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FRAUEN/380: Argentinien - Stadt erprobt Alarmsystem für Frauen, Pilotprojekt zur Gewaltprävention (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. März 2012

Argentinien: Stadt erprobt Alarmsystem für Frauen - Pilotprojekt zur Gewaltprävention

von Marcela Valente


Buenos Aires, 9. März (IPS) - Eine Stadt im Norden der Provinz Buenos Aires hat der Gewalt gegen Frauen den Kampf angesagt. So wurden im Rahmen eines Pilotprojekts 50 Opfer häuslicher Gewalt mit einem elektronischen Alarmsystem ausgestattet. Ein Knopfdruck genügt - und schon ist die Polizei im Anmarsch.

Der Notruf erreicht ein Einsatzzentrum, das den Aufenthaltsort der bedrohten Person bestimmt und die Sicherheitskräfte alarmiert. Selbst wenn sich das mutmaßliche Opfer außerhalb des Stadtgebietes befindet, kann ihr in kurzer Zeit eine Polizeistreife zur Hilfe kommen.

"Ziel ist es, schwere Übergriffe bis hin zu Morden an Frauen zu verhindern", erläutert Malena Galmarini, die in der 35.000 Einwohner zählenden Stadt Tigre das Amt für Gesundheitspolitik und menschliche Entwicklung leitet. Es gehe dabei um Fälle, in denen Männer Frauen belästigen, obwohl ihnen gerichtlich untersagt wurde, sich ihren ehemaligen Partnerinnen und deren Wohnungen zu nähern.


Polizei hört mit

Tigre ist die erste Stadt in dem südamerikanischen Land, die eine derartige Methode erprobt. Das Gerät soll künftig allen Frauen zur Verfügung gestellt werden, die einen entsprechenden Antrag stellen. Durch den Alarm wird auch ein Sprachkanal aktiviert, der es den Beamten ermöglicht, mitzuhören und aufzuzeichnen, was am Ort des Angriffs vor sich geht.

Das Projekt stützt sich auf Untersuchungen nichtstaatlicher Organisationen, die belegen, dass sich die Aggressionen gegen Frauen sogar noch verstärken, wenn Gerichte den Männern verbieten, sich weiterhin ihren Opfern zu nähern. Zu den Gruppen, die solche Fälle aus der Nähe verfolgt, gehört 'La Casa del Encuentro' (Haus der Begegnung), die jedes Jahr einen Bericht über Gewaltverbrechen an Frauen erstellt.

Die Direktorin der Organisation, Fabiana Tuñez, äußerte sich zufrieden über die Einführung des Warnmechanismus. Die unmittelbare Hilfe könne verhindern, dass Schlimmeres geschehe, sagte sie IPS. Die Tonaufzeichnungen ließen sich als Beweismittel verwenden, dass der Angreifer die Auflagen der Justiz missachtet habe.

Tuñez geht davon aus, dass das Alarmgerät auch bald in der rund 30 Kilometer von Tigre entfernten Hauptstadt Buenos Aires eingesetzt werden kann. Über eine ähnliche Initiative werde dort bereits beraten. Sie hofft, dass der neue Mechanismus mehr Frauen dazu animieren wird, Gewalt gegen sie anzuzeigen.


Trotz Frauenschutzgesetz nehmen Übergriffe zu

Da häusliche Gewalt in Argentinien häufig vorkommt, wurde 2009 bereits ein Frauenschutzgesetz in Kraft gesetzt. Die Übergriffe haben seitdem aber eher noch zugenommen.

Nach Recherchen von La Casa del Encuentro wurden im selben Jahr 231 Frauenmorde bekannt. In den meisten Fällen handelte es sich bei den Tätern um die Partner oder Ex-Männer. 2010 stieg die Zahl dieser Verbrechen auf 260 und im vergangenen Jahr auf 282 an. Statistisch gesehen kommt es alle 31 Stunden zu einem Frauenmord.

Wie der Studie weiter zu entnehmen ist, gehen die Täter oftmals mit großer Brutalität gegen ihre Opfer vor. So wurden am Neujahrstag 2011 eine 44-jährige Ärztin und ihre neunjährige Tochter in ihrer Wohnung in Buenos Aires erstochen. Der Täter war der frühere Mann der Frau und Vater des Kindes, der zuvor schon wegen häuslicher Gewalt angezeigt worden war. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.lacasadelencuentro.org/
http://www.ipsnoticias.net/print.asp?idnews=100301

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2012