):

- 12.7.: Wie nachhaltig war das Ereignis WM?
- Weitere Pressemitteilungen je nach Studienergebnissen im Verlauf und Anschluss an die WM


Hintergrund: WM-Studie der Universität Hohenheim

In einer groß angelegten Langzeitstudie zur FIFA Fußball-WM 2006 hat der Lehrstuhl für Marketing I von Prof. Dr. Voeth seit 2001 unter anderem die Begeisterung, Präferenzen und Vorstellungen der Bevölkerung für die WM ermittelt. Dabei wurden in jährlich wechselnden Sonderschwerpunkten Themen wie die WM als Chance für Städte und Regionen, Vermarktungspotenziale, Sicherheit, Ticket-Pricing, Merchandising und Standortwahl der Stadien untersucht. Die Studie diente einerseits als Stimmungsindikator, andererseits auch als konstruktiver Beitrag für eine erfolgreiche Organisation. In diesem Jahr wird die Studie fortgesetzt, u.a. um die Unterschiede zwischen der WM 2006 und der WM 2010 überprüfen zu können.

Weitere Informationen unter:
http://www.wm-studie.de "Infos zur WM-Studie"

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution234


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 09.06.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2010