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MELDUNG/026: Spielball der Supermächte - Zweite Amtszeit für Generalsekretäre in der Kritik (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2010

UN: Spielball der Supermächte - Zweite Amtszeit für Generalsekretäre in der Kritik

Von Thalif Deen


New York, 12. November (IPS) - Die Option auf eine zweite Amtszeit gefährdet nach Auffassung von Beobachtern der Vereinten Nationen die Unabhängigkeit der UN-Generalsekretäre. In der gesamten 65-jährigen Geschichte der Weltorganisation hat noch kein UN-Chef seine Wiederwahl ohne Wohlwollen der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder durchsetzen können.

Besonders gefährdet ist die Neutralität der UN-Spitze naturgemäß während der ersten fünf Jahre im Amt. Strebt der Generalsekretär eine Wiederwahl an, so darf er es sich in dieser Zeit mit den großen Fünf im Sicherheitsrat - China, Großbritannien, Frankreich, Russland und USA - auf keinen Fall verscherzen.

Der amtierende UN-Chef Ban Ki-moon lieferte vor wenigen Tagen einen Beleg für diesen Zwang, als er sich weigerte, China zur Freilassung des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo aufzufordern. Bans erste Amtszeit endet im Dezember nächsten Jahres. Sein vorsichtiges und unentschiedenes Verhalten gilt vielen als sicheres Zeichen dafür, dass er sich erneut zur Wahl stellen wird.

Wie schnell der Traum der Wiederwahl ausgeträumt ist, erlebte zum Beispiel der frühere UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali. 1996 scheiterte der Ägypter am Veto der USA. Die 14 übrigen Mitglieder des Sicherheitsrates hätten ihn ein zweites Mal an die Spitze der Vereinten Nationen gewählt.


Kritik ab Amtszeit zwei

Deutliche Worte etwa zur Menschenrechtslage in China oder auch Kritik an Israel, die die USA ahnden würde, verböten sich für einen UN-Chef, der wiedergewählt werden wolle, sagt ein UN-Diplomat aus dem arabischen Raum in einem Gespräch mit IPS. Da bilde Ban Ki-moon keine Ausnahme.

"Erst in der zweiten Amtszeit kann man von einem UN-Generalsekretär größeren Mut und mehr Offenheit erwarten", bekräftigt Barbara Crossette, ehemalige Bürochefin der 'New York Times' bei den UN. Selbst Kofi Annan habe sich so verhalten.

Erst im September 2004, in seiner zweiten Amtszeit und über 18 Monate nach der US-Invasion des Irak, bezeichnete Annan den Einmarsch als illegal und Verstoß gegen die UN-Charta. Es gebe keinen Zweifel daran, dass er auf Druck Großbritanniens und der USA reagiert habe, meint Phyllis Bennis, Leiterin des 'New Internationalism Projekt' am 'Institute for Policy Studies' in Washington.


Weg mit der Wiederwahl

Sie befürwortet eine Beschränkung des UN-Spitzenpostens auf eine einzige Amtszeit und deren Verlängerung auf sieben Jahre. Nur dann könne man davon ausgehen, dass der UN-Chef wirklich neutral agiere - so wie von ihm verlangt.

Anhänger dieser Idee sind auch der ehemalige UN-Untergeneralsekretär Shashi Tharoor, der sich vor vier Jahren vergeblich um den Leitungsposten bei den Vereinten Nationen beworben hat, und Beobachter wie Crossette. "Eine einzige Amtszeit würde dem UN-Chef von Anbeginn mehr Kraft verleihen", meint die Journalistin. Der Nachteil einer siebenjährigen 'Regentschaft' liege in der Dauer, allerdings nur dann, wenn die falsche Person zum UN-Chef gekürt worden sei.

Der amtierende UN-Chef Ban galt bislang vor allem als Mann der USA. Schon bei seiner ersten Pressekonferenz äußerte er sich zur Exekution des früheren irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein im Sinne der USA und opferte die traditionell ablehnende Haltung der UN zum Thema Todesstrafe. Ebenso ging er mit dem Thema der israelischen Kriegsverbrechen in Gaza um. (Ende/IPS/hn/2010)


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2010