Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → UNO

MELDUNG/062: Geldmangel lähmt Weltstrafgerichtshof - UN-Beiträge angemahnt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2011

Menschenrechte: Geldmangel lähmt Weltstrafgerichtshof - UN-Beiträge angemahnt

Von José Domingo Guariglia


New York, 28. Juli (IPS) - Finanzielle Engpässe drohen die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in Den Haag im kommenden Jahr erheblich zu behindern. Angesichts der damit verbundenen Rückschläge für die ICC-Ermittlungsarbeit rief Christian Wenaweser, der Vorsitzende der Versammlung der ICC-Vertragsstaaten, die Vereinten Nationen auf, für die Untersuchungen aufzukommen, die die Weltorganisation dem ICC übertrage. Denn anders als ursprünglich vorgesehen, kommen bisher ausschließlich die Mitgliedsländer des Haager Tribunals wie Japan, Deutschland und Großbritannien für den Etat auf.

"Es ist an der Zeit, dass die Vereinten Nationen für die Untersuchungen zahlen, die sie an das Gericht verweisen", forderte Wenaweser in einem IPS-Interview. Der Liechtensteiner sprach von "extrem hohen Kosten", die dem ICC gerade durch die Fälle entstünden, die ihm vom UN-Sicherheitsrat übertragen werden.

Nach Angaben der unabhängigen Koalition für den Internationalen Strafgerichtshof und 'Amnesty International' beläuft sich das diesjährige ICC-Budget auf 149 Millionen US-Dollar. Sollte der Etat wie geplant im kommenden Jahr ein "Null-Wachstum" erfahren, stehen den beiden Organisationen zufolgen sechs laufende Verfahren in der Zentralafrikanischen Republik, der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan, in Uganda, in Kenia und in Libyen auf der Kippe.


Deutschland nach Japan größter Beitragszahler

Der ICC wird zurzeit von 116 Mitgliedsstaaten finanziert. Die Beiträge staffeln sich weitgehend nach dem gleichen Schlüssel, den auch die Vereinten Nationen bei ihrer Budgetierung zugrunde legen. Die Hauptlast liegt bei Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada, Spanien, Mexiko, Korea und Australien. Die USA beteiligen sich nicht an der Finanzierung des ICC, da sie das Gründungsstatut von Rom nicht unterzeichnet haben. Die Mitgliedsländer stimmen über den Etat des jeweils folgenden Jahres ab, nachdem der ICC-Finanzausschuss der Versammlung der Vertragsstaaten Empfehlungen unterbreitet hat.

Bei der letzten Sitzung stellte sich heraus, dass einige wenige ICC-Mitgliedsstaaten bis zu zwei Jahre mit ihren Zahlungen im Rückstand sind. Wie auch schon in der UN-Vollversammlung üblich, verlieren diese Länder auch beim Strafgerichtshof ihr Stimmrecht in der Versammlung der Vertragsstaaten. Doch können sie eine Ausnahmeregelung beantragen, wenn etwa Regierungen besonders armer Staaten die Finanzlage nicht im Griff haben.

Bei einem Zahlungsverzug von mehr als zwei Jahren seien allerdings keine speziellen Sanktionen vorgesehen, erklärte Wenaweser. Die meisten Länder handelten in diesem Punkt aber in verantwortungsvoller Weise.

Damit der ICC auch unvorhergesehene Ausgaben bewältigen kann, wurde 2004 ein Rücklagenfonds eingerichtet. Will er auf diesen Fonds zurückgreifen, muss er die Mitgliedsstaaten darüber in Kenntnis setzen. Als er vom UN-Sicherheitsrat mit dem Fall Libyen beauftragt wurde, war allen Beteiligten klar, dass das Tribunal auf den Rücklagenfonds zurückgreifen muss. Den Bestimmungen zufolge dürfen die Fondsgelder die Sieben-Millionen-Euro-Grenze nicht unterschreiten.

Für das Jahr 2012 geht Wenaweser zurzeit von einer notwendigen Aufstockung des Budgets um 13 Prozent aus. Von der UN-Vollversammlung erwartet er eine Entscheidung zugunsten einer teilweisen oder vollständigen Erstattung der ICC-Ermittlungskosten, "die für alle UN-Mitgliedsländer verbindlich sein sollten". Solche Bestimmungen seien im Prinzip bereits in dem Abkommen vorgesehen, dass die Beziehungen zwischen den Vereinten Nationen und dem ICC regelt. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.icc-cpi.int/
http://www.icc-cpi.int/
http://www.iccnow.org/
http://www.amnesty.org/
http://www.un.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56611

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2011