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ORGANISATION/573: Umsetzung der neuen UN-Nachhaltigkeitsziele erfordert politischen Willen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. September 2015

Entwicklung: Umsetzung der neuen UN-Nachhaltigkeitsziele erfordert politischen Willen

von Thalif Deen


Grafik: © Vereinte Nationen

Ankündigung des UN-Nachhaltigkeitsgipfels 2015
Grafik: © Vereinte Nationen

NEW YORK (IPS) - Die Umsetzung der jüngst auf dem UN-Gipfel in New York einstimmig angenommenen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) wird laut Generalsekretär Ban Ki-moon der Härtetest für die Agenda 2030 sein. Jeder auf der Welt müsse aktiv werden, erklärte er.

Die 17 SDGs sind ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungsagenda für die Zeit ab 2015, deren Ziel die Beseitigung der Armut in all ihren Erscheinungsformen ist. Doch wie lassen sich die Vorgaben in den kommenden 15 Jahren so umsetzen, dass sich die globale Gesellschaft radikal wandelt und Armut, Hunger, Geschlechterbenachteiligung, die Verbreitung von Krankheiten und Raubbau an der Natur beseitigt werden können?

Experten sind sich einig, dass vor allem zwei Voraussetzungen erfüllt werden müssen: Zum einen müsse der politische Wille vorhanden sein, zum anderen die Bereitschaft, die erforderlichen Mittel aufzubringen. Der kenianische UN-Botschafter Macharia Kamau, Ko-Fasziliator des zwischenstaatlichen SDG-Konsultativprozesses, wies darauf hin, dass sich die jährlichen Kosten zur Erreichung dieser Ziele voraussichtlich auf 3,5 bis 5 Billionen US-Dollar belaufen werden.

Winnie Byanyima von der Hilfsorganisation 'Oxfam International' bezeichnete die Nachhaltigkeitsziele als "ehrgeizig und möglicherweise von historischer Auswirkung". Sie seien einzigartig, weil sie extreme Armut und Hunger nicht nur reduzieren, sondern in jedem Land beseitigen wollten. "Es geht darum, dass die reichsten Menschen wieder mit dem Rest der Gesellschaft in Kontakt treten, anstatt weiterhin eine privilegierte Randposition einzunehmen", erklärte die Uganderin.

Leida Rijnhout vom 'European Environmental Bureau' erkennt in den 17 SDGs das Potenzial für mehr Kohärenz in politischen Entscheidungsprozessen, auch wenn das Risiko bestehe, dass das Ziel eines 'nachhaltigen Wirtschaftswachstums' die anderen Ziele unterminiere.


Überkonsum einstellen

"Es ist klar, dass die Tragfähigkeit der Erde nicht zunimmt und dass einige Länder die Nutzung von Ressourcen substantiell drosseln müssen, um eine gerechtere Verteilung zu ermöglichen. In Europa konsumieren wir entschieden zu viel auf Kosten des Klimas und der Entwicklung ärmerer Länder. Dieser Trend führt zu immer mehr Konflikten um immer knapper werdende Ressourcen", erläuterte sie.

Laut Rijnhout hat die Europäische Kommission nun die Chance, bei der Revision der 'Europa-2020-Strategie 'und des 'EU-Plans zur nachhaltigen Entwicklung', rasch einen Aktionsplan zur Umsetzung der SDGs vorzulegen.

Die SDGs seien viel breiter angelegt als die bisherigen UN-Millenniumsentwicklungsziele und sowohl auf Industrie- als auch Entwicklungsländer zugeschnitten, lobte Zubair Sayed vom zivilgesellschaftlichen Bündnis CIVICUS. Eine erfolgreiche Umsetzung werde davon abhängen, ob die Staaten die Mittel dazu hätten, und, was noch wichtiger sei, ob sie den nötigen politischen Willen aufbringen würden.

Sayed sprach sich dafür aus, dass "die Bürger und die Zivilgesellschaft umfassend am Entwurf, der Umsetzung und der Kontrolle beteiligt werden". Ausschlaggebend werde auch sein, inwieweit die Realisierung der Zielsetzungen durch die öffentliche Meinung unterstützt werde.

Yolanda Kakabadse, Präsidentin des 'World Wide Fund for Nature' (WWF), erklärte, die Staaten sollten in den kommenden Monaten festlegen, welche Beiträge sie zur Erreichung der SDGs leisten könnten. Jedes Land solle nationale Indikatoren und Programme zur Umsetzung der Ziele entwerfen.

Im nächsten März werden sich die Staaten auf Indikatoren einigen, die den Vereinten Nationen eine jährliche Bewertung der globalen Entwicklungsfortschritte ermöglichen werden. "Wenn Länder gemeinsam die Finanzkrise lösen können, sind sie auch in der Lage, diese entwicklungspolitische Herausforderung zu bewältigen", so Kakabadse. "Ausschlaggebend wird die Zusammenarbeit und die Transparenz im Umgang mit den Zahlen und Daten sein."

"Die SDGs erkennen an, dass wir nicht die extreme Armut beseitigen und langfristiges Wirtschaftswachstum garantieren können, ohne für die Umwelt Sorge zu tragen", sagte Manish Bapna, Geschäftsführer des Weltressourceninstituts in Washington. "Glücklicherweise gibt es immer mehr Beispiele dafür, dass Armutsbekämpfung, Wirtschaftswachstum und Umweltschutz durchaus Hand in Hand gehen können." Es müssten unter anderem Städte für die Menschen geschaffen werden, degradiertes Land saniert und der Zugang zu erneuerbaren Energien gefördert werden.

Adriano Campolino von der 'ActionAid', einer weiteren Hilfsorganisation, sieht die SDGs als Fortschritt, weil sie die Ursachen der Armut benennen. "Solange wir aber nicht die Regeln ändern, nach denen in der Welt regiert wird, bleiben einige Akteure immer auf der Gewinnerseite. Wir müssen allen Menschen eine gerechtere Zukunft garantieren. Diejenigen, die in Armut leben, sollen von den Entwicklungszielen profitieren." Nach Ansicht von Campolino sind große Investitionen der Privatwirtschaft allein nicht ausreichend. "Auch die Regierungen müssen die Spielregeln ändern." (Ende/IPS/ck/29.09.2015)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2015

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